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Rot-Grün-Koalition peitscht Gesetze durch

Im deutschen Bundestag dürfte es alles andere als besinnlich werden. Von einem „engagierten Sitzungsplan“ spricht die SPD-Fraktion für die nächsten beiden Monate.

Die Pläne der rot-grünen Regierung sind ehrgeizig: Schon am 1. Jänner sollen wichtige Punkte des Koalitionsvertrags wie die Reform der Ökosteuer, Teile des Hartz-Konzepts und ein Vorschaltgesetz zur Renten- und Krankenversicherung in Kraft treten. In dem Paket werden voraussichtlich nur Regelungen gebündelt, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Trotzdem setzt die Union der Regierung zu. Mit ihrer geplanten Verfassungsklage gegen die Zusammensetzung des Vermittlungsausschusses könnte sie den Eilzug noch zum Entgleisen bringen.

Der Fahrplan ist exakt kalkuliert. Ministerien und Fraktion stimmen bis zum Wochenende die endgültige Form der Gesetze ab. Für den 7. November ist die erste Lesung angepeilt. Nach Anhörungen in der darauffolgenden Woche soll das Paket spätestens am 19. November im Bundestag beschlossen werden. Zehn Tage später wird es an einem der spärlich gesäten Sitzungstermine dem Bundesrat vorgelegt. Zwischen Termin in Bundestag und Bundesrat müssten eigentlich drei Wochen liegen. So viel Zeit haben SPD und Grüne nicht: Mit einem Antrag auf Fristverkürzung soll die Vorgabe eingehalten werden.

Sollte der Bundesrat – wovon die Regierungsfraktionen ausgehen – den Vermittlungsausschuss anrufen, beginnt der Endspurt. Nächste Frist: die Bundesratssitzung am 20. Dezember. Schon am Vormittag soll sich die Länderkammer im Idealfall mit den Gesetzen beschäftigen, ohne sie aber aufhalten zu können, da sie nicht zustimmungspflichtig sind. Am Nachmittag nickt die Regierungsmehrheit, so die Planung, im Bundestag die Regelungen ein letztes Mal ab. Nur im schlimmsten Fall beginnen die Weihnachtsferien für die Abgeordneten noch später: Als Bundestags-Nottermin ist der 23. Dezember vorgesehen.

So das ideale Szenario. Die Realität sieht vertrackter aus:
Koalition und Opposition zanken sich derzeit über den Vermittlungsausschuss. Die Union will genau so viele Sitze wie SPD und Grüne in dem Gremium und darum vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe klagen. Im Erfolgsfall hinge der Regierung, ohnehin nur mit hauchdünner Mehrheit ausgestattet, ein weiterer Klotz am Bein: Die Opposition könnte Gesetze per Einspruch im Vermittlungsausschuss über Wochen zwischen den Instanzen hängen lassen. Auch in Karlsruhe soll deshalb nach dem Willen der SPD-Fraktion zackig gearbeitet werden. Der Streit soll noch per Eilentscheidung vor der ersten Ausschuss-Sitzung Anfang Dezember entschieden werden.

SPD und Grüne sind jedoch auch dann nicht auf der sicheren Seite. Denn kurz nach der Wahl kündigte die Unionsfraktion das so genannte Pairing-Abkommen auf. Fehlte bisher ein Abgeordneter der Regierung wegen Dienstreise oder Krankheit, so nahm die Opposition ebenfalls einen Parlamentarier von Abstimmungen aus. Jetzt will die Union die Absenzen im Regierungslager schonungslos ausnutzen. Die SPD-Fraktion hält dagegen. „Wir werden unsere eigenen Leute in Berlin halten, um die Mehrheit zu sichern“, sagt ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Wilhelm Schmidt.

Bei den Regierungsparteien gilt der 1. Jänner 2003 als psychologisch wichtiges Datum für die ersten Gesetze. „Wenn wir manche Operationen nicht bis dahin durchführen, wird es später noch schwieriger“, glaubt Schmidt. Die SPD hat ihre Fraktions-Mannschaft jedenfalls auf harte Wochen eingeschworen. „Die Disziplin bei uns ist sehr hoch“, sagt Schmidt. „Darauf setze ich auch.“

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