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Rechtslage in Österreich unklar: Sind Pokersalons illegal?

Sind Pokersalons in Österreichs nun illegal oder nicht? Es herrscht Unsicherheit.
Sind Pokersalons in Österreichs nun illegal oder nicht? Es herrscht Unsicherheit. ©dpa (Symbolbild)
Mit der Novellierung des Glücksspielgesetzes (GSpG) 2010 wurde Poker ins Glücksspielgesetz aufgenommen, und mit Ende 2012 sind die Übergangsfristen ausgelaufen. Damit sind Pokersalons spätestens seit Jahresbeginn illegal. Trotzdem herrscht Unsicherheit, was die Rechtslage betrifft.

Die in Aussicht gestellte Pokerlizenz hat das Finanzministerium aber noch immer nicht ausgeschrieben. Peter Zanoni, Chef der Concord Card Casinos, denkt aber nicht ans Zusperren. Für ihn klar: Seine vor zwanzig Jahren ausgestellte Gewerbeberechtigung gelte weiterhin. Im BMF selbst ist man sich der Rechtslage auch nicht so ganz sicher, heißt es von Involvierten. Razzien der Finanzpolizei hat es jedenfalls noch keine gegeben. Deren Chef Wilfried Lehner erklärte dies im Ö1-“Morgenjournal” folgendermaßen: Die Finanzpolizei habe “neben dem Bereich des illegalen Glücksspiels auch andere Aufgabenstellungen.” Wo und wann die Beamten ausrücken werden, könne er aus einsatztaktischen Gründen nicht verraten. Auch im “Standard” war Lehner Anfang Jänner vage geblieben: Man werde “laufend Kontrollen” durchführen und wie bisher illegale Glücksspieleinrichtungen beschlagnahmen. Die “Krone” (Dienstag) will aus dem BMF gehört haben, dass es “in Kürze” Razzien geben wird.

Der Grund für die Zurückhaltung dürfte die unklare rechtliche Situation sein. Wenngleich es aus dem zuständigen Finanzstaatssekretariat auf die Frage, ob Pokersalons illegal sind, heute, Mittwoch, zur APA hieß: “Ja, das Betreiben eines Pokersalons ist rechtswidrig.”

Sind Pokersalons erlaubt oder nicht?

Zanoni und auch Verfassungsexperten sehen das anders. Der CCC-Chef beruft sich auf seine Gewerbeberechtigung. Seit nunmehr 1993 habe er eine Berechtigung zum “Halten erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter”, die ausdrücklich für Poker gelte, sagte Zanoni zur APA. Seiner Rechtsmeinung nach ist diese weiterhin in vollem Umfang aufrecht, obwohl Poker jetzt im GSpG geregelt ist. “Wenn der Gesetzgeber Rechte aberkennt, muss er das explizit im Gesetz machen.” Da das mit der GSpG-Novelle 2010 aber nicht geschehen sei, komme die Übergangsfrist nicht zum Tragen.

Ebendiese Übergangsfrist war bereits Anlass für heftige juristische und politische Diskussionen. Eigentlich, so Zanoni, gibt es zwei Übergangsfristen. In der GSpG-Novelle 2008, die im Juli 2010 kundgemacht wurde, habe es geheißen, dass die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erteilten Poker-Gewerbeberechtigungen unbefristet weiterlaufen. Erst mit der – nun einen Monat später kundgemachten – Novelle 2010 sei festgelegt worden, dass die Übergangsfrist bis zur Erteilung einer Pokerlizenz, längstens aber bis 31. Dezember 2012, gelte. “Welche Bestimmung gilt jetzt? Hat die neue die alte ersetzt oder tritt sie der alten hinzu?”, fragt sich Zanoni.

Der Pokercasinosbetreiber beruft sich dabei auf den Verfassungsprofessor Günther Winkler, der 2011 ein umfangreiches Werk zu Poker in der Glücksspielgesetzgebung geschrieben hat und darin mit dem Gesetzgeber ob seiner zahlreichen Griffe in die legistische Trickkiste hart ins Gericht geht.

Kritik am Finanzministerium

Das Finanzministerium muss sich deswegen auch Kritik aus den eigenen Reihen gefallen lassen. ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll meinte im “Morgenjournal” erneut, Pokercasinobetreiber hätten gar keine Möglichkeit gehabt, ihr Geschäft auf legale Beine zu stellen. Was ihn besonders stört: Bei den Casinolizenzen, bei deren Vergabe das Finanzministerium ebenfalls in Verzug ist, hat man kurz vor Jahreswechsel in den Budgetbegleitgesetzen noch einen Passus mit Übergangsfristen eingefügt, um einen drohenden “konzessionslosen Zustand” zu vermeiden. Nicht aber für Pokersalons, was Stummvoll als Ungleichbehandlung gegenüber den Vollcasinos empfindet, wie er damals sagte. Der VP-Mann konnte seine Rechtsansicht aber beim Koalitionspartner nicht durchsetzen.

Gerichte müssen sich jetzt dem Thema widmen

Das Thema Poker wird die Gerichte in Österreich noch länger beschäftigen. Beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist ein Individualantrag Zanonis gegen das Glücksspielgesetz anhängig; hier hatte die Regierung bis vergangene Woche Zeit für ihre Stellungnahme. Auch das Wirtschaftsministerium hat der Chef der 13 CCC-Casinos via Feststellungsantrag befasst: “Wir wollen wissen, ob die Gewerbeberechtigung gültig ist.” Das Ministerium habe die Anfrage an das zuständige Magistrat (MA 63) weitergeleitet, das derzeit prüfe. Darüber hinaus hat Zanoni die Volksanwaltschaft eingeschaltet, die sich in Kürze an das Finanzministerium wenden werde – zwecks “Aufklärung über die Rechtslage als solche”.

Was diese betrifft, hatte Zanoni bereits in der Vergangenheit langen Atem beweisen müssen. Ein Strafverfahren gegen ihn wegen illegalen Glücksspiels (§168 StGB) habe sich über zehn Jahre gezogen. “Dieses Verfahren war dreimal in der Instanz beim Oberlandesgericht, drei Schuldsprüche wurden aufgehoben.” Im vierten Rechtsgang sei er endgültig freigesprochen worden. Im Zuge des Verfahrens habe eine Gerichtssachverständige festgestellt, dass ihn seine Gewerbescheine zum Anbieten von Poker berechtigen. Die Finanz war und ist anderer Meinung. Das ganze Problem hätte Zanoni nicht, hätte das Finanzministerium bereits die neu geschaffene Pokerlizenz ausgeschrieben – und wäre er zum Zug gekommen. Die Vergabemodalitäten sind aber immer noch völlig offen (zum Beispiel: Gilt die Konzession für nur einen Standort oder mehrere?). Wann es so weit sein wird? “Man arbeitet zuerst einmal die anderen Ausschreibungen ab”, also das Casino-“Landpaket” sowie die drei neuen Einzelkonzessionen für Spielbanken in Niederösterreich und Wien, sagte eine Sprecherin des Finanzstaatssekretariats. (APA)

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