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Rebellen erschießen eine Moskauer Geisel

Die tschetschenischen Rebellen haben am Donnerstagnachmittag eine ihrer mehr als 400 Geiseln erschossen. Chronologie

Nach der Erstürmung des Moskauer Musical-Theaters haben die tschetschenischen Rebellen eine ihrer mehr als 400 Geiseln erschossen. Nach russischen Medienberichten fiel der tödliche Schuss offenbar in den ersten Stunden der Geiselnahme, für die sich am Donnerstag trotz intensiver Verhandlungen noch kein Ende abgezeichnet hat. Am Abend wurden die Geiseln nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit getrennt. Männer und Frauen seien in verschiedene Räume eingeschlossen worden, teilte eine Quelle im Krisenstab mit. Ukrainer und andere Ausländer seien von den Russen abgesondert worden, meldete die Agentur Interfax nach diesen Angaben. Durch die Trennung wollten die Terroristen offenbar die Kontrolle über die Geiseln in dem Musical-Theater verbessern und einem möglichen Sturm des Gebäudes vorbeugen.

Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte die Unversehrtheit der Geiseln zum obersten Ziel der Sicherheitskräfte und sagte wegen der kritischen Lage eine Reise nach Mexiko ab. Nach Verhandlungen mit dem tschetschenischen Kommando begab sich die liberale Abgeordnete Irina Chakameda am Donnerstag nachmittag in den Kreml, um der Regierung über ihre Gespräche zu berichten. Nach ihren Angaben sind die Rebellen bereit, ausländische Ärzte zu denjenigen Geiseln zu lassen, die medizinische Hilfe brauchen. Der zusammen mit Chakameda zu den Vermittlern gehörende Abgeordnete Josif Kobson sagte der Nachrichtenagentur Interfax, die Rebellen seien zur Freilassung von weiteren 50 Geiseln bereit, falls sich der von Moskau ernannte Regierungschef für Tschetschenien, Achmad Kadyrow, in ihre Gewalt begebe. Die Geiselnehmer hätten ausserdem ihre Forderung nach einem Abzug der russischen Truppen und einem Ende des Kriegs in Tschetschenien bekräftigt.

Kurz nach dem Eintreffen der vier Vermittler konnten ein älterer Brite, eine Frau und drei Kinder das Theater im Südosten der russischen Hauptstadt verlassen. Schon bald nach dem Überfall am Mittwochabend hatten die Rebellen etwa 100 Frauen und Kinder freigelassen. Unter den mehr als 400 Gefangenen sind nach Angaben der russischen Behörden auch drei Deutsche, zwei Briten, zwei US-Bürger und ein Niederländer. „Die Geiseln sind kurz vor einem Nervenzusammenbruch“, sagte eine der Gefangenen, Maria Schkolnikowa, über Mobiltelefon dem Radiosender „Echo Moskau“. Für eine so grosse Zahl von Menschen gebe es nicht genügend Wasser und Nahrungsmittel.

Die etwa 40 Rebellen drohen mit der Sprengung des Gebäudes, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden. In der Umgebung wurden Truppen des Innenministeriums und Scharfschützen in Stellung gebracht.

In dem Theater wurde am Donnerstag abend das populäre Musical „Nordost“ aufgeführt. Die Rebellen stürmten das Gebäude zu Beginn des zweiten Aktes und erklärten Zuschauer, Darsteller und Bühnenmitarbeiter zu Gefangenen. Beim Anführer des Kommandos soll es sich um Mowsar Barajew handeln, einen Neffe des im vergangenen Jahr getöteten Rebellenführers Arbi Barajew.

Der Duma-Abgeordnete Juli Rybakow sagte, die Geiselnehmer hätten automatische Waffen und Handgranaten, trügen Sprengstoffgürtel am Körper sowie Minen und Benzinkanister. Eine Geisel berichtete, die Kidnapper hätten Sprengstoff an Stühlen, Säulen, Wänden und in Gängen angebracht.

Bundeskanzler Gerhard Schröder brachte in einem Schreiben an Putin seiner Bestürzung über die Ereignisse in Moskau zum Ausdruck. Seine Gedanken seien bei den Betroffenen, schrieb Schröder. Er hoffe auf ein rasches und friedliches Ende der Geiselnahme.

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