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Reiter: NATO-Erweiterung positiv

Die am NATO-Gipfel eingeleitete Erweiterung des Verteidigungsbündnisses mache Europa zwar sicherer, Österreichs internationaler Stellenwert werde aber dadurch weiter sinken.

Das ist die Einschätzung von Sektionschef Erich Reiter vom Verteidigungsministerium in Wien. „Wir sitzen eben nicht am gleichen Tisch mit anderen europäischen Ländern, wenn es um sicherheitspolitische Entscheidungen geht“, sagte Reiter am Donnerstag in einem APA-Interview. Die Einladung der NATO an sieben mittel- und osteuropäische Länder, ihrem Bündnis beizutreten, sei aber für die rasche Integration Europas positiv zu werten.

Natürlich nütze die NATO-Erweiterung Österreich auch direkt. Österreich und die ebenfalls neutrale Schweiz werden ab dem Frühjahr 2004 weiträumig von NATO-Ländern umfasst sein, „das erhöht die Sicherheitssituation im Land eindeutig“, erklärte Reiter.

Mit dem Hinweis auf Finnland regte Reiter aber indirekt an, die eigene sicherheitspolitische Strategie zu überdenken. In dem skandinavischen Land sei immer häufiger das Argument anzutreffen, dass es nicht angehe, dass der kleine Nachbar Estland bei der NATO dabei sein werde, während das große Finnland weitgehend auf sich selbst gestellt sei. Durch die wachsende politische Bedeutung der NATO wolle man nicht riskieren, in die Bedeutungslosigkeit abzugleiten.

Für eine Diskussion zur Neubewertung der NATO auch in Österreich spreche der Umstand, dass die Allianz durch die beschlossene Erweiterung und die jüngsten zeitgeschichtlichen Entwicklungen dabei sei, ihren Charakter grundlegend zu ändern, meinte der Verteidigungsexperte. „Der politische Stellenwert des Bündnisses schnellt hinauf, während seine militärische Bedeutung abnimmt.“

Militärisch liege Europa bereits weit hinter den USA; engagiere sich Europa nicht stärker in sicherheitspolitischen Belangen, werde dies auch auf politischem Gebiet geschehen. „Europa tut viel zu wenig, um mit den USA mitzuhalten“, kritisierte Reiter die EU-Entscheidungsträger. Bald würden die Unterschiede zwischen den USA und Europa so groß sein, dass eine Zusammenarbeit nur noch mit Einschränkungen sinnvoll sei.

Die Pläne der beiden österreichischen Nachbarn Tschechien und Slowakei, ihre Luftraumverteidigung gemeinsam zu betreiben, begrüßte Reiter. „Das ist sehr positiv und sinnvoll, aber erst, wenn sie beide in der NATO sind“, sagte er. Die gemeinsame Luftraumverteidigung zweier verhältnismäßig kleiner Länder sei durchaus kostensparend und zudem noch effektiv. „Für Österreich ist das allerdings kein Modell“, gab sich Reiter überzeugt. „Mit wem sollen wir denn kooperieren? Doch wohl nur mit der Schweiz.“ Dafür seien aber Ausrüstung, Logistik und Kommandostrukturen zu unterschiedlich. „Billiger wäre ein solches Modell für Österreich aber ohnehin nicht, eher teurer, dafür aber vielleicht effizienter“, so Reiter.

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