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Rassistische Amtshandlung: Polizisten freigesprochen

Am Mittwoch sind drei Polizeibeamte am Wiener Straflandesgericht vom Vorwurf freigesprochen worden, einen 36-jährigen Schwarzafrikaner in einem Wachzimmer in Wien-Neubau einer rassistischen Amtshandlung unterzogen zu haben.
Polizisten sollen Nigerianer erniedrigt haben
Der Nigerianer hatte behauptet, er wäre nach einer Einvernahme als Zeuge aufgefordert worden, sich zu entkleiden, wobei ihm ein Polizist die Hosen hinabgezogen und sich rassistisch über sein Geschlechtsteil geäußert habe. Die Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Im vorliegenden Fall haben wir dermaßen massive Zweifel, dass wir nicht mit Sicherheit feststellen können, dass der angeklagte Amtsmissbrauch begangen worden ist“, stellte Richterin Martina Spreitzer-Kropiunik nach einem ausführlichen, zweitägigen Beweisverfahren fest.

Gericht zweifelte an Glaubwürdigkeit des Nigerianers

Das Gericht zog vor allem die Glaubwürdigkeit des gebürtigen Nigerianers in Zweifel, der im Verlauf des Verfahrens seine Angaben zusehends verschärft hatte. Ursprünglich hatte er angegeben, er habe sich ausziehen müssen, weil man ihn auf Drogen durchsuchen wollte. Im Zeugenstand behauptete er nun sinngemäß, ihm wären die Kleider regelrecht vom Leib gerissen worden. Ein Beamter habe ihm darüber hinaus mehrfach mit dem Finger den Anus penetriert und seinen Penis betastet, erzählte der 36-Jährige am Mittwoch erstmals.

Das kann so nicht gewesen sein. Es ist nicht plausibel, weshalb der Zeuge dies in seinen vorangegangen Befragungen vergessen haben sollte. Das ist völlig unglaubwürdig“, erklärte die Senatsvorsitzende.

Vorgeschichte zur vermeintlich rassistischen Amtshandlung

Der Nigerianer war am 8. Jänner 2010 gemeinsam mit einem Landsmann in der Straßenbahn rassistisch beschimpft und mit einem Messer bedroht worden. Andere Fahrgäste verständigten die Polizei, die die beiden Schwarzafrikaner als zeugen befragten.

Dort nahm ein Beamter Marihuanageruch wahr. Außerdem erkannte er im 36-jährigen Afrikaner jenen Mann wieder, der in einem einschlägig bekannten Szene-Lokal als DJ tätig war. Auch dessen auffällig nervöser Begleiter war ihm von diesem Lokal her bekannt. Folglich untersuchte der Polizist zunächst die Oberbekleidung des Begleiters und stellte in dessen Hosentasche ein Päckchen mit sechs Gramm Cannabis sicher.

“Wie ein Verbrecher behandelt”

Der gebürtige Nigerianer behauptete demgegenüber, er wäre von der Polizei von Anfang an “wie ein Verbrecher” behandelt worden. Der Beamte, der ihn aufs Wachzimmer brachte, habe seinen österreichischen Führerschein nicht als Legitimationsnachweis geltenlassen, sondern befunden, dies wäre “kein Ausweis für Schwarze, weil Österreich keine Grenze mit Afrika hat”. Er sei danach regelrecht abgeführt und gewaltsam aufs Kommissariat gebracht worden. Diese Szene konnten zwei unbeteiligte Zeugen, die das Gericht am Mittwoch befragte, allerdings nicht bestätigen.

Provokation bei Durchsuchung

Auf der Wachstube habe man eine nach dem Sicherheitspolizeigesetz zulässige Durchsuchung durchführen wollen, lautete die Verantwortung des Zweitangeklagten. Diese habe “zur Gefahrenabwehr” gedient, “der Herr war darüber natürlich nicht sehr erfreut”. Dessen ungeachtet habe sich der Mann auszuziehen begonnen: “Ich persönlich hatte den Eindruck, dass es nicht seine erste Personenkontrolle gewesen ist. Er hat sein T-Shirt provokant auf den Tisch geworfen. Es hat ihn niemand aufgefordert, dass er sich komplett nackt auszieht.” Trotzdem habe der Mann sogar noch für einen Augenblick seine Unterhose hinuntergeschoben.

Richterin zeigte Verständins für Erinnerungslücken

Auch diese Aussage war völlig neu, der Beamte hatte unmittelbar nach dem Vorfall erklärt, der Nigerianer wäre zum Ablegen der Kleidung aufgefordert worden. Für diesen Widerspruch zeigte die vorsitzende Richterin Verständnis: Diese Befragung habe nicht nach den Richtlinien der StPO, sondern “in einem Kammerl im Personalbüro der Polizei” stattgefunden. Dem Beamten sei keine Zeit gegeben worden, sich auf seine Aussage vorzubereiten. Er habe weiters keine Rechtsbelehrung erhalten. “Da kann es vorkommen, dass man sich im Nachhinein erinnert, dass das, was man unter diesen Umständen ausgesagt hat, vielleicht anders war.”
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