Die vorgezogene Parlamentswahl in Mazedonien wird zu keinem Machtwechsel führen. Die seit 2006 regierende VMRO–DPMNE (“Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die Nationale Einheit”) und ihr Chef sowie derzeitiger Ministerpräsident Nikola Gruevski konnten in der Nacht auf Montag erneut einen Wahlsieg feiern. Zum dritten Mal hintereinander gelang es der nationalkonservativen Partei damit, die Parlamentswahlen zu gewinnen. Allerdings war es dieses Mal kein Erdrutschsieg wie bei der Wahl im Jahr 2008. Im albanischen Parteienlager erklärte sich die bisher mitregierende Demokratische Integrationsunion (DUI) von Ali Ahmeti ebenfalls erneut zum Sieger.
Nach Angaben der staatlichen Wahlkommission hat sich die Partei Gruevskis am gestrigen Sonntag 437.665 bzw. 39 Prozent der Stimmen gesichert, vor drei Jahren waren es 53 Prozent. Der Sozialdemokratische Bund (SDSM) des früheren Präsidenten Branko Crvenkovski ist mit 32,78 Prozent (367.876) am zweiten Platz. Allerdings konnte die Partei gegenüber den vergangenen Wahlen knapp fünf Prozent gewinnen.
“Der Sieg bedeutet, dass die Mehrheit der Bürger erkannt hat, dass die VMRO-DPMNE auch in den Krisenzeiten und unter den schwierigen Umständen weiß, wie die Probleme des Landes zu behandeln sind”, meinte Gruevski in der vergangenen Nacht vor jubelnden Anhängern. “Der Kampf geht weiter, wir sehen uns bei dem nächsten Urnengang”, erwiderte der SDSM-Vizevorsitzende Gordan Georgiev. Seine Partei zeigte sich mit den Wahlergebnissen gänzlich zufrieden, auch wenn sie aller Voraussicht nach auch künftig in der Opposition bleiben wird.
Die Nichtregierungsorganisation MOST hat in der Nacht auf Montag errechnet, dass die VMRO-DPMNE im neuen Parlament über 53 Mandate verfügen wird, um zehn weniger als bisher. Die oppositionellen Sozialdemokraten (SDSM) werden die Zahl ihrer Abgeordneten von bisher 27 auf 43 erhöhen. Sie wurden in allen sechs Wahlkreisen von der VMRO-DPMNE besiegt.
Im albanischen Parteienlager ist nach Angaben der Wahlkommission die bisher mitregierende Demokratische Integrationsunion (DUI) von Ali Ahmeti mit 10,24 Prozent der Stimmen (114.870) in klarer Führung. Die oppositionelle Demokratische Partei der Albaner (DPA) von Menduh Thaci hat sich 5,89 Prozent (66.055 Stimmen) gesichert. Zwei weitere Parteien der albanischen Volksgruppe – die Neue Demokratische Wiedergeburt (RDK) von Rufi Osmani mit 2,67 Prozent (29.981 Stimmen) und die Partei der Neuen Demokratie (Demokratija e Re) mit 1,76 Prozent (19.732 Stimmen) – haben gut abgeschnitten.
Der MOST zufolge wird die mitregierende Demokratische Integrationsunion (DUI) im Parlament künftig mit 14 Abgeordneten – um vier weniger als bisher – vertreten sein, gefolgt von der Demokratischen Partei der Albaner mit acht Mandaten. Bisher stellte die DPA 12 Abgeordnete. Die albanische Partei für Neue Demokratie (DeR) von Imer Selmani wird der nichtstaatlichen Organisation zufolge zwei Parlamentssitze haben. Aufgrund der Wahlergebnisse ist es allerdings möglich, dass diese der RDK von Osmani zufallen werden.
Gruevski bleibe der Premier, versicherte ein Parteisprecher bereits in der vergangenen Nacht. Der 40-jährige Wirtschaftsexperte, der seine Regierungskarriere 1999 bis 2002 als Außenhandels- und Finanzminister gestartet hatte, steht seit 2003 an der VMRO-DPMNE-Spitze. Seiner Partei bescherte auch den kleineren Parteien rechts vom Zentrum eine schwere Niederlage. Den Sprung ins Parlament schaffte die VMRO-Volkspartei von Ljupco Georgievski, früherer Parteichef Gruevskis, nicht. Eine Niederlage musste auch die bisher im Parlament vertretene Liberaldemokratische Partei des früheren Parlamentspräsidenten Tito Petkovski einstecken.
“Nach fünfjähriger Regierungszeit hat der Wahlsieg ein besonderes Gewicht”, stellte der VMRO-DPMNE-Chef in der Nacht auf Montag fest. Seine Partei werde ihr Möglichstes tun, um die Wahlversprechen umzusetzen. Als wichtigste Prioritäten seiner dritten Regierungszeit bezeichnete der bisherige Ministerpräsident die Stärkung von Wirtschaft und Landwirtschaft, ausländische Investitionen zu forcieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Ein Drittel der Erwerbsfähigen ist derzeit auf Arbeitssuche, wenngleich es den Behörden in den letzten Jahren trotz Wirtschaftskrise gelungen ist, die Arbeitslosigkeit einigermaßen zu senken.
Maximale Anstrengungen würden zudem unternommen werden, damit das Land NATO- und EU-Mitglied werde, versprach Gruevski. Zu den vorrangigen Aufgaben würden demnach auch der Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität, aber auch die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zwischen den Ethnien zählen.
Im NATO– und EU-Annäherungsprozess ist Mazedonien wegen des ungelösten, fast 20-jährigen Namensstreites mit Griechenland seit Jahren blockiert. Eine Lösung scheint kaum bevorzustehen, auch wenn in den letzten Tagen über Geheimverhandlungen zwischen Skopje und Athen berichtet wurde. Die Parlamentswahl hat der VMRO-DPMNE auf jeden Fall eine Atempause in den Bemühungen verschafft, den Streit mit dem Nachbarland zu beheben. Die neue Regierung muss spätestens bis 10. August bestätigt werden. Danach wird sich die neue Regierung Gruevskis mit den alten Problemen auseinandersetzen.
(Quelle: APA)