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"Rückfall in die 50er Jahre"

Einen bildungspolitischen „Rückfall in die 50er-Jahre“ befürchten die Wiener Grünen - Einsparungen bringen massive Einschränkungen im Pflichtschulbereich - laut Grünen hat Bürgermeister Häupl davon gewusst.

Bildungssprecherin Susanne Jerusalem hat am Dienstag bei einer Pressekonferenz alle Kürzungen im Wiener Pflichtschulwesen seit 2001 kritisiert und Grüne Forderungen präsentiert. Im Notfall solle die Stadt Wien 1.000 Lehrerposten aus eigener Tasche bezahlen, sagte Jerusalem.


Seinen Beginn hat das Sparprogramm an den Wiener Pflichtschulen nach Ansicht Jerusalems in den Finanzausgleichverhandlungen im Jahr 2000 genommen. Demnach sollten ab dem Schuljahr 2001/02 1.445 Planstellen – das sind 14,5 Prozent der Lehrer – eingespart werden. Zu diesem Zeitpunkt sei allen Beteiligten, darunter auch Bürgermeister Michael Häupl (S), klar gewesen, dass es dadurch zu massiven Einschränkungen im Pflichtschulbereich kommen würde, erklärte Jerusalem.


Dass die SPÖ nun fordere, der Bund müsse zahlen, nutze nun nichts mehr – „jetzt muss gehandelt werden“, sagte Jerusalem. Im Notfall müsse Wien eben 1.000 Lehrerposten aus eigener Tasche bezahlen.

Lehrer-Schüler-Verhältnis stark vergrößert


Laut Angaben der Wiener Grünen wurde das Verhältnis Lehrer-Schüler in den Volksschulen von 1:13,83 im Jahr 2000 auf 1:14,5 ab September 2004 geändert. An den Hauptschulen änderte sich der Schlüssel von 1:9,18 auf 1:10. „Häupl hat nur Verhältniszahlen unterschrieben“, sagte Jerusalem, „um Wien hat er sich nicht gekümmert.“ Jerusalem zu den – dem Anschein nach nur geringen – Änderungen beim Lehrer-Schüler-Verhältnis: „Das klingt läppisch, wirkt sich aber aus.“


Im Detail sei es dadurch unter anderem zu Einschränkungen bei den unverbindlichen Übungen gekommen – etwa Theaterspielen, Musik, Sport oder Werken. Weiters sei es zu extremen Kürzungen (minus zwei Drittel) bei der Betreuung von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache und Kindern mit einem besonderen Förderbedarf gekommen.


Die Grünen-Bildungssprecherin kritisierte auch die Stundenkürzung bei den so genannten Stützlehrern. Diese sollen verhindern, dass ein Kind in die Sonderschule kommt. Dafür standen im Jahr 2000 drei Stunden zur Verfügung, nunmehr wird mit einer Stunde gerechnet. Es sei eine „Stigmatisierung für das ganze Leben“, so Jerusalem, lande ein Kind in einer Sonderschule.


Weiters deckele, nach Angaben der Grünen, der Bund die Maßnahmen der Integration behinderter Kinder. Höchstens 2,7 Prozent der Schüler einer Schulart dürfen laut Richtlinie für den Stellenplan sonderpädagogischen Förderbedarf haben. In Wien gäbe es aber 6.500 Kinder pro Schulart – das sind 6,3 Prozent – mit Förderbedarf und Rechtsanspruch.

Klage gegen den Bund


Jerusalems Tipp an die Stadt Wien für eine Klage gegen den Bund:
Bei der Zahl der Lehrer im Integrationsbereich könne Wien einhaken. Denn dies sei kein Schulversuch mehr, sondern stehe im Pflichtschulgesetz. Weiters forderten die Grünen vom Bund 1.164 Integrationsdienstposten und eine Rückführung des Verhältnisses Lehrer-Schüler auf den Stand des Jahres 2000.

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