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Rassismus gegenüber Muslimen: Zahl der Meldungen erneut gestiegen

Der Großteil der Berichte kam aus Wien.
Der Großteil der Berichte kam aus Wien. ©APA/DPA/BERND THISSEN
Im vergangenen Jahr sind die Meldungen zu rassistischen Aktionen um fast drei Viertel angestiegen. Insgesamt sollen es 540 Vorfälle gewesen sein, die meisten wurden in Wien gemeldet.

Die Meldungen zu rassistischen Aktionen gegen Muslime sind im vergangenen Jahr um fast drei Viertel angestiegen. Die Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit berichtete am Dienstag 540 Vorfällen. Die Bandbreite reicht von Beschmierungen über Beschimpfungen bis hin zu körperlichen Attacken und Diskriminierung im Job. Auch Politiker wurden dabei nicht ausgenommen.

Antimuslimischer Rassismus: Zahl der Meldungen erneut gestiegen

Zum bereits vierten Mal veröffentlichte die Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus ihren Report. Die Steigerung der gemeldeten Fälle von 309 im Jahr 2017 auf 540 erklären sich die Verantwortlichen auch mit dem mittlerweile höheren Bekanntheitsgrad ihrer Organisation und der Zusammenarbeit mit der Organisation ZARA – Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit.

Der größte Teil der im vergangenen Jahr registrierten Fälle betrifft Hate Speech, also sprachliche Verunglimpfungen oder Verhetzung mit fast der Hälfte (46 Prozent). In 89 Fällen (17 Prozent) wurden Beschmierungen gemeldet, 76 Mal verbale Angriffe gegen Muslime (14 Prozent). Diskriminierungen wurden 34 Mal wahrgenommen, Hate Crime, also tatsächliche rassistische Straftaten elf Mal (zwei Prozent).

Auffallend ist laut Dokustelle ein starker Anstieg bei Beschmierungen. Zum ersten Mal wurde auch ein deutliche Zunahme von gemeldeten Fällen, bei denen Männer betroffen waren: Waren es 2017 noch zwei Prozent, stieg der Anteil nun auf 17 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Übergriffe ereignete sich im Internet, 31 Prozent im öffentlichen Raum. Der Großteil der Berichte kam aus Wien – auch aufgrund des Sitzes der Dokustelle in der Bundeshauptstadt.

Dokumentarstelle: Kritik an Politikern

Kritik übten die Verantwortlichen der Dokustelle auch an Politikern. So nehme man immer öfter eine Vermengung der Begriffe islamisch und islamistisch wahr, so Elif Adam, die am Bericht mitgearbeitet hat. Ezwa in der politischen Diskussion über vorwiegend von Muslimen besuchte Kindergärten. Eine Moscheengemeinde habe zudem einen Brief der österreichischen Justiz erhalten – adressiert mit “”Islamistische Glaubensgemeinschaft”.

In bestimmten Monaten registrierte die Dokustelle auch Spitzen bei den Meldungen. Etwa im Jänner, als rassistische Kommentare ein muslimisches Neujahrsbaby betrafen. Im März wiederum wurden etwa mehrere Studien zu Muslimen veröffentlicht, was ebenfalls einen Anstieg von Hass-Kommentaren erklären könnte. Eine weitere Steigerung gab es im November, als die FPÖ ein Video zur E-Card mit rassistischen Stereotypen veröffentlichte.

Rassismus gegen Muslime – Attacken aller Art

Immer öfter werden Attacken aller Art auf Muslime in Österreich gemeldet. Der am Dienstag präsentierte Report der Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus berichtet über insgesamt 540 Fälle im Jahr 2018. Ein Auszug:

VERBALE ANGRIFFE:

Eine muslimische Frau übte den Helferschein in einem öffentlichen Wiener Schwimmbad aus. Eine ältere Frau bezeichnet ihren Burkini als “unhygienisch” und beschimpft sie als “Dreckschwein” und “Kopftuchhure”. Als der Bademeister die Muslima verteidigt, attackiert die Dame auch muslimische Kinder. Als die Polizei eintrifft, ist diese bereits weg.

Beim Picknick dreier Freundinnen lässt der Sohn einer Frau eine Serviette unabsichtlich fallen. Ein älterer Herr kommentiert dies abfällig und fotografiert die Gruppe mit seinem Handy. Als die Mutter des Kindes den Mann auffordert, dies zu unterlassen, beschimpft sie der Mann und meint: “Hier habt ihr nichts zu suchen.”

DISKRIMINIERUNG:

Eine Security-Mitarbeiterin wird zum Bahnhofsdienst in Niederösterreich eingeteilt. In einer SMS an alle Supervisoren heißt es daraufhin: “Bitte keine Schwarzen und keine mit Kopftuch schicken.” Daraufhin wird die Muslima von ihrem Vorgesetzten von diesem Dienst wieder abgezogen.

Bei einem Vorstellungsgespräch in einem Unternehmen erfährt eine Bewerberin vom Geschäftsführer, dass sie nicht in das Bild des Unternehmen passe. Als die Muslima antwortet, sie sei bereits zehn Jahre in Österreich lebe, meint ihr Gegenüber, dass sie dafür sehr schlecht Deutsch spreche “und eure Frauen und eure Männer müssen sich bemühen und müssen sich weiterbilden”.

HATE CRIME:

In einer U-Bahn-Station wird eine Muslimin von zwei Männern und einer Frau beschimpft und beleidigt. Eine Passantin, die sich verteidigend einschaltet, wird ebenfalls attackiert: Sie wird bedrängt und ihr wird die Brille aus dem Gesicht geschlagen, sodass diese zerbricht.

Eine Familie in Graz wird von ihrem Nachbarn über Jahre hinweg beschimpft und bedroht. Dabei kommt es zu mehreren Anzeigen, auch wegen gefährlicher Morddrohung. Nachdem es keine Konsequenzen für den Nachbarn gibt, fühlt sich die Familie unsicher und zieht weg.

HATE SPEECH:

In einem Wiener Linienbus wird ein syrischer Flüchtling von einer Frau als Kinderschänder beschimpft. Zur Tochter einer zufällig anwesenden Dame meint sie: “Sie gehören vergast!” Der Busfahrer und die Passagier handeln sofort, die Angreiferin muss den Bus verlassen.

SONSTIGES:

Eine sichtbare Muslima ist mit ihrem Kind auf dem Weg in den Kindergarten. Eine Frau, die mit ihrem Hund unterwegs ist, sieht die beiden, geht auf sie zu und lässt die Leine des Hundes locker. Das Tier rennt auf die beiden zu und bellt sie lautstark an. Erst nach einiger Zeit zieht die Frau die Leine wieder zurück.

(APA/Red)

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