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Rechtsextremer Security-Mann hatte Zugang zu BVT-U-Ausschuss

Der Security-Mitarbeiter konnte auch den Aussagen von Auskunftspersonen im BVT-U-Aussschuss folgen.
Der Security-Mitarbeiter konnte auch den Aussagen von Auskunftspersonen im BVT-U-Aussschuss folgen. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Nach der am Wochenende bekannt gewordenen Sicherheitspanne rund um den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) Maßnahmen zur Verschärfung der Kontrollen angeordnet. Sobotka kündigte eigene Überprüfungen der Parlamentsdirektion an, die über die sicherheitsbehördlichen Überprüfungen hinaus gehen sollen.

Im U-Ausschuss zur Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung war in den vergangenen Wochen ein Security-Mitarbeiter der Sicherheitsfirma G4S im Einsatz, der Kontakte in die rechtsextreme Szene und zum Neonazi Gottfried Küssel haben soll. Der Mann hatte demnach Zugang zum Medienraum sowie die Möglichkeit, die Befragung von Zeugen zu verfolgen. Von Ausschussmitgliedern gab es deshalb heftige Kritik, Innenministerium und Parlamentsdirektion schoben sich gegenseitig die Verantwortung für die mangelnde Sicherheitsüberprüfung zu.

“Unergiebiger als eine Google-Suche”

Sobotka ordnete “Sofortmaßnahmen auf verwaltungstechnischer Ebene” an. Nachdem zutage getreten ist, dass die beauftragte Sicherheitsfirma behördliche Sicherheitsüberprüfungen an die Parlamentsdirektion gemeldet hat, wonach im juristischen Sinne sicherheitsbehördliche Zuverlässigkeitsprüfungen stattgefunden haben, werden die Kontrollschleifen gegenüber dieser Firma im Hinblick auf präzise Vertragserfüllung verstärkt, teilte der Nationalratspräsident mit. Unabhängig davon will sich das Parlament künftig nicht allein auf formale Verfahren der Sicherheitsbehörden verlassen. Wenn diese Verfahren im Ergebnis “unergiebiger als eine einfache Google-Suche” seien, könne man damit nicht zufrieden sein.

Keine privaten Securities

Die Parlamentsdirektion werde einen Mechanismus entwickeln, der sich nicht alleine auf sicherheitsbehördliche Betrachtungen reduziert, hieß es aus dem Hohen Haus. Darüber hinaus könnten nach einer noch diese Woche stattfindenden Präsidialsitzung weitere Maßnahmen folgen.

Unterdessen verständigten sich die Fraktionsvorsitzenden des U-Ausschusses darauf, dass im BVT-Untersuchungsausschuss künftig keine privaten Securities bei den Sicherheitskontrollen zum Einsatz kommen sollen. Es sollen ausschließlich Beamte des Innenministeriums mit Sicherheitsstufe 2 eingesetzt werden.

Schon vor Prüfung im Parlament

Der Security-Mann wurde laut “Standard” und “profil” im Parlament schon zur Bewachung eingesetzt, ehe die Zuverlässigkeitsprüfung vorlag. Außerdem war er am Nationalfeiertag zum Schutz von Nationalratspräsident Sobotka im Einsatz. Ein Foto davon nahm das Parlament Montagabend vom Netz, berichtet die “Kleine Zeitung”.

Der Mann, dessen Nähe zu einschlägigen Internet-Kreisen sich in seinen Social Media-Aktivitäten zeigt, war beim “Tag der Offenen Tür” zufällig zum Schutz Sobotkas eingesetzt – als einer von 80 Sicherheitsleuten, wie Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck erläuterte. Dass ein Foto davon am Abend von der Homepage genommen wurde, erklärte er damit, dass “wir Personen, die im Verdacht stehen, rechtsradikales Gedankengut zu vertreten, keine Plattform geben wollen”. Normalerweise lösche man nicht im Nachhinein Beiträge in den Sozialen Medien, betonte Grundböck.

Im Sommer hat der Security offenbar auch den Zugang zum SPÖ-Pavillon am Heldenplatz kontrolliert, Abgeordneter Kai Jan Krainer erinnert sich, ihn öfters angetroffen zu haben.

Schon am 8. Februar 2018 stand der (am 5. Februar eingestellte) Mitarbeiter der Sicherheitsfirma G4S erstmals in entsprechender Adjustierung an eine Parlamentseingang – obwohl die Zuverlässigkeitsprüfung erst veranlasst war. Erst am 27. Februar teilte die Landespolizeidirektion Wien G4S mit, dass im Falle des Genannten “die erforderliche Zuverlässigkeit vorliegt”, berichteten der “Standard” (Dienstag-Ausgabe) und das “profil”.

“Unwiderstehlich Österreich”

Der Skandal wurde indes um eine Facette reicher. Der Mann teilte auf einer rechtsradikalen Facebook-Seite auch einen Beitrag zur Affäre, dessen Inhalt potenziell nicht ohne Brisanz ist. NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper meinte, es sei wohl kein Zufall gewesen, dass der Mann im BVT-Untersuchungsausschuss ein- und ausging. Tatsächlich konnte der Sicherheitsmitarbeiter auch den Zeugenbefragungen problemlos folgen. Denn er war bei mehreren Sitzungen quasi als Aufpasser in den Journalisten-Raum eingeteilt, in den die Aussagen der Auskunftspersonen live übertragen wurden.

Bei der Facebook-Gruppe, in der der Mann hoch aktiv war und noch ist, handelt es sich nach Recherchen der NEOS um eine Formation namens “Unwiderstehlich Österreich”. Der Security-Mann liked dort so gut wie jeden Beitrag, unter anderem eben auch etliche zur BVT-Affäre, darunter einen zur Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Unter Bezug auf “gewöhnlich gut unterrichtete Quellen” wird auf der “Unwiderstehlich”-Seite berichtet, dass der Zugriff auf die Festplatte der Leiterin des Extremismus-Referats kein Zufall gewesen sei: “Jetzt müssen die Funde ausgewertet und der Saustall BVT ausgemistet werden.” Gerade die Untersuchungen bei Referatsleiterin Sibylle G. gelten als besonders heikel, weil bei ihr auch die Unterlagen über die Ermittlungen im rechtsextremen Bereich lagern.

Dieser Beitrag wurde von dem Security-Mann ebenso geliked wie der jüngste Artikel, der sich mit ihm selbst befasst. Da ist dann unter anderem von “Kloaken-Journalisten” die Rede und wie harmlos die Geschichte sei, sei der Mann doch sicherheitsüberprüft gewesen. Missfallen hat dem Sicherheitsmitarbeiter übrigens auch sichtlich, dass die FPÖ das rassistische E-Card-Video von vergangener Woche vom Netz genommen hat.

Skandal im Skandal

“Es gibt ganz offenbar ein rechtsextremes neonazistisches Netzwerk, welches das BVT zutiefst verachtet und dieses sowie in weiterer Folge die Republik Österreich unterwandern möchte”, meint Krisper. Es sei ein Skandal im BVT-Skandal, dass Nachlässigkeiten dazu geführt hätten, dass Abgeordnete und Journalisten von einem Anhänger dieses Netzwerks ausspioniert werden konnten.

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die auch den Vorsitz im BVT-U-Ausschuss führt, zeigte sich über die Sicherheitspanne erschüttert. Gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden forderte sie eine lückenlose Information im Zusammenhang mit dem rund um den Ausschuss eingesetzten rechtsradikalen Security-Mitarbeiter.

Gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden fordert Bures von Nationalratspräsident Sobotka eine lückenlose Information darüber, wie es zur Beschäftigung des Mannes kam und zu welchen Daten dieser Zugang hatte. “Ebenfalls dringend zu klären ist, ob der Mann Zugang zu privaten Daten von Journalisten, Beamten des Parlaments oder sonstigen Mitarbeitern der Fraktionen hatte. Auf externes Personal von privaten Firmen ist im Zusammenhang mit dem BVT-Untersuchungsausschuss keinesfalls mehr zurückzugreifen”, so Bures.

Kickl spielt Ball zurück

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) schoss in dem Streit den Ball an das Parlament zurück. Die Sicherheitsüberprüfung des Security-Mitarbeiters habe deswegen nicht stattgefunden, weil kein Antrag gestellt wurde, antwortete Kickl auf eine entsprechende Frage der APA am Montag vor Medien in Wien.

Hätte das Parlament einen Antrag auf Sicherheitsüberprüfung gestellt, wäre das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) “dem natürlich nachgekommen”. Voraussetzung dafür wäre allerdings ein entsprechenden Antrag gewesen. Der Minister verwies auch darauf, dass die stattgefundene Zuverlässigkeitsüberprüfung des Mannes etwas anderes war als eine Sicherheitsüberprüfung.

Grundböck weist die Kritik von Innenminister Kickl zurück. Er gehe nicht davon aus, dass Kickls Aussagen ihm gegolten hätten. “Ich fühle mich eigentlich persönlich nicht angesprochen davon. Ich halte das für eine Fehlinterpretation in der journalistischen Recherche”, sagte Grundböck zur APA.

(APA)

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