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Rund 1,8 Mio. Österreicher werden von chronischen Schmerzen geplagt

Eine optimale Therapie bei Rückenschmerzen soll chirurgischen Eingriffe unnötig machen.
Eine optimale Therapie bei Rückenschmerzen soll chirurgischen Eingriffe unnötig machen. ©pixabay.com (Sujet)
Anlässlich der 19. Österreichischen Schmerzwochen stellten Experten am Dienstag den aktuellen Stand - und damit auch Defizite - in der Schmerzmedizin dar.

Laut einer deutschen Studie könnte eine optimale konservative Therapie einen hohen Anteil der Wirbelsäulenoperationen vermeiden helfen. In Österreich fehlt es bei Fachärzten in Spitälern an einer vertieften Ausbildung in der Schmerzmedizin. Der Ärztekammervorstand habe sich dagegen ausgesprochen, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Weiterhin Defizite in der Versorgung von Schmerzpatienten

Aus Anlass der 19. Österreichischen Schmerzwochen stellten Experten den aktuellen Stand - und damit auch Defizite - in der Schmerzmedizin dar. "Es kommt im nächsten Jahr hoffentlich der ICD-11 (internationaler Krankheitscode; Anm.), in dem der chronische Schmerz endlich als eigenes Krankheitsbild behandelt wird. Patienten mit chronischen Schmerzen haben in Österreich im Schnitt eine Odyssee von eineinhalb bis zwei Jahren hinter sich, bis sie zu einer aussagekräftigen Diagnose kommen. Aber 20 Prozent bekommen überhaupt keine adäquate Diagnose", stellte Rudolf Likar, Generalsekretär der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), fest.

Zwar hätten schon mehr als 1.000 Ärzte die Ausbildung für das Basisdiplom in Schmerzmedizin (120 Stunden Theorie- und 80 Stunden Praxisausbildung) der Österreichischen Ärztekammer absolviert, doch darüber hinaus gebe es große Defizite, erklärte der Experte: "Wir brauchen eine vertiefte Ausbildung für Fachärzte, die in Schmerzambulanzen in den Spitälern arbeiten. Alle Fachgesellschaften waren dafür. Die (Bundes-; Anm.) Kurie der niedergelassenen Ärzte blockiert das seit Jahren. Wir sind in Österreich Weltmeister im Blockieren."

Laut dem Plan sollten diese Spezialisten für ein Schmerzdiplom der zweiten Stufe zusätzlich 80 Stunden theoretischer Ausbildung und 400 Stunden Praxis absolvieren. Der Einspruch der Vertreter der niedergelassenen Ärzte gegen das Projekt zur besseren Ausbildung angestellter Ärzte verhinderte die Verabschiedung des Plans im Vorstand der Österreichischen Ärztekammer, betonte Likar.

Schmerzen verursachen Kosten in Milliarden-Höhe

Bei bis zu 1,8 Millionen Patienten mit chronischen Beschwerden in Österreich, davon 350.000 Personen mit schweren chronifizierten Schmerzzuständen, sollten wahrscheinlich alle Register in Prophylaxe, Diagnose und Therapie gezogen werden, betonten die Experten. "In Deutschland verursachen Schmerzen pro Jahr Kosten zwischen 50 und 70 Milliarden Euro", sagte Nenad Mitrovic, Präsident der ÖSG. Könnte man die Menschen in der Prävention zu ausreichend Bewegung im Alltag motivieren, würde das schon zu 30 bis 40 Prozent chronische Schmerzzustände verhindern helfen.

Dabei könnte eine optimale konservative Therapie bei Rückenschmerzen auch einen Großteil der chirurgischen Eingriffe an der Wirbelsäule unnötig machen. "Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass die Wirbelsäulenoperationen in Deutschland innerhalb der letzten zehn Jahre um 71 Prozent zugenommen haben", sagte ÖSG-Vizepräsidentin Waltraud Stromer (LKH Horn). Bei 3.828 Patienten mit bereits fixiertem Operationstermin hätten die deutschen Studienautoren aber festgestellt, dass nur bei 7,7 Prozent der Kranken ein chirurgischer Eingriff unabdingbar gewesen sei.

"Bei 44,9 Prozent der Patienten wurde alternativ eine Versorgung im Rahmen eines ambulanten multimodalen Intensivprogramms empfohlen. Bei 47,4 Prozent wurde die Fortführung der (bereits durchgeführten; Anm.) Behandlung als ausreichend angesehen. Neun von zehn Patienten brauchten keine Operation", fasste die Expertin die Ergebnisse zusammen.

(APA/Red)

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