Rezession vorbei: 2026 Aufschwung für Österreichs Wirtschaft erwartet
Steigende Investitionen und ein höherer Staatskonsum haben Österreichs Wirtschaft im laufenden Jahr gestützt. Wifo und IHS erhöhten am Donnerstag ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr und 2026 leicht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll heuer real um 0,5 Prozent wachsen und im kommenden Jahr um 1,2 bzw. 1,0 Prozent. Im Oktober gingen die Ökonomen für 2025 von einem Wirtschaftswachstum von 0,3 (Wifo) bzw. 0,4 Prozent (IHS) aus und für 2026 von 1,1 bzw. 0,9 Prozent.
Österreichs Wirtschaft wächst heuer um 0,5 Prozent
Für Österreichs Wirtschaft gebe es "ein Licht am Ende des Tunnels", sagte Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bei der Präsentation des Konjunkturberichts in Wien. Die Rezession der Jahre 2023 und 2024 war der längste Wirtschaftsabschwung der Zweiten Republik. Für 2026 und 2027 erwartet Felbermayr "keinen stürmischen Aufschwung", aber ein Wachstum leicht über dem Durchschnitt der Eurozone.
Der Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS), Holger Bonin, warnte bei der Pressekonferenz vor zu viel Optimismus. "Die aktuelle wirtschaftliche Erholung steht auf tönernen Füßen." Bonin verwies auf die weiter herausfordernde Lage für die österreichische Exportindustrie und die angespannten öffentlichen Finanzen. Auch die Änderungen der US-Sicherheitspolitik werde Europa "erhebliche Ressourcen" kosten. Auch Österreich müsse sich auf höhere Sicherheitsausgaben einstellen.
Schwache Aufschwungsphase 2026/27
Für 2027 prognostizieren Wifo und IHS ein Wirtschaftswachstum in Österreich von 1,4 bzw. 1,1 Prozent. "Aufgrund eines Verlusts an internationaler Wettbewerbsfähigkeit und der protektionistischen Tendenzen im Welthandel dürfte das Tempo der wirtschaftlichen Erholung hinter früheren Aufschwungphasen zurückbleiben", schreiben die IHS-Ökonomen in ihrer Konjunkturprognose.
Die österreichische Industrie dürfte laut Wifo-Prognose "den Tiefpunkt am Jahresende 2025 durchschritten haben". Die heimischen Exporte und die industrielle Bruttowertschöpfung würden im kommenden Jahr "im Sog der Weltwirtschaft" wieder steigen. Von 2023 bis 2025 waren die Ausfuhren rückläufig. Die US-Importzölle, die handelspolitische Unsicherheit und die Schwäche der deutschen Industrie belasten Österreichs Exportwirtschaft. Die durchschnittlichen US-Zölle seien aber niedriger als erwartet, erklärte der Wifo-Chef. US-Präsident Donald Trump habe bisher "eine löchrige Zoll-Mauer" errichtet.
Verfügbare Haushaltseinkommen sinken 2025 real um 0,9 Prozent
Vom Konsum der privaten Haushalte erwarten beide Institute keinen Turbo für Österreichs Wirtschaft. Die weiterhin hohe Inflation und die niedrigen Lohnabschlüsse dämpfen die Einkommensentwicklung der privaten Haushalte. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte sollen laut Wifo heuer real um 0,9 Prozent sinken und 2026 minimal um 0,1 Prozent steigen. 2024 betrug das Einkommensplus noch 4,4 Prozent. Die Konsumenten greifen nun wieder verstärkt auf ihre Rücklagen zurück. Das IHS erwartet, dass die Sparquote von 11,7 Prozent im Jahr 2024 bis 2027 auf 9,2 Prozent sinkt. Auch wenn die Sparquote 2026 wieder einstellig werde, sei sie im internationalen Vergleich immer "noch hoch", so der IHS-Direktor.
Inflation wird 2026 spürbar sinken
Gute Nachrichten gibt es bei der Teuerung: Die Inflation soll von heuer 3,5 Prozent (Wifo) bzw. 3,6 Prozent (IHS) auf 2,6 bzw. 2,5 Prozent im kommenden Jahr sinken. Zu Jahresbeginn 2026 fällt der Basiseffekt des Energiepreisanstieges vom Jänner 2025 weg, wodurch die Inflationsrate laut Wifo und IHS um bis zu 1 Prozentpunkt sinkt. Österreichs Inflationsrate wird 2026 und 2027 aber weiter deutlich über dem Eurozonen-Schnitt liegen. Die heimische Regierung müsse "die Dämpfung der Teuerung weiter priorisieren", betonte der Wifo-Direktor. Um die Inflation zu bekämpfen, brauche es mehr Wettbewerb und einen Fokus auf die Angebotspolitik sowie Zurückhaltung der öffentlichen Hand bei Gebührenerhöhungen.
Die schwache Wirtschaftsentwicklung in den vergangenen Jahren schlug merkbar auf den Arbeitsmarkt durch. Die nationale Arbeitslosenquote stieg von 6,3 Prozent im Jahr 2022 bis auf 7,4 Prozent im Jahr 2025. Im kommenden Jahr erwarten Wifo und IHS einen leichten Rückgang der Arbeitslosenrate auf 7,3 Prozent. Im Jahr 2027 soll die Arbeitslosenquote weiter auf 7,0 bzw. 7,1 Prozent sinken.
Budgetdefizit 2025 auf 4,6 bzw. 4,4 Prozent geschätzt
Wifo und IHS plädieren für eine stärkere Budgetsanierung ab 2027. Die beiden Forschungsinstitute prognostizieren für heuer ein gesamtstaatliches Budgetdefizit in Österreich von 4,6 bzw. 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Infolge der Budgetkonsolidierung erwarten beide Institute im kommenden Jahr ein Defizit von 4,2 Prozent und 2027 von 4,0 Prozent.
Das gemeinsame Budgetdefizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern liegt in den kommenden Jahren noch immer deutlich über dem Maastricht-Grenzwert von 3 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 betrug das heimische Defizit 4,7 Prozent. Im Juli wurde deswegen die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich offiziell beschlossen.
IHS-Chef: Ab 2027 "stark auf fiskalische Bremse steigen"
Für IHS-Chef Holger Bonin und Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr ist das Defizit, auch wenn es bis 2027 auf vier Prozent sinkt, "viel zu hoch". Die öffentliche Hand müsse "relativ stark auf die fiskalische Bremse steigen", sagte Bonin bei der Präsentation der Konjunkturprognose am Donnerstag. 2026 müsse die Regierung "entscheidende Weichenstellungen" vornehmen. Einsparungspotenzial sieht Bonin unter anderem im Bildungs- und Gesundheitssystem, bei den Pensionen und dem "Förderdschungel."
Wifo-Direktor Felbermayr verwies auf die stark gestiegenen Staatsausgaben. Der staatliche Konsum sei seit 2019 real um 16 Prozent gestiegen, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hingegen nur um 3,5 Prozent gewachsen. Wenn die Konjunktur nun besser laufe, müsse der Fokus der Einsparungen auf der Einnahmenseite liegen. Einnahmenseitig sei die öffentliche Hand "stark am Limit". Felbermayr befürwortet eine Grundsteuererhöhung aber nur, wenn dies finanzielle Reformbemühungen in anderen Bereichen nicht bremst.
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) zeigte sich über die nach oben revidierte Konjunkturprognose erfreut. "Die günstigere Konjunktur unterstützt die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung und die Budgetsanierung", so Marterbauer in einer Stellungnahme. Er sei "aber erst zufrieden, wenn Budgetdefizit, Arbeitslosigkeit, Inflation und Treibhausgasemissionen merklich zurückgehen". Für Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) hat die Bundesregierung "bereits wichtige Weichen gestellt, um einen nachhaltig wirkenden Aufschwung in Österreich zu erreichen".
Höheres Budgetdefizit bei Ländern und Gemeinden
Die derzeit vorliegenden Daten würden darauf hindeuten, dass die Budgetentwicklung im Bund "etwas besser ausfällt als geplant", während die Defizite auf Ebene der Länder und Gemeinden "höher ausfallen dürften", schreibt das Institut für Höhere Studien (IHS) in seiner Konjunkturprognose.
Auch das Wifo verwies auf "das weiterhin kräftige Wachstum der Ausgaben" der Bundesländer und Gemeinden. Neben den Verpflichtungen im Rahmen des Zukunftsfonds würden die demografischen Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Elementarbildung die Ausgabendynamik treiben. Bei den öffentlichen Einnahmen dämpfe "die verhaltene Entwicklung des privaten Konsums" das Mehrwertsteueraufkommen, so die Wifo-Ökonomen. Die Aussetzung der Abgeltung des letzten Drittels der kalten Progression sowie der starke Anstieg der Höchstbemessungsgrundlage sorge hingegen für "ein robustes Wachstum" von lohnbezogenen Abgaben.
Staatsverschuldung steigt auf knapp 80 Prozent
Die österreichische Staatsverschuldung dürfte laut Wifo-Prognose von knapp 80 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2024 auf knapp 85 Prozent im Jahr 2027 steigen.
Viele Reaktionen auf Wifo/IHS-Prognose
Die Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Martha Schultz, forderte angesichts der Konjunkturprognose in einer Aussendung "dringend eine weitere Entlastung" für Unternehmen. Die Bundesgeschäftsführerin des ÖGB, Helene Schuberth, drängt auf mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik und Qualifizierung sowie Investitionen in Daseinsvorsorge, Pflege und die "Transformation unserer Wirtschaft". IV-Generalsekretär Christoph Neumayer plädiert für "tiefgreifende strukturelle Reformen", um die Wirtschaft anzukurbeln.
FPÖ-Budgetsprecher Arnold Schiefer sieht sich durch die Wifo/IHS-Daten bestätigt, dass das Doppelbudget der Regierung und Budgetsanierung gescheitert sei. Die Wirtschaftssprecherin der Grünen, Elisabeth Götze, fordert unter anderem mehr Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung und mehr Investitionen in Erneuerbare Energien. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer und ÖVP-Wirtschaftssprecher Kurt Egger sehen die aktuelle Konjunkturprognose als positive Bestätigung der Regierungspolitik. NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos sieht für die Regierung "einen klaren Auftrag, den Reformkurs zu vertiefen".
(APA/Red)