Regierung verschärft Korruptionsstrafrecht

So wird etwa der Mandatskauf erst mit Angelobung im Nationalrat oder Landtag bzw. Einnahme des Sitzes im EU-Parlament strafbar. Nahezu unverändert passierten die höheren Strafrahmen bei Cybercrime-Delikten sowie die Verlängerung der Möglichkeit zu Videoverhandlungen in Zivil- und Verwaltungsverfahren und für digitale Gesellschafterversammlungen den Ministerrat.
Korruptionsstrafrecht: Mandatskauf im Zentrum der Verschärfung
Im Zentrum der Verschärfung des Korruptionsstrafrechts ab 1. September steht der Mandatskauf: Strafbar wird, wenn man einen Kandidaten mittels einer Zuwendung auf einen günstigen Listenplatz setzen lässt bzw. auch die Person selbst, wenn sie davon weiß und finanziell profitiert. Ausgenommen sind "normale" Parteispenden. In den Parteien, die den Vorteil annehmen, ist der Verantwortliche für die entsprechende Listenerstellung strafbar.
Mandatskauf erst Strafbar nach Angelobung zu Nationalrat/Landtag
Gegenüber dem Begutachtungsentwurf geändert wurde, dass die Strafbarkeit für den Mandatskauf erst dann beginnt, sobald man angelobt wird (Nationalrat/Landtag) bzw. im EU-Parlament seinen Sitz eingenommen hat. Ursprünglich war geplant, die Strafbarkeit bereits mit der Mandatszuteilung beginnen zu lassen. Gelten wird das Verbot bei Wahlen zum Nationalrat, zum Europäischen Parlament und zu den Landtagen, nicht aber zu Gemeinderäten.
Sofort strafbar ist das Versprechen eines Amtsgeschäfts gegen Geld
Sofort strafbar werden Kandidaten, die einen Vorteil (im Normalfall Geld) annehmen und dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Wenn ein Kandidat einen illegalen Vorteil fordert oder sich versprechen lässt, ist das künftig strafbar, sobald er das Amt antritt, unabhängig davon, ob das einschlägige Amtsgeschäft tatsächlich durchgeführt wird. Diese Regelung umfasst alle Personen, die sich in einem Wahlkampf befinden, wie etwa Nationalrats- und Landtagsabgeordnete, aber auch Gemeinderäte sowie Amtsträger, die sich einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren stellen müssen, beispielsweise Sektionschefs.
Definition eines "Kandidaten" wurde geändert
Geändert wurde mit dem Ministerratsbeschluss die Definition des "Kandidaten": Im Begutachtungsentwurf sollte dies "jeder (sein), der sich in einem Wahlkampf, einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren zu einer nicht bloß hypothetisch möglichen Funktion als Amtsträger (...) oder in einer vergleichbaren Position zur Erlangung einer von ihm angestrebten Funktion als oberstes Vollzugsorgan des Bundes oder eines Bundeslandes oder als Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung befindet". Nun soll das Erlangen des angestrebten Amtes nicht "gänzlich unwahrscheinlich sein".
Verschärfung im Korruptinsstrafrecht sei wichtiger Schritt
"Die Verschärfungen im Korruptionsstrafrecht sind ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zu stärken und Korruption einen wirksamen Riegel vorzuschieben", meinte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in einer Aussendung. "Wir können damit noch entschiedener gegen all jene vorgehen, die sich ungerechtfertigten Einfluss auf die Politik erkaufen wollen." Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nannte den "sauberen, integren, fairen und verlässlichen Staat" als Anspruch. "Korruption gehört auf allen Ebenen unterbunden und mit der vollen Härte des Rechtsstaats verfolgt." Kritik kam dagegen von der SPÖ: Gegenüber dem Begutachtungsentwurf sei es sogar noch zu Verschlechterungen gekommen, meinte SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. So sei etwa die Strafbarkeitsfrist für den Mandatskauf noch verkürzt und die Definition eines Kandidaten aufgeweicht worden.
Maßnahmen gegen Cybercrime-Delikte werden verschärft
Verschärft wird außerdem ebenfalls ab 1. September der Strafrahmen für Cybercrime-Delikte: Wer künftig einen Computer hackt, muss mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe rechnen (bisher maximal sechs Monate), für Angriffe auf die kritische Infrastruktur wird die Maximalstrafe auf drei Jahre erhöht - bei einer solchen Begehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung kann es bis zu 5 Jahre geben. Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe werden für den Diebstahl von Telekommunikationsgeheimnissen oder das missbräuchliche Abfangen von Daten angedroht. "Unser Leben verlagert sich immer mehr in den digitalen Raum und auf Smartphones und Tablets liegen oft unsere persönlichsten Daten", so Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) in einer Aussendung. "Daher ist für uns der Schutz des digitalen Raumes ebenso wichtig, wie der Schutz in der realen Welt."
Verlängerung von während der Corona-Pandemie eingeführtem Paket
Verlängert wird mit dem Paket die während der Corona-Pandemie eingeführte Möglichkeit zur digitalen Teilnahme an Verhandlungen in Zivil- und Verwaltungsverfahren. Bei der Entscheidung, ob eine Verhandlung hybrid oder ganz digital stattfinden soll, hat das Gericht bzw. die Behörde bei jedem einzelnen Verhandlungsteilnehmer einzeln zu prüfen, welche Form der Teilnahme sinnvoll ist. Die Digitalmöglichkeit dürfte konkret vor allem bei Sachverständigen oder Dolmetschern zum Einsatz kommen. Nur ausnahmsweise zulässig sein werden Videoverhandlungen in Verfahren mit besonderem Schutzbedürfnis, etwa in Erwachsenenschutzverfahren. Auch bei Verwaltungsstrafsachen sind die Hürden für Videoverhandlungen höher.
Virtuelle oder hybride Versammlungen
Ebenfalls aus der Pandemie "mitgenommen" werden die digitalen Gesellschafterversammlungen: Virtuelle oder hybride Versammlungen sind dann erlaubt, wenn dies in der Satzung oder im Gesellschaftervertrag explizit vorgesehen ist. Neu eingeführt wird bei börsennotierten Aktiengesellschaften, dass künftig bereits eine Aktionärsminderheit von nur fünf Prozent verlangen kann, dass nach einer virtuellen Hauptversammlung die folgende in Präsenz oder hybrid durchgeführt wird.
Sämtliche Maßnahmen sollen noch im Juli im Nationalrat beschlossen werden.
(APA/Red)