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Riebel mit mexikanischer Note

Lustenau - Gerardo Rojas ist Vorarlberger geworden und Mexikaner geblieben. So was geht.

Hat er gewusst, worauf er sich einließ? Gerardo Rojas klaubt das herzlichste Lächeln aus der Schatzkiste seiner mexikanischen Seele, poliert es sorgsam und setzt es auf: „Nein.” Er hatte keine Ahnung. „Ich bin ein Stadtmensch.” Was sollte er sonst sein? Mexiko City zählt an die 19 Millionen Einwohner, rechnet man die Randbezirke dazu. Und Lustenau hat . . . aber das fällt nicht ins Gewicht. Gerardo Rojas ist mit einer Lustenauerin verheiratet. Dieser Ehe entsprangen drei Söhne, die allesamt in Mexiko aufwuchsen. Bis Gerardos Schwiegervater in Mexiko zu Besuch war. Gerardo lud ihn in die Ölfarbenfabrik, deren Betriebsleitung er gerade innehatte. Und der Schwiegervater war begeistert. Bei Gerardos Kenntnissen schien ihm ein Start in Österreich gut möglich.

Sprachwelten

So reisten sie im September 1986 nach sieben Jahren Mexiko gemeinsam an den alten Rhein: Gerardo, seine Frau Gabriele und die Söhne Fabian, Manuel und Julian. Zu diesem Zeitpunkt glaubte Gerardo noch fest daran, im Vorbereitungskurs etwas Deutsch verinnerlicht zu haben. Nach den ersten Berührungspunkten mit der Lustenauer Sprachwelt war er sich da nicht mehr so sicher. Sechs Monate blieb er ohne Arbeit. Bis ihn eine Firma bat, Produktinformationen in eine Planungssoftware einzupflegen. Dabei festigten sich seine Sprachkenntnisse. Gerardo fasste Fuß. So also war das vor mehr als 20 Jahren. Inzwischen hat Gerardo zusammen mit dem kolumbianischen Künstler Danilo Ortiz und dem Architekten Manfred Stemmer die Gruppe „Tierra madura” aufgebaut. Vorarlberger und Latinos schufen eine einzigartige Begegnungsstätte, die seit drei Jahren in Götzis auch als umbauter Raum manifest ist. Gerardo hat inzwischen das Spazierengehen erlernt. „In Mexiko tun wir so was nicht.” Er genießt die unberührte Natur so sehr wie die Nähe zu Zürich, München und Mailand. Was er den Vorarlbergern abgeschaut hat? „Die Konsequenz. Wenn man was sagt, tut man es.” Käsfladen haben seine Geschmacksnerven betört, dem Riebel haben die Rojas unter Beigabe von Pilzen und allerlei Gewürzen zur mexikanischen Note verholfen. Und doch: Alle drei, vier Jahre fliegt Gerardo in die alte Heimat. Dann steigt er aus dem Flugzeug aus, „und ich bin zuhause. Sofort.” Kann man das denn? Daheim sein auf zwei Kontinenten? „Jede Ethnie hat ihre guten Eigenschaften.” Es geht darum, sie zu verbinden. Im April heben „Tierra madura” und andere Organisationen in Lustenau ein fünfstufiges Pionierprojekt zur Zusammenarbeit der Kulturen aus der Taufe. Weil Multikulturalität Reichtum bedeutet. „Tierra madura” heißt übersetzt „Land voller Reife”.

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