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Reporter mit falschen Papieren im Palast

Tausende von Polizisten, Scharfschützen auf den Dächern konnten nicht verhindern, dass sich ein Mann mit gefälschten Papieren in den Palast einschleichen konnte.

„Wenn ich ein Terrorist gewesen wäre mit der Absicht, die Queen oder Bush umzubringen, hätte ich dies mit Leichtigkeit tun können“, schreibt der 26 Jahre alte Reporter Ryan Perry am Mittwoch im „Daily Mirror“.

Perry konnte sich nach den Angaben vor zwei Monaten, im Vorfeld des Staatsbesuchs, mit einem gefälschten Zeugnis eine Anstellung als Diener in dem Palast verschaffen. Bereits am ersten Tag bekam er einen Sicherheitspass und eine Uniform, die ihm ungehinderten Zugang zu jedem Raum verschafften. Der Reporter belegte dies in seiner Zeitung mit Fotos aus dem Schlafzimmer des US-Präsidentenpaares oder vom Frühstückstisch von Königin Elizabeth II. „Dies zeigt die schockierende Unfähigkeit im Kern der größten Sicherheitsoperation, die jemals in Großbritannien stattfand“, hieß es in der Zeitung.

Der Buckingham Palast kündigte umgehend eine umfassende Untersuchung des Vorfalls an. Eine Sprecherin der Londoner Polizei Scotland Yard war zunächst sprachlos. Später sagte sie, am Mittwochmorgen habe es dazu bereits ein Krisengespräch zwischen dem Palast und Scotland Yard gegeben.

In dem Blatt hieß es, der Diener Perry hätte am Mittwochmorgen Mitgliedern der US-Delegation wie Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice und Außenminister Colin Powell das Frühstück servieren sollen. Der Reporter hatte nach dem Bericht den Buckingham Palast jedoch bereits am Dienstagabend verlassen – nachdem Bush und dessen Frau Laura dort eingetroffen waren.

Für den bis Freitag dauernden Staatsbesuch war am Vortag eine für die britische Insel beispiellose Sicherheitsoperation unter Beteiligung von insgesamt 14.000 Polizisten angelaufen, um den US-Präsidenten vor Terroristen zu schützen. Kritiker hatten von Hysterie gesprochen. Die amerikanischen Sicherheitskräfte hatten vor dem Besuch sogar gefordert, mit eigenen Hubschraubern über der Stadt zu kreisen und wollten kugelsicheres Glas im Palast der Queen einbauen. Scotland Yard aber antwortete, alles sei unter Kontrolle.

Doch Sicherheitspannen im britischen Königshaus hat es bereits mehrfach gegeben. So hatte sich erst im Juni der Komiker Aaron Barschak (36) ohne jedes Problem als Osama bin Laden verkleidet auf eine Geburtstagparty von Prinz William Party auf Schloss Windsor einschleichen können. 1982 drang der arbeitslose Michael Fagan ins Schlafgemach von Königin Elizabeth II. vor und setzte sich zu ihr auf die Bettkante. 1994 landet ein nackter Fallschirmspringer auf dem Dach des Buckingham-Palastes. Im Jahr 2002 klopfte ein Betrunkener an die Zimmertür von Prinzessin Anne an, um sie nach dem Weg zum Bahnhof Victoria zu fragen.

Mit seiner Rede werde Bush den Kritikern des US-geführten und von der britischen Regierung unterstützten Irak-Kriegs entgegentreten, verlautete aus den US-Kreisen. „Die Geschichte hat uns gezeigt, dass Staaten manchmal Gewalt anwenden müssen, um den Frieden zu verteidigen und um Werte zu verteidigen“, hieß es zu der Rede. Diese stehe in der Tradition von Reagans Ansprache von 1982, als er erklärte, die Sowjetunion sei für „den Aschehaufen der Geschichte“ bestimmt.

Andere US-Regierungsvertreter sagten jedoch, Bush könnte angesichts der massiven Proteste Probleme haben, seine Botschaft zu vermitteln: „Die Frage lautet, kann er den Lärm durchdringen.“ Bush war bereits nach seiner Ankunft am Dienstag mit Demonstrationen konfrontiert worden. „Unser Land hat viele Freunde und du gehörst nicht dazu“ riefen Demonstranten im Zentrum Londons. Neben dem Irak-Krieg werden auch Bushs Umweltpolitik und die US-Strafzölle für Stahl kritisiert. „Keine Nation ist jemals so verachtet worden wie die USA heute“, sagte ein Demonstrant.

Bei der Hauptkundgebung am Donnerstag werden bis zu 100.000 Kriegsgegner erwartet, die auf dem Trafalgar Square eine Statue von Bush stürzen wollen. Die massiven Sicherheitsvorkehrungen in der britischen Hauptstadt kosten fünf Millionen Pfund (etwa 7,1 Millionen Euro). Bush und Blair sollen bei ihrem Treffen die Einzelheiten der geplanten Machtübergabe an die Iraker besprechen.

Bush rechtfertigt Irak-Krieg

US-Präsident George W. Bush hat versichert, dass die Amerikaner den Irak erst verlassen werden, wenn dort eine Demokratie aufgebaut worden ist. „Wir sind nicht in den Irak gekommen, um vor Mörderbanden und Attentätern zurückzuweichen“, sagte Bush am Mittwoch in London. „Die Demokratie im Irak wird sich durchsetzen“, versicherte er in einer Rede vor Mitgliedern der britischen Regierung und anderen Ehrengästen. „Das irakische Volk wird seine Freiheit nicht wieder hergeben.“

Die Situation für die Iraker verbessere sich zurzeit schneller, als dies nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland der Fall gewesen sei. Es würden neue Zeitungen veröffentlicht, Schulen öffneten, Krankenhäuser funktionierten wieder, und es gebe eine neue Währung. „Das sind wesentliche Fortschritte“, sagte Bush. Vor einem Jahr habe sich das noch kaum jemand vorstellen können.

Wer – wie die USA – machtvolle Positionen innehabe, müsse notfalls gewaltsam gegen gewalttätige Menschen vorgehen, sagte Bush weiter. Prinzipiell müsse die Demokratie manchmal mit Gewalt verteidigt werden. Idealismus allein reiche nicht aus. Das sei die Lehre aus dem Umgang mit Hitler-Deutschland, sagte Bush vor Mitgliedern der britischen Regierung und anderen Ehrengästen. „Das britische und das amerikanische Volk haben eine Allianz der Werte. Und heute ist diese alte und bewährte Allianz sehr stark“, sagte Bush.

Wer gegen das militärische Eingreifen im Kosovo oder im Irak sei, müsse sich fragen, ob die Menschen dort jetzt wohl noch lieber unter der Knute von Slobodan Milosevic und Saddam Hussein leben würden. „Freiheit und Sicherheit brauchen Verteidiger“, betonte der Präsident. Mitunter sei der maßvolle Einsatz von Gewalt alles, womit man sich vor einer chaotischen, von Gewalt beherrschten Welt schützen könne.

Mit Blick auf die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA erklärte der US-Präsident: „Die Hoffnung, dass die Gefahr vorüber ist, ist tröstlich, aber falsch.“ Sollten Terroristen die von ihnen angestrebten Waffen erhalten, würden sie Millionen Menschen töten, und selbst dann noch nicht aufhören.

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