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Religiöse Predigt ohne Bezüge zur Weltpolitik

Mit speziellen Fürbitten für Frieden und Wohlstand im Nahen Osten hat Papst Johannes Paul II. in der Nacht auf Samstag die traditionelle Mitternachtsmesse im Petersdom in Rom gefeiert. 

Trotz seiner zunehmenden Schwäche ließ es sich das 84-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche nicht nehmen, zum 27. Mal persönlich durch die Christmette zu führen. Erstmals seit vier Jahren erlaubte es unterdessen Israel, dass mit PLO-Chef Mahmud Abbas und Interimspräsident Rawhi Fattuh wieder Vertreter der Palästinenserführung an den Weihnachtsfeiern in Bethlehem teilnehmen konnten.

Aus Furcht vor Anschlägen galten erneut schärfste Sicherheitskontrollen bei der Christmette in Rom, an der tausende Gläubige und Vertreter von 150 Staaten teilnahmen. Um in den Petersdom zu gelangen, mussten die Gläubigen eine Sicherheitsschleuse passieren. Die Christmette wurde live in eine Rekordzahl von 72 Länder übertragen, darunter auch in mehrere moslemische Staaten wie Algerien und Indonesien. Am Heiligen Abend gedenken die Christen der Geburt des Gottessohnes Jesus Christus vor 2004 Jahren in Bethlehem.

In seiner kurzen Predigt verzichtete der Papst diesmal auf alle politischen Anspielungen, sondern ging nur auf die Geburt Jesu ein: „Deiner bedarf die ganze Menschheit, die von so vielen Prüfungen und Schwierigkeiten gezeichnet ist“. Die in mehreren Sprachen vorgetragenen Fürbitten schlossen hingegen ausdrücklich die Führer internationaler Gremien und der Länder weltweit ein und ihr Bemühen um einen Frieden. Gleichzeitig baten die Gläubigen um ein Ende der Gewalt im Heiligen Land, um es den Menschen dort eines Tages zu ermöglichen, friedlich und im gegenseitigen Respekt zusammenzuleben.

Während der Messe wirkte der an Parkinson leidende Papst sichtlich müde und angestrengt, aber in besserer körperlicher Verfassung als in jüngster Zeit. Immer wieder hatte er Schwierigkeiten beim Sprechen. Doch wie in den Jahren davor legte er besonderen Wert darauf, die Kinder aus aller Welt persönlich zu segnen, die dem Christuskind zuvor Blumen gebracht hatten.

Erst in der vergangenen Woche hatte der 84-Jährige gestanden, dass es ihm immer schwerer falle, seinen Pflichten nachzukommen. Angesichts der besonderen Strapazen zur Weihnachtszeit verzichtete er deshalb auch in diesem Jahr wieder darauf, am Samstag die morgendliche Weihnachtsmesse für die auf dem Petersplatz versammelten Pilger selbst zu lesen. Seinen traditionellen Weihnachtssegen „Urbi et Orbi“ (Der Stadt und dem Erdkreis“) wird er am heutigen Christtag zu Mittag aber wieder persönlich sprechen.

Bei der Christmette in Bethlehem rief der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, zu einem Ende der Gewalt im Nahen Osten sowie im Irak auf. Die palästinensische Bevölkerung lebe nach wie vor in einer „Situation des Konflikts und der Gewalt, der Unsicherheit und der Angst, der militärischen Besatzung, des Trennungswalls, der zu Gefängnissen gewordenen Städte und der Erniedrigungen“, sagte der Stellvertreter des Papstes im Heiligen Land vor rund 3.000 Pilgern in der St. Katharinen-Kirche von Bethlehem.

Allerdings müssten neben dem israelischen Sperrwall auch die „Mauern des Hasses“ fallen, sagte Sabbah. Es sei Zeit, die „Gewalt in den Herzen jedes Einzelnen und der Führer zu besiegen“. Der Geistliche dankte Abbas und Fattuh für ihre Teilnahme an der Mette, was von ihrem Respekt für die Christen zeuge. Abbas signalisierte Friedensbereitschaft: „Wir strecken unsere Hand aus zu den Israelis. Wir wollen verhandeln, den Frieden erreichen, – einen Frieden, der auf Gerechtigkeit und Recht basiert“, sagte er.

Mit ihrer Teilnahme an der Christmette in Bethlehem setzten Abbas und Fattuh eine Tradition fort, die von dem im November verstorbenen palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat begründet worden war. Seit er im Dezember 2001 von Israel in seinem Amtssitz in Ramallah unter Hausarrest gestellt worden war, blieb sein Stuhl während der Messe jedoch verwaist.

Nach dem Tod ihres Erzfeindes Arafat erließen die israelischen Behörden eine Reihe von Reiseerleichterungen zu Weihnachten. Davon nicht profitieren konnte der israelische Atomexperte Mordechai Vanunu. Der im April nach 18 Jahren freigekommene Vanunu wurde beim Versuch festgenommen, an der Christmette teilzunehmen. Der mittlerweile zum Christentum konvertierte Israeli hatte das geheime israelische Atomprogramm publik gemacht.

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