Erste Gespräche des Chefs des rechtsgerichteten Likud-Blocks mit der Chefin der gemäßigteren Kadima-Partei, Tzipi Livni, und dem Vorsitzenden der Arbeiterpartei, Ehud Barak, brachten kein Ergebnis. Beide bekundeten nach Medienberichten vom Montag ihre Absicht, in die Opposition zu gehen. Die Europäische Union verlangt, dass die künftige Regierung in Jerusalem an einer Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern festhält. Davon und von einem Ende der israelischen Siedlungspolitik macht die palästinensische Führung weitere Friedensverhandlungen abhängig. US-Außenministerin Hillary Clinton wird nach palästinensischen Angaben in der kommenden Woche die nahöstliche Krisenregion besuchen.
Nach seinen Sondierungsgesprächen mit Livni und Barak sagte Netanyahu, er wolle die Versuche, eine breite Regierung zusammenzustellen, noch nicht aufgeben. Er plane weitere Gespräche mit Barak, dem bisherigen Verteidigungsminister, und der scheidenden Außenministerin Livni. Diese sagte, es gebe “keinerlei Übereinstimmung” mit Netanyahu hinsichtlich einer Zwei-Staaten-Lösung und der Kernstreitfragen mit den Palästinensern. Netanyahu ist nach seinen Wahlkampfaussagen nicht gewillt, das seit 1967 besetzte Westjordanland zu räumen. Er hat vielmehr einen Ausbau der dortigen israelischen Siedlungen angekündigt. “In einer solchen Regierung habe ich nichts zu suchen”, betonte Livni. Andere Kadima-Politiker wie Parlamentspräsidentin Dalia Itzik forderten dagegen eine Regierungsbeteiligung ihrer Partei.
Netanyahu hat von Staatspräsident Shimon Peres den Auftrag erhalten, die Regierung zu bilden, obwohl Kadima in der neuen Knesset mit 28 Abgeordneten ein Mandat mehr besitzt als Likud. Der Likud-Block stellt aber zusammen mit ultrarechten und religiösen Parteien 65 der 120 Abgeordneten. Allerdings bestehen zwischen den säkular orientierten Rechtsextremen um Avigdor Lieberman und den Religiösen unüberbrückbare Differenzen. Von einer Regierung unter Einschluss von Kadima und Arbeiterpartei erwartet sich der Likud-Chef, der bereits von 1996 bis 1999 Premier gewesen war, eine bessere Zusammenarbeit mit der US-Regierung von Präsident Barack Obama. Netanyahus Mandat für die Kabinettsbildung endet am 20. März und kann gegebenenfalls bis zum 3. April verlängert werden.
Die Europäische Union hat Netanyahu unmissverständlich zur Fortsetzung des Friedensprozesses aufgerufen. Beim EU-Treffen in Brüssel sagte Schwedens Außenminister Carl Bildt, die Vorstellungen einiger rechtsgerichteter Parteien seien “unvereinbar mit den im Friedensprozess bisher gemachten Zusagen”. “Es ist wichtig, dass wir ein klares Signal senden, dass dies nicht akzeptiert würde.” Netanyahu will die Ende 2007 auf Betreiben des damaligen US-Präsidenten George W. Bush aufgenommenen Verhandlungen einfrieren, um stattdessen einen “Wirtschaftsfrieden” zu suchen. Lieberman, der Chef der ultrarechten Partei “Israel Beitenu”, die in den allgemeinen Wahlen vom 10. Februar spektakulär gestärkt worden ist, trat mit fanatisch antiarabischen Aussagen und auch mit einer Absage an den neuen US-Sondergesandten für den Nahen Osten, George Mitchell, hervor. Ex-Senator Mitchell hatte 2001 als Vorsitzender einer internationalen Kommission einen israelischen Siedlungsstopp gefordert.
Mitchell wird am Freitag kurz vor Clinton in Ramallah erwartet, wie der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat mitteilte. Präsident Mahmoud Abbas werde dabei die USA wissen lassen, dass er die israelische Regierung nicht mehr als Partner ansehen werde, sollte diese nicht bereit sein, die geschlossenen Abkommen zu respektieren und eine Zwei-Staaten-Lösung sowie das Ende der Siedlungspolitik im Westjordanland mitzutragen.
Nach seiner Kritik am scheidenden israelischen Premier Ehud Olmert ist der Regierungsunterhändler für die Gespräche über einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen, Amos Gilad, von seinem Amt entbunden worden. Gilad hatte in einem Interview Olmerts Entscheidung kritisiert, einen Waffenstillstand mit der radikalen Palästinenserorganisation Hamas sowie die Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen von der Freilassung des 2006 entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit abhängig zu machen. Außerdem warf er den Mitarbeitern des Regierungschefs vor, Ägypten mit ihren Forderungen zu “beleidigen”. Gilads Hauptverhandlungspartner war der ägyptische Geheimdienstchef General Omar Suleiman. Die Hamas macht die Freilassung Shalits von jener von mehreren Hundert palästinensischen Gefangenen abhängig. Die Hamas und die Fatah von Abbas wollen am Mittwoch in Ägypten Versöhnungsgespräche aufnehmen. Diese sind Teil eines Drei-Punkte-Plans, mit dem Ägypten den Konflikt im Gazastreifen beilegen will.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgefordert, ein sofortiges und vollständiges Waffenembargo gegen Israel und die Hamas zu verhängen. In einer am Montag in London veröffentlichten AI-Erklärung hieß es, sowohl Israel als auch die radikale islamische Palästinenserorganisation hätten während ihres militärischen Konflikts im Jänner Kriegsverbrechen begangen. Bei der dreiwöchigen israelischen Militäroffensive wurden nach UN-Angaben mehr als 1300 Palästinenser getötet und über 5000 weitere verwundet. Auf israelischer Seite gab es 13 Tote zu beklagen. AI liegen nach eigenen Angaben Beweise vor, dass beide Seiten aus dem Ausland stammende Waffen gegen Zivilisten eingesetzt haben.