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Regierungsbildung in Belgien kommt nicht voran

Zwei Monate nach den vorgezogenen Neuwahlen kommt die Regierungsbildung in Belgien nicht voran. Nach belgischen Medienberichten wird der vom König als Vermittler eingesetzte Chef der frankophonen Sozialisten, Elio di Rupo, am heutigen Mittwochnachmittag erneut beim Staatsobhaupt um eine Verlängerung der Sondierungsgespräche ansuchen.

Die Brüsseler Zeitung “Le Soir” berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, Di Rupo werde vor dem König “eine negative Bilanz ziehen” aus den bisherigen Verhandlungen der sieben Parteien. Nach Angaben der flämischen Tageszeitung “De Standaard” will der Chef der frankophonen Sozialisten um eine weitere Verlängerung der Sondierungsgespräche um 48 Stunden ansuchen. Offizielle Koalitionsverhandlungen wurden bisher noch gar nicht eröffnet.

Bei den sieben Parteien, die nach den Wahlen vom 13. Juni über eine künftige Regierungsbildung reden, handelt es sich um die Sozialisten in der Wallonie von di Rupo (PS), die flämischen Sozialisten (SP.A), die Neue flämische Allianz (N-VA), die frankophone CDH (Centre Democrate Humaniste), die flämischen Christdemokraten CD&V, sowie die französischsprachigen Grünen (Ecolo) und die flämischsprachigen Grünen (Groen). Di Rupo galt bisher als aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Premierministers einer Koalitionsregierung aus Sozialisten, Christdemokraten und flämischen Nationalisten. Er wäre der erste französischsprachige Premier Belgiens seit 36 Jahren. Der zweite Wahlsieger und Chef der flämischen Nationalistenpartei N-VA, Bart De Wever, will nach eigenem Bekunden nicht Regierungschef werden.

Schwierigster Verhandlungspunkt ist eine Staatsreform und die von den flämischen Parteien geforderte Neuregelung des Finanztransfers zwischen dem Staat und den Regionen. Die Frankophonen fürchten, dass eine Neureglung künftig eine “Box der Pandora” öffnen würde und die Wallonie und Brüssel finanzielle Einbußen erleiden würden. Die jährlichen Transferzahlungen zwischen den reicheren flämischen Norden und dem wallonischen Süden machen nach verschiedenen Schätzungen rund 7 bis 10 Milliarden Euro aus. Langfristig strebt De Wevers N-VA die Unabhängigkeit Flanderns an.

Di Rupo und De Wever sprachen am Dienstag über diese Knackpunkte. Trotz dem vereinbartem Stillschweigen über den Inhalt der Gespräche hieß es in Kreisen der N-VA, dass die Standpunkte noch weit auseinanderliegen. Die Rupo habe gegenüber De Wever betont, dass er den gesetzlich fixierten Finanzausgleich zwischen den Regionen nicht zur Diskussion stellen wolle, meldete der flämische Sender VRT. Dagegen wollen die Frankophonen ihre Stellung durch einen neuen Verteilungsschlüssel zur Finanzierung der Hauptstadtregion Brüssel stärken, berichtete “De Standaard”. Derzeit fließen in Brüssel 80 Prozent der Mittel an die französischsprachige Gemeinschaft und 20 Prozent an die flämische. Nach dem Willen der Frankophonen soll der Schlüssel auf 93 zu 7 geändert werden, da dies die Realität besser widerspiegle.

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