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Reformstreit um Stabilitätspakt

Auch nach der Annäherung der Finanzminister der Europäischen Union geht der Streit um eine Reform des Euro-Stabilitätspaktes weiter. Währungshüter und Forscher sind gegen eine Änderung.

Die Bundesbank, das Kreditgewerbe, der Bundesrechnungshof sowie Wirtschaftsforscher warnten am Mittwoch einhellig vor Änderungen oder Neuinterpretationen des Paktes sowie vor einer Lockerung der bisherigen Regeln. Vertreter von Gewerkschaften begrüßten vor einer Anhörung des Bundestag-Finanzausschusses dagegen die Reformdebatte. Sie plädierten allerdings für weitergehende Veränderungen.

Am Dienstag hatten sich die Finanzminister der Europäischen Union auf zentrale Grundsätze bei der Reform des Euro-Stabilitätspakts verständigt. Kern-Bestandteile wie die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes und die Defizit-Strafverfahren bleiben erhalten. Das Ausklammern ganzer Ausgaben von der Berechnung des Defizits ist in der Debatte aber vom Tisch.

Die Reform zu einer flexibleren Anwendung des neun Jahre alten Paktes soll bis zum EU-Gipfel am 22. und 23. März besiegelt werden. Die deutsche Regierung dringt dabei auf einen Kriterienkatalog bei der Beurteilung von Defizitsündern. Dabei könnten Reformen, EU-Nettobeiträge und Ausgaben für wirtschaftliche Impulse berücksichtigt werden.

Die Bundesbank lehnt weiter „Neuinterpretationen“ oder Reformen entschieden ab. Der Pakt „manifestiert das Versprechen der europäischen Regierungen, mit dauerhaft soliden öffentlichen Finanzen zur Stabilität der gemeinsamen Währung beizutragen“, heißt es in der Stellungnahme für den Finanzausschuss. Der Stabilitätspakt sei bereits ausreichend flexibel. Aus Sicht des Rechnungshofes sollte an den „wesentlichen Eckpfeilern“ ohne Abstriche festgehalten werden. Neben der Defizit- und Schuldenstandsquote gehöre dazu auch das mittelfristige Ziel eines nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund ist der Stabilitäts- und Wachstumspakt „in seiner jetzigen Form ein strukturelles Wachstums- und Beschäftigungshindernis für die Eurozone“. Eine positive Auswirkung auf die nationalen Finanzpolitiken sei nicht erkennbar. Das aktuelle Regelwerk stehe einer konjunkturgerechten Ausrichtung der nationalen Finanzpolitiken entgegen. Das Regelwerk sei weder ein richtiger Stabilitäts- noch ein richtiger Wachstumspakt. Eine Überarbeitung sei insofern dringend geboten.

Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hält die Vorschriften des Paktes dagegen nicht für zu starr. Die Reformvorschläge der EU- Kommission seien nur teils geeignet. Sinnvoll sei etwa der Vorschlag, dem Schuldenstand und der langfristigen Tragfähigkeit der Finanzpolitik bei der Etat-Überwachung mehr Bedeutung beizumessen. Dies lasse sich aber ohne rechtliche Änderung verwirklichen. Der Vorschlag, länderspezifische Gegebenheiten bei Defizitverfahren zu beachten, sei dagegen abzulehnen. Dies sei „so vage definiert und damit so stark interpretierbar, dass im Ergebnis die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts außer Kraft gesetzt werden können“.

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