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Reiste für IS nach Syrien: 16-jähriger Wiener Islamist am Flughafen gefasst

Die Polizei nahm am Flughafen den jungen Islamisten fest
Die Polizei nahm am Flughafen den jungen Islamisten fest ©APA (Sujet)
Ein 16-jähriger Bursche aus Wien, der 2014 zum Islam konvertiert war, sich in kurzer Zeit radikalisiert haben dürfte und dann ins syrisch-irakische Bürgerkriegsgebiet reiste, um sich dem "Islamischen Staat" (IS) anzuschließen, ist am Dienstag festgenommen worden.
Fahndung nach 16-jährigem
"Für strengere Kontrollen"
Jihadismus-Chronologie

Der Wiener, dessen Festnahme nun bekannt wurde, stellte sich freiwillig den Behörden. Bei seiner Einreise klickten am Flughafen Wien-Schwechat die Handschellen.

Wiener Lehrling unter Terror-Verdacht

Der Lehrling, der sich zum Versicherungskaufmann ausbilden hatte lassen, ehe er sich zum Islamisten entwickelte, wurde seit vergangenem Oktober von der Justiz gesucht. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen ihn unter anderem wegen Mitgliedschaft an einer terroristischen Vereinigung, Ausbildung für terroristische Zwecke und Aufforderung zu terroristischen Straftaten.

Für IS in Syrien im Einsatz

Seinen eigenen Angaben zufolge wurde er bei der Schlacht um Kobane vom IS als Rettungsfahrer eingesetzt. Bei einem Bombenangriff auf Raqqa wurde er schwer verletzt. “Nur durch sehr viel Glück habe ich überlebt”, gab der 16-Jährige bei seiner Beschuldigtenvernehmung im Wiener Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) zu Protokoll.

16-Jähriger will “reinen Tisch machen”

Wie der 16-Jährige bei seinen Einvernahmen den Beamten vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) geschildert hat, war er als Rettungsfahrer des “Islamischen Staats” (IS) in Kobane mit einem Hummer-Jeep unterwegs. “In Österreich habe ich bereits mit der Führerscheinausbildung begonnen, daher konnte ich mit dem Fahrzeug fahren”, gab der Bursch zu Protokoll.

Seine Aufgabe sei es gewesen, “die Verletzten ins Krankenhaus zu bringen”. Die Eindrücke, die er dabei gewann – dem Jugendlichen wurden die Grauen des Krieges nachdrücklich vor Augen geführt – sowie die schwere Verletzung, die er später in Raqqa erlitt, bewogen ihn am Ende dazu, das Kriegsgebiet zu verlassen.

Bursche hatte “Eingeweide in der Hand”

“Bei dem Bombenangriff hat er die Milz, eine Niere und einen Lungenflügel verloren”, berichtete Verteidiger Werner Tomanek, der den Burschen vertritt, am Donnerstagnachmittag im Gespräch mit der APA. Der Bursch habe “praktisch seine Eingeweide in der Hand gehabt”. Noch immer würden zahlreiche Splitter in seinem Körper stecken, weshalb Tomanek davon ausgeht, dass der Jugendliche nach seiner Überstellung ins Landesgerichtliche Gefangenenhaus, die noch heute, Donnerstag, erfolgen soll, in der dortigen Krankenabteilung aufgenommen wird.

“Er will reinen Tisch machen. Er ist umfassend geständig. Die Einvernahmen vor dem LVT sind bereits abgeschlossen”, skizzierte der Rechtsvertreter des 16-Jährigen dessen Verantwortung. Der Bursch wolle mit den Behörden kooperieren.

Von Wien nach Syrien gelockt

Diese interessieren sich vor allem für die Männer, die den Lehrling dazu bewogen hatten, im vergangenen August in den bewaffneten Jihad zu ziehen, nachdem er erst im Mai zum Islam konvertiert war. Seiner Aussage zufolge wurde der Lehrling “zur Reise verleitet”. Ihm sei in Wien vorgemacht worden, “dass man dort auch ohne zu kämpfen gut leben kann. Ich verstand darunter, dass ich ein Haus habe, eine Frau und Geld bekomme”, hielt der Bursche bei seiner Befragung fest. Man habe ihm erklärt, dass er sich aussuchen könne, ob er kämpfen wolle oder nicht. Er habe ersteres nie im Sinne gehabt.

Bereits drei Tage, nachdem er in Syrien angekommen war, wollte der IS den Burschen aber zum Kämpfen in den Irak schicken. Er habe keine Waffenausbildung erfahren, sei lediglich eine Woche in den islamischen Glaubensgrundsätzen geschult worden, verriet der 16-Jährige den Staatsschützern.

Bursch organisierte sich Rückkehr

Nachdem er schwer verletzt worden und um ein Haar ums Leben gekommen war, dürfte der 16-Jährige nur mehr darauf Bedacht gewesen sein, zurück nach Österreich zu gelangen. “Ich wollte nur noch weg aus Raqqa”, offenbarte er dem Referat für Staatsschutz im Wiener LVT.

Ende September hatte sich der Bursch, der seinen bürgerlichen Namen abgelegt hatte und sich nun “Abu Muktail Al Almani” nannte, für drei Wochen im Irak aufgehalten, wo er in Mossul und Tal Afar kämpfen sollte. Weil es ihm dort zu gefährlich war, bat er die lokalen Entscheidungsträger beim “Islamischen Staat” (IS), wieder nach Syrien gehen zu dürfen, was ihm Ende Oktober genehmigt wurde.

Der Weg zurück nach Wien

“Ich habe nie aktiv an Kämpfen teilgenommen”, behauptet der 16-Jährige. Weil er an derart starken Schmerzen litt, habe er in der vergangenen Woche den Bürgermeister von Raqqa gebeten, ihn in der Türkei ärztlich behandeln zu lassen, berichtete der Bursch dem LVT: “Obwohl mein direkter Kommandant dagegen war, durfte ich mit einer Gruppe von IS-Angehörigen in die Türkei fahren.”

In Gaziantep angelangt, organisierte sich der Bursch seine Rückkehr nach Wien, nachdem er Mitte Februar wieder Kontakt mit seinem Vater aufgenommen hatte. Per Bus erreichte er zunächst Istanbul, wo ihm nach längerem Hin und Her ein Notpass ausgestellt wurde, nachdem er ein Flugticket nach Wien vorlegen konnte.

Entscheidung über U-Haft

Die Frage, ob über den Burschen die U-Haft verhängt wird, hat innerhalb von 48 Stunden ab seiner Überstellung in die Justizanstalt Wien-Josefstadt zu erfolgen. “Ich hab’ in meinem Beruf schon einiges erlebt. Aber das, was er zu Protokoll gegeben hat, macht mich teilweise sprachlos”, bemerkte sein Verteidiger Werner Tomanek zum Grundsätzlichen.

Der 16-Jährige hatte über sein Facebook-Profil die Ziele des IS beworben und tauchte auch auf einem Propaganda-Video des IS auf, wobei er in Kampfmontur bewaffnet auf den Dächern von Raqqa posierte. Ehemaligen Mitschülern und Ungläubigen drohte der junge Islamist mit dem “Abschlachten.” Mittlerweile habe er “all dem abgeschworen. Er ist geläutert”, bemerkte sein Anwalt abschließend.

(apa/red)

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