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Regierungskrise beigelegt

Die Irritationen in der Regierung wurden in der Nacht auf Donnerstag in ausführlichen Gesprächen zwischen Kanzler Wolfgang Schüssel (V), Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) und den beiden Klubobleuten Andreas Khol (V) und Peter Westenthaler (F) ausgeräumt. „Wir haben vieles ausgeredet … mit großer Ehrlichkeit“, betonte Schüssel in der gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag. Es seien „echte Spannungen und Sorgen“ dagewesen, in den letzten Wochen habe man „nicht die Ideal-Variante des Zusammenlebens“ gezeigt.

Die ÖVP habe die Sorge gehabt, ob das Regierungsprogramm noch gelte. Die Sorge der FPÖ wiederum sei gewesen, „dass wir ohne Wenn und Aber etwas vorantreiben“ (die EU-Erweiterung, Anm.). „Das ist ausgeräumt“, so Schüssel. Er sei sehr froh, dass das zentrale Projekt EU-Erweiterung außer Frage stehe – wobei dieses nicht das einzige, sondern eines der großen zentralen Themen sei. Das habe er, meinte Schüssel, schon immer so gesagt.

Für die FPÖ ist entscheidend, dass man „jetzt die Sicherheit hat, dass der Koalitionspartner keine Neuwahlen will, sondern weiter arbeiten – wie wir das auch wollen“, betonte Riess-Passer. Die schwierige Situation der Koalition sei auch darauf zurückzuführen gewesen, dass versucht worden sei, den Eindruck zu erwecken, dass die FPÖ unter dem Druck angedrohter Neuwahlen das Volksbegehren missachtet. „Das wird sicher nicht stattfinden“, betonte Riess-Passer.

Schüssel und Riess-Passer betonten jedoch, dass die Koalition keine „Fusion“ sei. ÖVP und FPÖ hätten manche unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, daher werde es wohl auch künftig „schwierige Situationen“ geben, meinte Riess-Passer.

In der Atompolitik will die Regierung wieder gemeinsam mit der Opposition eine Vier-Parteien-Linie finden, um sich in einer „nationalen Anstrengung“ (Riess-Passer) mit gestärkter Position international auch für den europaweiten Kernkraftwerks-Ausstieg einzusetzen. „Neuverhandlungen“ seien dies nicht, so Schüssel, sondern eine in der Brüsseler Vereinbarung enthaltene Fortsetzung des Dialogs im Zuge der Energiepartnerschaft. Eine Konzession an die FPÖ sei das nicht, sondern das Bemühen, den österreichischen Anti-Atom-Konsens umzusetzen.

Riess-Passer wurde von den Journalisten mit dem Text des Volksbegehrens – Veto, wenn Temelin nicht vor dem Beitritt still gelegt ist – konfrontiert. Es sei wesentlich, dass es weitere Gespräche mit der neuen tschechischen Regierung gebe, antwortete sie. „Wir werden alle gemeinsamen Anstrengungen unternehmen, um dieses Ziel (die Still-Legung, Anm.) zu erreichen.“ Sie sei optimistisch und „ich rede jetzt nicht darüber, was passiert, wenn es nicht gelingt“. Auf weitere Nachfrage betonte sie schließlich: „Das Ergebnis des Volksbegehrens ist ein Auftrag, an den wir uns gebunden fühlen und den wir sehr ernst nehmen.“

Weitgehend einig zeigten sich Schüssel und Riess-Passer in Sachen Benes-Dekrete: In Gesprächen mit Tschechien wolle man eine gute Lösung finden. Daran werde schon länger gearbeitet, betonte Schüssel – und unterstrich vehement, wie wichtig es sei, zu einer „befriedigenden Aufarbeitung der Geschichte“ noch vor dem EU-Beitritt Tschechiens zu kommen. Unrecht sei zumindest moralisch wieder gut zu machen, betonte Riess-Passer. Und Schüssel ergänzte: Die Menschenrechte seien unteilbar, deshalb dränge Österreich darauf, dieses „dunkle Kapitel der Geschichte“ aufzuarbeiten.

Thema einiger Fragen waren die Neuwahl-Aussagen des Kärntner LH Jörg Haider. Riess-Passer betonte, dass das Ziel der FPÖ, die Regierungsarbeit fortzusetzen, „für den Kärntner Landeshauptmann genauso gilt wie für mich“. Auch am gemeinsamen Tisch mit Schüssel und Khol bekräftigte Riess-Passer, dass nicht Haider die Neuwahldiskussion begonnen habe. Und: „Ich verbiete mir ständige Anmerkungen, man müsste einen Politiker dieses Landes zum Schweigen verpflichten.“ Es gebe für keinen Politiker in Österreich, also auch für Haider nicht, ein Redeverbot.

Der Ansicht, es habe keine Regierungskrise, sondern eine Krise in der FPÖ gegeben – wie zuletzt der NÖ VP-Chef Erwin Pröll formuliert hatte -, trat Riess-Passer entgegen. „In der FPÖ gibt es keine Krise… Pröll ist nicht dazu dazu, mein Verhältnis zu Jörg Haider zu bewerten.“ Dieses Verhältnis sei „intakt, eine höchst erfolgreiche Partnerschaft seit 15 Jahren und die wird es auch bleiben“. Riess-Passer geht auch davon aus, dass sie Parteichefin bleiben wird, sie fühlt sich von der FPÖ „sehr unterstützt“.

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