AA

Regierung weiter uneingig bei der Mietpreisbremse

Die Einigung der Regierung über die Mietpreisbremse droht zu platzen.
Die Einigung der Regierung über die Mietpreisbremse droht zu platzen. ©APA/BARBARA GINDL/Canva (Sujet)
Sie sollen die starken Steigerungen bei den Richtwretmeiten abfedern: Die Mietpreisbremse. Doch jetzt droht die Einigung der Regierung darüber zu platzen.

Bis zur heutigen Sondersitzung des Nationalrats konnten sich ÖVP und Grüne auf keinen gemeinsamen Antrag einigen. Damit ist ein Beschluss noch vor Inkrafttreten der nächsten Richtwert-Erhöhung unwahrscheinlich geworden.

Die Einigung der Regierung bei der Mietpreisbremse droht zu platzen

Die Ausgangsposition ist so, dass die Richtwertmieten, die sich am Verbraucherpreisindex orientieren, ab 1. April um 8,6 Prozent steigen sollen. Dies wollte man in der Koalition an sich verhindern. Ein zuletzt diskutiertes Modell sah vor, dass die Erhöhung über mehrere Jahre gestreckt werden soll. VP-Verhandler Andreas Ottenschläger erklärte gegenüber der APA, dass seine Partei hier für zwei Jahre eingetreten sei. Die Grünen wollten die Erhöhung dem Vernehmen nach über drei Jahre strecken.

SPÖ kritisiert ÖVP für fehlende Einigung zu Mietpreisbremse

Die ÖVP habe "die längst überfällige Mietpreisbremse" torpediert, kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Stellungnahme und verwies auf die Vorstellungen der SPÖ. "Wir wollen die Mieterhöhungen bis 2025 aussetzen, danach sollen Mieterhöhungen auf maximal zwei Prozent pro Jahr begrenzt werden."

Ottenschläger betont, dass die Erhöhung in dieser Dimension für manche Haushalte sicher eine Herausforderung sei, andererseits müssten sich auch die Vermieter auf die geltenden Regelungen verlassen können. Zudem kämen auf diese etwa in Sachen thermischer Sanierung entsprechende Herausforderungen zu. Die Kosten für anstehende Heizungsumrüstungen müssten aus der gesetzlich vorgeschriebenen Eigentümerrücklage bestritten werden und dürften nicht an die Mieter überwälzt werden, heißt es seitens Mietervertretern.

ÖVP wollte Mietpreisbremse mit Freibetrag bei Grunderwerbssteuer verknüpfen

Gehakt hat es in einer anderen Angelegenheit. Denn die Volkspartei wollte die Mietpreisbremse mit einem Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer (laut Auskunft des Finanzministeriums beispielsweise 500.000 Euro) kombinieren. Die Steuer werde zu 94 Prozent von den Gemeinden eingehoben. Die Kosten von 100 bis 150 Mio. Euro jährlich würde den Gemeinden im Zuge des Finanzausgleichs ersetzt, hieß es aus dem Finanzministerium zur APA. Zudem sollte u.a. die Eintragungsgebühr fallen. Ottenschläger argumentiert, dass man jungen Menschen so den Erwerb von Eigentum erleichtern habe wollen. Allerdings gilt der ÖVP-Vorschlag nicht nur für Immobilienkäufe bis zu 500.000 Euro, sondern als Freibetrag generell auch für Immos, die über eine halbe Million kosten.

Die Grünen stoßen sich genau daran, dass die steuerfreien 500.000 Euro auch Leute lukrieren würden, die sich eine Millionen-Villa kaufen. Zudem fehle die Gegenfinanzierung. Da gehe es um dreistellige Millionenbeträge, die ausfielen, so die Grünen laut Ö1-"Morgenjournal" im ORF-Radio. Die Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer meinte in einer Parlamentsdebatte zu dem Thema, man könne schon über die Grunderwerbssteuer reden. Aber da habe man Zeit, während es bei den Mieten "brennt". Sie hofft, dass man noch zu einer Lösung kommt: "Es gibt ein ausgewogenes Paket, das jederzeit beschlossen werden kann."

Aufteilung der Erhöhung der Richtwertmieten wäre sinnvoll

Noch ist der Zug nicht ganz abgefahren. Ob es bis Anfang April noch Bewegung geben wird, könne er jetzt nicht sagen, meint Ottenschläger. An sich habe man konstruktiv verhandelt, sei sich aber nicht ausreichend näher gekommen. Der normale parlamentarische Weg, der heute die Zuweisung eines entsprechenden Antrags und den Beschluss kommende Woche vorgesehen hatte, kann jedenfalls nicht beschritten werden. Z.B. über Sondersitzungen wäre eine entsprechende Vereinbarung aber noch rechtzeitig umzusetzen, sollte das gewünscht sein.

Rückenwind von Expertenseite für eine Lösung

Von Expertenseite käme Rückenwind für eine Lösung: "Die Aufteilung der Erhöhung der Richtwertmieten auf 3 Jahre wäre eine sinnvolle Lösung in einer höchst schwierigen Situation", schreibt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Freitag auf Twitter. Die Förderung der thermischen Sanierung ist aus seiner Sicht ein taugliches Gegengeschäft. "Grundsteuer und Grunderwerbssteuer gehören reformiert. Aber im Rahmen des Finanzausgleichs und als Teil eines Pakets", so Felbermayr.

Laut Finanzministerium handelt es sich um keine neue Forderung, die Vorschläge zur Grunderwerbssteuer seien bereits vor Monaten an den Koalitionspartner übermittelt worden, hieß es gegenüber der APA. "Das sind keine Dinge, die zum Schluss in die Verhandlungen eingebracht wurden, sondern die liegen dem Koalitionspartner bereits seit Monaten vor", sagte ÖVP-Bautensprecher Johann Singer in der Ö1-"Mittagsjournal".

"Es muss um mehr gehen als um Richtwertmieten"

"Es muss um mehr gehen als um Richtwertmieten, man muss auch an die anderen denken, die nicht in Richtwert-Mieten wohnen", hieß es aus dem Büro von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zur APA. Nur geschätzt 300.000 bis 400.000 Mieten in Österreich zählten zu den Richtwerten, drei Viertel davon seien Altbaumieten in Wien. Es gehe vielmehr um ein generelles Wohnpaket, ein Teil davon sei die Mietpreisbremse.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker wies in einer Pressemitteilung darauf hin, "dass von den österreichweit 483.500 Wohnungen mit Richtwertmieten 370.000 in Wien sind, 220.000 sogar Gemeindewohnungen der Stadt Wien". Es brauche "keinen bundesweiten Mietpreisdeckel als bloßes Wien-Förderprogramm". Bürgermeister Michael Ludwig und die Wiener SPÖ könnten die Erhöhung der Richtwertmieten sofort stoppen, meinte Stocker.

"Eine halbe Million Mieter*innen werden eiskalt im Stich gelassen", kritisierte indes SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zu Mittag auf Twitter. Es sei "ein Trauerspiel", dass sich Türkis-Grün trotz Rekordinflation nicht auf eine Mietpreisbremse einigten.

SPÖ sieht platzen der Einigung als "sozialpolitische Katastrophe"

"Dass ÖVP und Grüne eine bereits kolportiere Einigung über eine Mietpreisbremse platzen lassen und damit zulassen, dass hunderttausende Mieter*innen fast zehn Prozent mehr Miete zahlen müssen, ist eine 'sozialpolitische Katastrophe'", so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in einer ersten Reaktion. Die Folgen: Betrug die Richtwertmiete zum Beispiel einer 80-Quadratmeter-Wohnung in Bregenz im April 2022 784,9 Euro, wird sie ab Mai 2023 - nach zwei Erhöhungen - 903,6 Euro betragen. "Das sind Mehrkosten für die Mieter*innen von 1.423,9 Euro im Jahr - also fast zwei Monatsmieten", rechnete Leichtfried vor.

Die SPÖ beantragt im Nationalrat, die Mietpreiserhöhung bis 2026 auszusetzen und danach die Mieten entlang des Leitzinses der Europäischen Zentralbank anzuheben. Eine entsprechende Fristsetzung wurde aber nur von den Freiheitlichen unterstützt.

"Die Miete ist einer der Preistreiber"

"Die Miete ist einer der Preistreiber, die es den Menschen immer schwieriger macht, ihr Leben zu bestreiten - die Politik kann es sich nicht leisten hier untätig zu bleiben, da muss jetzt gehandelt werden", so ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schuhmann zum Verhandlungsstopp der Regierungsparteien. Das vorläufige Scheitern der Mietpreisbremse sei eine "Katastrophe für mindestens 400.000 Haushalte in Österreich, deren Miete in wenigen Wochen noch einmal deutlich in die Höhe schnellen könnte".

AK-Präsidentin Renate Anderl: " Die Regierung muss jetzt handeln"

"Die Regierung muss jetzt handeln", forderte AK-Präsidentin Renate Anderl. "Es ist jetzt keine Zeit für Streitereien." Die Bundesregierung müsse das sofort angehen und ein Gesetz auf den Weg bringen. "Dass Mietendeckel funktionieren, zeigen Erfahrungen in Europa, zum Beispiel Spanien, Portugal etwa haben die Mieten bei zwei Prozent gedeckelt, Frankreich bei 3,5 Prozent." Es sei "unredlich, aus der finanziellen Zwangslage der Mieterinnen und Mieter politischen Gewinn für andere Gruppen erzielen zu wollen, die finanziell wohl deutlich bessergestellt sind".

"Die unablässigen Mieterhöhungen haben zusammen mit explodierenden Energiepreisen und verteuerten Lebensmitteln viele Menschen in finanzielle Not gebracht", betonte der Präsident der Mietervereinigung Österreichs, Georg Niedermühlbichler. "Wir fordern seit Monaten eine Mietpreisbremse, um Mieterinnen und Mieter endlich zu entlasten", so der MVÖ-Chef in einer Aussendung. "Dass die Mieten wirksam begrenzt werden können, zeigen zahlreiche Länder in Europa vor."

Neben SPÖ meldete sich auch FPÖ zu Wort

Aus der Opposition meldete sich - neben der SPÖ - auch die FPÖ zu Wort: "Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Die ÖVP wollte Mieter niemals vor der Inflation schützen", sagte Bautensprecher NAbg. Philipp Schrangl und bezeichnete die Bundesregierung als "Wohnkostentreiber Nummer eins".

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Regierung weiter uneingig bei der Mietpreisbremse
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen