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Regierungsklausur in Mauerbach bei Wien: Erste Details zur Steuerreform

Heute beginnt die Regierungsklausur.
Heute beginnt die Regierungsklausur. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Bei der Neujahrsklausur der Regierung sollen erste Details zur Steuerreform bekannt werden. Geplant ist unter anderem eine Steuerentlastung ab 2020.
Bilder vom Attac Protest

Die Regierung will bei ihrer Neujahrsklausur in Mauerbach bei Wien erste Details ihrer Steuerreform nennen. Wie im Vorfeld aus Regierungskreisen zu hören war, sollen die Steuern schrittweise gesenkt werden. Starten soll die Entlastung 2020. Bis 2022 soll die Summe der Steuersenkungen auf 4,5 Mrd. Euro pro Jahr anwachsen. Der Familienbonus wird nicht eingerechnet. Die Finanzierung ist offen.

Im Regierungsprogramm haben ÖVP und FPÖ vereinbart, die Steuer- und Abgabenquote bis zum Ende der Legislaturperiode in Richtung bzw. auf 40 Prozent zu senken. Dementsprechend soll die volle Entlastung nach Regierungsangaben nun 2022 in Kraft treten – also im Jahr der nächsten regulären Nationalratswahl. Auch die Abschaffung der “kalten Progression” hat Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) zuletzt für das Wahljahr angekündigt.

Neujahrsklausur in Mauerbach bei Wien am Donnerstag und Freitag

Im Vorfeld der Klausur, die Donnerstag und Freitag über die Bühne geht, hat die Koalition angekündigt, sowohl Klein- und Mittelverdiener als auch Unternehmen entlasten zu wollen. Erstere durch eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge sowie der unteren Lohnsteuerklassen, wobei von der Senkung der Lohnsteuertarife auch Besserverdiener profitieren würden. Der eigentlich bis 2020 befristete Spitzensteuersatz von 55 Prozent ab einer Mio. Euro Jahresverdienst soll verlängert werden.

Den Unternehmen haben ÖVP und FPÖ im Regierungsprogramm eine Senkung der Gewinnsteuer (“Körperschaftsteuer”) zugesagt, insbesondere auf nicht entnommene Gewinne sowie der Mindest-KöSt. Die Wirtschaftskammer forderte zuletzt eine Senkung von 25 auf 19 Prozent.

Mahrer hofft auf “größte Steuerreform aller Zeiten”

Nähere Details will die Regierung am Nachmittag bei der Klausur in Mauerbach vorlegen. Die von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer erhoffte “größte Steuerreform aller Zeiten” wird es angesichts der bisherigen Angaben aber nicht werden. Denn die angekündigten 4,5 Mrd. Euro entsprechen 2022 einem Volumen von rund einem Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt/BIP). Rechnet man noch andere steuerliche Maßnahmen der Regierung mit ein – etwa den Familienbonus oder die Senkung der Umsatzsteuer für Hoteliers – steigt das Entlastungsvolumen auf 6,3 Mrd. Euro oder 1,4 Prozent des BIP. Das wäre immer noch etwas geringer als die Steuerreformen 2004/05 und 2015/16, die jeweils 1,5 Prozent bewegt haben.

Offen ist zudem die Finanzierung der Steuerreform. Im Finanzrahmen hat die Koalition nämlich zwar eine Steuerreform eingeplant, allerdings nur in Höhe von 2,2 Mrd. Euro im Jahr 2022. Selbst nach Abzug des für 2022 anvisierten Budgetüberschusses von 324 Mio. Euro müssten damit also noch rund zwei Mrd. Euro eingespart oder über neue Einnahmen gegenfinanziert werden. Zumal die Regierung versichert, die angepeilten Budgetüberschüsse beibehalten zu wollen.

Kurz kündigt “Digitalsteuer” für große Online-Unternehmen an

Dass zur Gegenfinanzierung neue Steuern eingeführt werden könnten, hat die Koalition allerdings bereits ausgeschlossen – zumindest für “Bürger und Unternehmen in Österreich”. Sehr wohl angekündigt hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nämlich eine “Digitalsteuer” für große Online-Unternehmen. Außerdem will die Koalition laut Regierungsprogramm Ausnahmebestimmungen im Steuerrecht streichen. Details dazu nennt das Regierungsprogramm nicht. Vorsorglich ausgeschlossen wurde allerdings die Streichung der Begünstigung des 13. und 14. Monatseinkommens.

Möglichkeiten zur Gegenfinanzierung böte auch eine Ökologisierung des Steuersystems. Dass die Normverbrauchsabgabe (NoVA) beim Neuwagenkauf abgeschafft und im Gegenzug die Mineralölsteuer erhöht werden könnte, hat das Finanzministerium am Mittwoch allerdings bereits dementiert. Hoffnungen auf die Streichung der NoVA hatte zuvor Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) genährt.

Empfang durch Bischof Kurz und Ministrant Strache

“Nehmet den Armen, gebet den Konzernen – Kurz-Evangelium 1,1”. Die globalisierungskritische Organisation Attac hat sich anlässlich der Regierungsklausur in Mauerbach eine besondere Protestaktion einfallen lassen. Mit einer Maske von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und in Bischofs-Ornat haben Aktivisten riesige Geldscheine an Konzerne verteilt.Assistiert wurde “Bischof Kurz” von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in Ministranten-Gewand. Attac protestierte damit gegen die vorgesehenen Kürzungen der Mindestsicherung sowie gegen die Senkung der Körperschaftssteuer auf Unternehmensgewinne.

Strache als erster im tief verschneiten Mauerbach

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ist als erstes Regierungsmitglied am Donnerstag im tief verschneiten Mauerbach zur Regierungsklausur eingetroffen. Er hat sich beim Eintreffen im Park des Schlosshotels bereitwillig den Medienfragen gestellt, inhaltlich hielt er sich aber zurück. Die geplanten Themen der Klausur sind die Steuerreform, Pflege und Digitalisierung.Türkis-Blau wird wohl aber auch zur Mindestsicherung Stellung nehmen müssen, nachdem Wien angekündigt hat, die von der Bundesregierung vorgelegte Reform nicht umsetzen zu wollen.

Die kommende Steuerreform wird wie erwartet in mehreren Stufen in Kraft treten. Wie am Rande der Regierungsklausur zu hören war, soll 2020 ein erster Entlastungsschritt um eine Mrd. Euro erfolgen. Die Lohnsteuersenkung soll dann 2021 in Kraft treten. Bis 2022 soll das Entlastungsvolumen nach Regierungsangaben auf 4,5 Mrd. Euro ansteigen.

Im ersten Schritt sollen Steuern und Abgaben 2020 um eine Mrd. Euro sinken. Wobei der größte Brocken hier auf eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge entfallen soll: um 700 Mio. Euro sollen Geringverdiener entlastet werden, die wegen ihres geringen Einkommens ansonsten nicht von einer Lohnsteuersenkung profitieren würden. Welche Beiträge gesenkt werden, ist vorerst unklar. Versichert wird allerdings, dass der Verlust den Sozialversicherungen aus dem Bundesbudget ersetzt werden soll.

Erhöhung für Werbungskostenpauschale für 2020 angekündigt

Außerdem für 2020 angekündigt: Die Werbungskostenpauschale (derzeit 132 Euro jährlich) soll erhöht und die Kleinunternehmergrenze von aktuell 30.000 Euro angehoben werden. Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer verrechnen und sollen künftig auch keine Einkommensteuererklärung abgeben müssen, sondern eine neue Pauschalierungsmöglichkeit erhalten. Erste Schritte in Richtung “Ökologisierung” soll es durch die Begünstigung emissionsarmer Fahrzeuge sowie von Photovoltaik, Biogas und Wasserstoff geben, heißt es seitens der Regierung. In Summe soll das weitere 300 Mio. Euro kosten.

Für 2021/22 kündigt die Regierung dann weitere Steuersenkungen um 3,5 Mrd. Euro an. Unter anderem sollen die Lohnsteuern sinken. Details gibt es allerdings noch nicht. Nicht explizit angekündigt wird vorerst auch eine Senkung der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne. In Regierungskreisen heißt es dazu nur allgemein, man werde Maßnahmen zur “Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes” setzen.

Die detaillierten Maßnahmen will die Regierung in den kommenden Wochen verkünden. Spätestens im Herbst müssen die Maßnahmen für 2020 und 2021 allerdings feststehen, weil für beide Jahre ein Doppelbudget geplant ist. Die Abgabenquote soll mit der Steuerreform auf knapp über 40 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2022 sinken. Die Budgetüberschüsse will die Regierung bis dahin beibehalten, womit auch die Staatsverschuldung weiter sinken soll – auf 61,9 Prozent des BIP.

Digitalsteuer soll 2020 kommen

Die Regierung will noch den EU-Finanzministerrat (ECOFIN) im März abwarten. Sollte dabei keine Einigung auf eine europaweite Digitalsteuer erfolgen, will Österreich im Alleingang vorgehen. Laut Angaben der Regierung sollen Konzerne betroffen sein, die weltweit zumindest 750 Mio. Euro Umsatz machen und deren Umsatz in Österreich zumindest zehn Mio. Euro beträgt.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) betonte, dass die Digitalsteuer nur eine überschaubare Anzahl großer internationaler Konzerne treffen werde, aber keine österreichischen Unternehmen.

Als mögliche Betroffene der Digitalsteuer nennt die Regierung Facebook oder Amazon. Außerdem will die Regierung eine aus ihrer Sicht bestehende Steuerlücke im Online-Versand schließen: Bisher fällt für Pakete aus Drittstaaten nämlich erst Umsatzsteuer an, wenn der Warenwert 22 Euro übersteigt. Künftig soll das ab dem ersten Cent der Fall sein. Kanzler Kurz begründete das damit, dass Online-Händler wie Alibaba Pakete falsch deklarieren würden.

Verschärfen will die Regierung auch die Meldepflichten für Online-Vermittlungsplattformen wie Airbnb. Sie sollen Daten, die für die Abgabenerhebung relevant sind, an die Finanzverwaltung verpflichtend übermitteln und dafür haften.

 

(APA/Red)

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