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Rot-Grün in Wien: Koalitionspakt vorgestellt

Nach knapp drei Wochen intensiver Verhandlungen ist es nun fix - zumindest fast: Die SPÖ und die Grünen in Wien haben sich auf einen gemeinsamen Koalitionspakt geeinigt, dessen Eckpunkte sie am Freitag im Rathaus präsentierten. Die grüne Frontfrau Maria Vassilakou wird Vizebürgermeisterin und für die Ressorts Verkehr, Stadtplanung, Klimaschutz und Energie zuständig sein. Unterschrieben soll das Regierungspapier am Montag werden, wenn auch die jeweiligen Parteigremien diesem zugestimmt haben.
Pressekonferenz: Rot-Grüne Koalition in Wien
“Ich habe mich zu entscheiden gehabt, ob ich mit einem Partner zu leben habe, mit dem ich mich um die eine odere andere Straße streite, oder mit einem Partner, mit dem ich mich täglich um die Bildungspolitik streite”, untermauerte Bürgermeister Michael Häupl (S) seine Präferenz für die Grünen anstelle der ÖVP. Der künftige Stadtsenat wird von derzeit 13 auf zwölf Mitglieder verkleinert. Damit stehen der SPÖ sieben (statt bisher acht), den Grünen ein, der FPÖ drei und der ÖVP ein Stadtrat zu – wobei diejenigen von den Freiheitlichen und der Volkspartei lediglich nicht amtsführende Stadträte ohne Ressort sein werden.

Vassilakou wird Vizebürgermeister – auf SPÖ-Seite behält Renate Brauner diesen Posten, wohingegen der jetzige Vizebürgermeister Michael Ludwig diesen zurücklegen muss. Vassilakou zeigte sich auch mit ihrem Ressort als Stadträtin für Verkehr, Stadtplanung, Klimaschutz und Energie sehr zufrieden: “Dieses Ressort bündelt Kernkompetenzen, die es braucht, um einen konsequenten Klimaschutz zu betreiben. Klimaschutz wird hiermit Chefsache.” Für die Stadtwerke wird sie nicht zuständig sein. Entgegen ursprünglicher Ankündigung bleibt der grüne Vorzugsstimmenkaiser Alexander Van der Bellen doch im Nationalrat und wird lediglich Universitätsbeauftragter der Stadt.

Aufseiten der SPÖ sind keine personelle Änderungen angedacht: “In der Riege der sozialdemokratischen Stadträte wird es keinen Wechsel geben”, kündigte Häupl an. Wobei es natürlich eine Ausnahme gibt: Der jetzige Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker (S) muss seinen Posten für Vassilakou räumen. Spekuliert wird nun, dass er nun eventuell SP-Klubchef im Rathaus werden könnte, was von Häupl aber nicht bestätigt wurde. Auch als neuer Flughafenvorstand wird Schicker gehandelt.

Die Koalitionsverhandlungen seien “im freundschaftlichen, sehr professionellen Klima, jedoch hart in der Sache” erfolgt, zog Vassilakou Bilanz. In vielen Bereichen des 77 Seiten starken Abkommens sei die “grüne Handschrift” zu erkennen. Die Schwerpunkte der gemeinsamen Zusammenarbeit werden auf den Bereichen Bildung, Klimaschutz und Soziales liegen.

Bis 2013 soll ein neues Verkehrskonzept erarbeitet werden, mit dem der motorisierte Individualverkehr um ein Drittel reduziert wird. Zugleich soll der Radverkehrsanteil von fünf auf zehn Prozent verdoppelt werden. Die Zahl der Sonnenkollektorflächen soll auf 300.000 Quadratmeter verzehnfacht werden. Die Ordnungsorgane der Stadt werden im Außenauftreten vereinheitlicht.

Die von den Grünen im Wahlkampf geforderte Tarifreform der Wiener Linien mit einer Jahreskarte für 100 Euro wird es nicht geben. “Das es nicht finanzierbar sein würde in der jetzigen Situation, liegt auf der Hand”, zeigte sich Vassilakou budgetär einsichtig. Aber: “Die Tarifreform für die Wiener Linien kommt – sie kommt aber nicht, wie die Grünen sich das vorstellen.” In den kommenden Monaten soll eine Expertengruppe Vorschläge ausarbeiten.

Vorgesehen sind weiters im Integrationsbereich eine “Wiener Charta des Zusammenlebens” und ein “Wiener Vertrag”, der die Rechte und Pflichten von Neuzuwanderern festschreibt. Bei der Sozialpolitik soll der Richtsatz für Kinder und Jugendliche bei der Mindestsicherung auf 200 Euro erhöht werden. Bei den Ein- bis Dreijährigen soll der Versorgungsgrad der Betreuung auf 50 Prozent ausgebaut werden.

Im Bereich Bildungspolitik wird die Zahl der Lehrer erhöht, laut Vassilakou soll es 500 Begleitlehrer zusätzlich geben. Die derzeitige Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl könnte dabei ihren Posten behalten: “Zur Stunde sehe ich kein Argument, die Frau Stadtschulratspräsidentin von ihrem Amt abzuberufen”, betonte Häupl.

Vassilakou unterstrich bei der Präsentation des Abkommens, dass eine Wahlrechtsreform kommen soll. Zu dieser hatten sich die Grünen vor der Wahl mit der ÖVP und der FPÖ via Notariatsakt verpflichtet. “Wir wollen innerhalb eines Jahres spätestens damit fertig sein”, so die künftige Vizebürgermeisterin.

Um das Koalitionsabkommen formal zu besiegeln, müssen beide Parteien eine Hürde nehmen: Noch steht die Zustimmung der Parteigremien aus, die am Montag bei der SPÖ, bereits am Sonntag bei den Grünen erfolgen soll. In beiden Versammlung bedarf es einer einfachen Mehrheit, also 50 Prozent plus eine stimme um das Abkommen anzunehmen.

Wenn beide Parteien dafür gestimmt haben, dann soll der Pakt am Montagnachmittag, im Anschluss an das SPÖ-Gremium, von Häupl und Vassilakou im “Roten Salon” unterzeichnet werden. Wann die konstituierende Gemeinderatssitzung stattfinden wird, stehe bereits fest, erklärte ein Sprecher des Bürgermeisters, allerdings werde der Termin erst nach der Unterzeichnung des Regierungspapiers bekanntgegeben. Sie werde jedenfalls Ende November stattfinden.

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