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Rückschlag für Powells Nahost-Mission

Mit einem Rückschlag endete die Nahost-Mission von US-Außenminister Colin Powell. Israel sagte die Erfüllung eines Kernpunktes der „roadmap“ nicht zu.

Mit einem empfindlichen Rückschlag endete die Nahost-Mission von US-Außenminister Colin Powell, dem es offenkundig nicht gelungen ist, die grundsätzliche Zustimmung Israels zur Erfüllung eines Kernpunktes des internationalen Friedens-Fahrplanes zu erreichen. Der israelische Regierungschef Ariel Sharon hat einen Stopp des jüdischen Siedlungsbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten ausgeschlossen. Die palästinensische Führung bedauerte am Montag, dass Powell nicht einmal ein prinzipielles Ja der israelischen Seite zu dem Plan des Nahost-„Quartetts“ (USA, EU, UNO, Russland) erhalten habe. Auch Powell selbst räumte dies bei seinem anschließenden Besuch in Kairo ein.

Wie aus seinem Büro in Jerusalem verlautete, habe Premier Sharon gegenüber Powell auf der „natürlichen Ausdehnung“ der völkerrechtswidrig errichteten Siedlungen bestanden. Die Vierte Genfer Konvention verbietet generell den Transfer der eigenen Bevölkerung auf besetztes Territorium. Nach dem Treffen mit Sharon hatte der US-Außenminister die Siedlungen als „schwieriges Problem“ bezeichnet. Powell nahm am Montag noch an einem Treffen des Quartetts in Jerusalem teil, bei dem der Fahrplan („Roadmap“) besprochen wurde, der bis 2005 zu einem unabhängigen palästinensischen Staat führen soll. An den Gesprächen nahmen der US-Nahost-Sonderbeauftragte William Burns, dessen UNO-Kollege Terje Roed-Larsen, der russische Nahost-Gesandte Andrej Wdowin und ein Vertreter des EU-Nahost-Beauftragten Miguel Angel Moratinos teil. Anschließend reiste Powell nach Kairo weiter.

Die israelische Armee hat unterdessen den Gaza-Streifen nur wenige Stunden nach der Öffnung wieder vollständig abgeriegelt. Aus „Sicherheitserwägungen“ sei der gesamte Gaza-Streifen bis auf weiteres abgesperrt, sagte ein Armeesprecher am Montagmorgen. Rund 15.000 palästinensische Arbeiter sind von dieser Maßnahme betroffen. Erst am Sonntag war ihnen wieder erlaubt worden, ihrer Arbeit in Israel nachzugehen. Israelische Soldaten haben am Montag im Gaza-Streifen insgesamt drei Palästinenser erschossen. Ein 18-jähriger Palästinenser wurde während eines Feuergefechts in Khan Yunis getötet, wie der israelische Rundfunk meldete. Wenige Stunden zuvor hatten Soldaten während einer Militäraktion in der nahe gelegenen Stadt Rafah zwei Palästinenser erschossen, angeblich Mitglieder der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden. Diese sind aus radikalen Elementen der Fatah-Bewegung von Präsident Yasser Arafat und Premier Mahmud Abbas (Abu Mazen) zusammengesetzt, die sich der Kontrolle durch die Fatah-Führung entziehen. Nach israelischen Zeitungsberichten äußerte sich Powell skeptisch hinsichtlich der Fähigkeit von Abbas, die palästinensischen Extremistengruppen zu zügeln. Nach dem Eintreffen Powells war im Westjordanland wieder ein Israeli erschossen worden.

Der syrische Präsident Bashar al Assad hat die von den USA geforderte Schließung der Büros radikaler palästinensischer Organisationen unterdessen von einer umfassenden Nahost-Regelung abhängig gemacht. Die mit Powell bei dessen jüngstem Besuch in Damaskus getroffene Abmachung sei mit der Golan-Frage verknüpft, sagte Assad in einem Interview für die „Washington Post“. Syrien verlangt die Rückgabe der seit 1967 von Israel besetzten Golan-Höhen. Die israelische Regierung hatte Syrien vorgeworfen, nichts gegen die „terroristischen Organisationen“ zu unternehmen, obwohl sich die Führung in Damaskus gegenüber den USA verpflichtet hätte, antiisraelische Aktivitäten wirksam zu unterbinden.

Die ägyptischen Zeitungen äußerten sich am Montag durchwegs negativ über die Ergebisse von Powells Treffen mit der israelischen Führung am Wochenende. Während die Palästinenser alle in dem Fahrplan enthaltenen „Kröten“ geschluckt hätten, lehne Israels Ministerpräsident jeden einzelnen Aspekt der internationalen Friedensinitiative ab, schrieb die halbamtliche Tageszeitung „Al Ahram“. Mehrere arabische Regierungschefs und Politiker hatten den USA in den vergangenen Tagen vorgeworfen, sie übten nicht genügend Druck auf Sharon aus.

Die Europäische Union lehnt die israelische Forderung nach einem Boykott des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat ab. Der außenpolitische Beauftragte Javier Solana kündigte am Montag in Kairo an, er werde Arafat demnächst in Ramallah aufsuchen. Arafat sei der gewählte Präsident, der „legitime Repräsentant“ der Palästinenser, und er habe „positive Reformen“ eingeleitet, betonte Solana nach einer Unterredung mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Zuletzt hatte die japanische Außenministerin Yoriko Kawaguchi entgegen einer israelischen Empfehlung den palästinensischen Präsidenten in Ramallah besucht. Daraufhin hatte die israelische Regierung erklärt, ausländische Gäste, die Arafat träfen, würden es in Zukunft „schwer“ haben, auch mit dem israelischen Ministerpräsidenten zusammenzutreffen. Powell hatte am Sonntag den palästinensischen Ministerpräsidenten Abbas in Jericho getroffen. Die Zusammenkunft konnte nicht in Ramallah stattfinden, weil Powell sich weigerte, Arafat zu sehen. Unmittelbar nach Powell reist der griechische Außenminister Georgios Papandreou am Montag in seiner Eigenschaft als amtierender EU-Ratsvorsitzender zu Gesprächen mit den politischen Führungen Israels und Palästinas in den Nahen Osten.

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