AA

Reformstimmung bei ungarischen Sozialisten

„Unter der Asche glimmt die Glut“, charakterisiert die ungarische Tageszeitung „Nepszsva“ die Stimmung in der regierenden Sozialistischen Partei (MSZP).

Die vor Monaten getroffene Abmachung der „starken Männer“ der Partei, Probleme nicht nach außen zu tragen, hätte nur teils ihr Ziel erreicht. Es würde sich zwar die Mehrheit der sozialistischen Politiker an das zwischen Premier Peter Medgyessy und der Partei geknüpfte Bündnis halten, doch fänden Parlamentspräsidentin und MSZP-Vizevorsitzende Katalin Szili und György Janosi, Vorsitzender des MSZP-Vorstandes, häufig Gelegenheit, ihre „Gegengefühle“ zum Ausdruck zu bringen.

Katalin Szili hatte jüngst in aller Öffentlichkeit erklärt, in der MSZP seien gleichzeitig eine „ideologische, technokratische und Beutepartei“ vorhanden. Laut György Janosi sei bei der Linken jene Politik des „dritten Reisenden außer Atem gekommen“, die in Ungarn durch Premier Peter Medgyessy verkörpert werde. Nach Meinungen aus Parteikreisen gebe es zwar von keine „organisierte Revolution“, doch sei der „Aufruhr“ offensichtlich.

Die Reformstimmung in der MSZP spüre auch Kultusminister Istvan Hiller. Der Vizechef der Partei erinnerte jedoch daran, dass Medgyessy und die MSZP ein Bündnis geschlossen hätten, und er wolle dieses Bündnis nicht brechen. In dessen Sinne sollen parteiinterne Debatten und persönliche Kämpfe bis zum nächsten Parteitag – verschoben auf das Frühjahr 2005 – eingestellt werden.

Spekulationen gibt es weiter um die Person des zukünftigen Parteivorsitzenden. „Nepszava“ will von einem Konsens wissen, wonach sich Laszlo Kovacs vom Posten des Parteichefs verabschieden soll, wobei zunächst die Möglichkeit eines „ehrenvollen Rückzuges“ von Kovacs noch unsicher sei. Eine eventuelle Nominierung des Parteichefs und Außenminister Laszlo Kovacs für das Amt des Staatspräsidenten könnte der MSZP schaden, wenn sie Kovacs ein Jahr vor den Parlamentswahlen vom Stuhl des Parteichefs in den des Staatspräsidenten setzte.

Kovacs hätte aber dann Chancen auf das Amt, wenn er spätestens im Herbst 2004 den Posten des Parteichefs ablege oder die Leitung der MSZP-Liste zu den Europaparlamentswahlen übernehme, so die Innenpolitik verließe und erst zu den ungarischen Präsidentenwahlen im Mai 2005 aus Brüssel und Straßburg nach Budapest zurückkehre. Für den Posten des Parteichefs gebe es vier Kandidaten: Katalin Szili, Istvan Hiller, Fraktionschefin Ildiko Lendvai und Kanzleiminister Peter Kiss, will „Nepszava“ wissen.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Reformstimmung bei ungarischen Sozialisten
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.