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Rauch nimmt Ärztekammer weiter aufs Korn

Johannes Rauch legt in seiner Kritik an die Ärtzekammer weiter nach.
Johannes Rauch legt in seiner Kritik an die Ärtzekammer weiter nach. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) nimmt die Ärztekammer weiter aufs Korn und legt in seiner Kritik nach.
Ärztekammer für Stornogebühr bei nicht abgesagten Arztterminen

Nachdem er sich zuletzt am Vetorecht der Standesvertretung gegen Primärversorgungseinheiten (PVE) gestoßen hatte, attestierte er der Kammer am Freitag im Ö1-Interview, generell über zu viel Macht zu verfügen. Kritik kam auch von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Arbeitnehmer-Obmann Andreas Huss wartete mit einer ganzen Liste an Verhinderungsbeispielen durch die Ärztekammer auf. Diese wies die Kritik zurück.

Rauch: Ärztekammer ist wichtiger Vertreter der Interessen der Ärzteschaft

"Die Ärztekammer ist ein im wahrsten Sinne des Wortes gewichtiger Vertreter der Interessen, nämlich der Interessen der Ärzteschaft", sagte Rauch: "Da geht es sehr viel um bewahren und nicht so sehr um eine zukunftsfähige Gestaltung." Angesprochen auf den Vorstoß des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ), der die Kompetenz der Kammer für den ärztlichen Not- und Bereitschaftsdienst infrage gestellt hatte, hoffte der Minister zwar noch auf Reformbereitschaft. Allerdings: "Wenn es dann nicht funktioniert und keinerlei Bereitschaft besteht, zu Reformen zu kommen, dann wird man sich überlegen müssen, wie bringt man einzelne Vertragspartner dazu, diesen Dinge auch nachzukommen."

Ärztekammer: Rauch legt in seiner Kritik nach

Generell gehe es ihm darum, Sozialversicherung, Bundesländer Bund, Finanzministerium, Ärztekammer und auch andere Interessensvertretungen gemeinsam dazu zu bekommen, die Situation von Patientinnen und Patienten zu verbessern, so Rauch: "In meinen Augen muss einfach langfristig sichergestellt sein, dass es für alle Menschen in Österreich einen gleichberechtigten, guten Zugang zum Gesundheitssystem gibt."

Er appellierte dafür, die Zeit der für heuer anberaumten Finanzausgleichsverhandlungen zu nutzen, um notwendige Reformen gemeinsam zustande zu bringen. "Wenn wir da scheitern, dann bleibt für fünf Jahre alles wie es ist", sagte der Minister: "Und ich meine, es kann nicht fünf Jahre alles bleiben, wie es ist, weil dann wird es am Ende noch teurer werden, noch ineffizienter werden und die Probleme werden sich verschärfen. Und dass wir Probleme haben im Gesundheitssystem, das ist evident."

Huss: Negativbeispiele aus Zusammenarbeit mit der Ärztekammer

Kassenobmann Huss führte in einer Aussendung Negativbeispiele aus der Zusammenarbeit mit der Ärztekammer an. So verhindere die Standesvertretung den Ausbau der kindermedizinischen Ambulatorien in Wien, obwohl es Errichtungsbewilligungen gebe, und wehre sich gegen alternative Versorgungsformen wie Ambulatorien oder Kooperationen mit Krankenhäusern, auch wenn dortige Kassenstellen längere Zeit nicht besetzt werden könnten.

Huss: Ärztekammer nutzt Vetorechte

"Die Ärztekammer nutzt hier ihre Vetorechte, um eine Angebots- und Nachfrage-Schieflage zu erzeugen und diese zu ihrem Vorteil zu nutzen", kritisierte Huss: "Hohe Nachfrage und niedriges Angebot führt zu höheren Honoraren, so die Strategie. Das erschwert es uns, die gute Versorgung für alle aufrecht zu erhalten." Natürlich könne sich Kammer ausschließlich auf die Vertretung der Interessen der Ärzte zurückziehen und jegliche Versorgungsverantwortung von sich weisen: "Dann aber bitte ohne irgendwelche Vetorechte."

Ralph Schallmeiner, Gesundheitssprecher der Grünen, pflichtete der Kritik bei. "Statt konstruktiv an der Verbesserung der Patient:innen-Versorgung mitzuwirken, kommt bei fast allen wichtigen Themen immer nur ein 'Nein' aus der Weihburggasse (dem Standort der Ärztekammer in Wen, Anm.). Eine Haltung, die auch viele Mediziner:innen im persönlichen Gespräch nicht mehr nachvollziehen können", meinte er in einer Aussendung.

Ärztekammer-Präsident wies Kritik zurück

Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart wies die Kritik zurück. "Der Ärztekammer ein Betonierer-Image anzudichten, ist unfair und faktisch nicht haltbar", meinte er in einer Aussendung. In Wien sei erst vor wenigen Tagen die zehnte Primärversorgungseinheit eröffnet worden, bis Mitte des Jahres seien fünf weitere geplant, "da kann man uns sicher keine Verweigerungshaltung vorwerfen". Auch dass die Ärztekammern die Besetzung von Kassenstellen verhindern würden, um anderen Ärztinnen und Ärzten Konkurrenzdruck zu ersparen, wies er zurück.

FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak erkannte in Rauchs Äußerungen das Eingeständnis von drei Jahren Untätigkeit grüner Gesundheitsminister. Die medizinische Versorgung sei am Altar der Coronamaßnahmen geopfert worden, meinte er. Sein SPÖ-Gegenüber Philip Kucher ortete die Zerschlagung der Gebietskrankenkassen als Ursache für Verschlechterungen. Aus seiner Sicht muss die Mehrklassenmedizin zurückgedrängt werden. Pflegepersonal und Apotheker will Kucher stärker in die Versorgung einbinden, es müssten aber auch die Medizinstudienplätze verdoppelt werden.

(APA/Red)

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