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Rom: Papst wird am Dienstag 84 Jahre alt

Kraft seiner Worte, seiner beispiellosen moralischen Autorität und der Dauer seines Pontifikats hat Papst Johannes Paul II. jenen Grad an Zeitlosigkeit erreicht, der historischen Figuren gebührt.

Es mag dem Mann auf dem Petrus-Thron nur als Zäsur von minderer Bedeutung vorkommen, dass sich der Tag seiner Geburt am kommenden Dienstag zum 84. Mal jährt. Die Zähigkeit, mit der sich der greise Pontifex Maximus gegen die weithin sichtbaren Folgen seiner Parkinson-Erkrankung stemmt, rührt Bewunderer wie Kritiker. Und auch jene Beharrlichkeit, mit der er seine als konservativ, von manchem als unbelehrbar empfundenen Glaubensgrundsätze verteidigt, nötigt inzwischen selbst Gegnern Respekt ab.

Der Geburtstag des Papstes ist nur ein Glied in einer Kette von Jubiläen der vergangenen Monate. Im Oktober feierte Johannes Paul II. den 25. Jahrestag seiner Wahl zum Papst, und im März wurde sein Pontifikat zum inzwischen drittlängsten in der beinahe zwei Jahrtausende währenden Geschichte des Papsttums. Beobachtern, die seit Jahren über ein bald bevorstehendes Ende der Ära Johannes Paul II. munkeln, strafte er bisher Lügen.

Papst Johannes Paul II. versteht sein Amt politischer als seine Vorgänger, und die von Terrorismus und Radikalisierung im Namen der Religion geprägte Entwicklung der vergangenen Jahre ließen ein Grundanliegen des Papstes aktueller werden denn je: den interreligiösen Dialog. Er äußerte tiefe Sorge über „die dramatische Konfrontation zwischen den Kulturen und den Religionen“ und ging weiter auf andere Religionen zu als alle Päpste zuvor: Als erster Papst betrat er Synagogen und Moscheen, er entschuldigte sich bei den Moslems für die Kreuzzüge und bei den Juden für Verfolgung. Den Irak-Krieg der USA verurteilte er unverblümt.

Mit mehr als einhundert Pastoralreisen in etwa 130 Länder demonstrierte der Papst Weltoffenheit, und auch am Sturz des Kommunismus in Osteuropa hat er nach Einschätzung vieler Historiker seinen Anteil. Seine harte Haltung zum Zölibat, zum Verbot des Priestertums für die Frau, zur Homosexualität, zur Verhütung und Abtreibung stößt hingegen auch bei vielen Katholiken auf Kritik. Der papstkritische Schweizer Theologe Hans Küng etwa hält Johannes Paul II. zwar positive Aspekte zugute, wertet dessen Pontifikat aber alles in allem als „Desaster für die katholische Kirche“.

Niemand konnte am 18. Mai 1920 ahnen, das der soeben in Wadowice bei Krakau geborene polnische Schneidersohn Karol Wojtyla später einmal von seinen zahlreichen Bewunderern wie Kritikern in die Reihe der herausragenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts eingereiht werden sollte. Im Alter von acht Jahren verlor er seine Mutter. Der Vater starb, als Wojtyla 21 Jahre alt war. Sein Studium musste er nach dem Einmarsch der Nazis in Polen unterbrechen und stattdessen Zwangsarbeit leisten.

Ein Jahr nach Kriegsende wurde er zum Priester geweiht. Nach einigen Jahren als Theologieprofessor begann ein rascher Aufstieg in der Kirchenhierarchie: Mit 43 Jahren wurde er 1964 Erzbischof von Krakau, nahm am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) teil und wurde 1967 zum Kardinal ernannt.

Am 16. Oktober 1978 wählte das Kardinalskollegium Wojtyla mit 58 Jahren zum Oberhaupt von damals weltweit mehr als 800 Millionen Katholiken. Er wurde damit Nachfolger des nur 33 Tage amtierenden Johannes Paul I. und der erste Nicht-Italiener auf dem Apostolischen Stuhl seit mehr als viereinhalb Jahrhunderten.

An den jungen sportlichen Papst knüpften sich zunächst viele Hoffnungen. Johannes Paul II. entwickelte schnell seinen eigenen Stil: weg vom Pomp und hin zum Kontakt mit einfachen Menschen. Auf seinen zahlreichen Reisen in alle Welt legte er mehr als eine Million Kilometer per Flugzeug, Zug oder Auto zurück. Innerkirchlich wurde der anfängliche „Jugendpapst“ mit zunehmenden Alter immer konservativer. Viele Katholiken werfen dem treuen Marienverehrer vor, die gesellschaftliche Realität zu verkennen.

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