Der rasante Anstieg des Goldpreises um rund ein Drittel seit 2001 lässt die Arbeiter die Gefahren übersehen.
“Natürlich bin ich beunruhigt”, sagt der 23-jährige Handoko in Zentralkalimantan auf der indonesischen Insel Borneo, “aber das ist halt der Job.” Dabei steht der Goldwäscher bis zum Bauch in einem verseuchten Teich, taucht eine Kappe Quecksilber in einen Kübel mit goldhaltiger Flüssigkeit und rührt das Ganze mit der bloßen Hand um. Das schimmernde flüssige Metall umschließt das Gold und formt damit einen silberfarbenen Klumpen so groß wie eine Murmel.
Während die großen Gesellschaften längst dazu übergegangen sind, statt des schon von den Römern zum Gold- und Silberabbau benutzten Nervengifts andere Chemikalien zu verwenden, ist Quecksilber bei den armen Goldschürfern sehr beliebt. Denn es ist einfach anzuwenden, schnell und billig.
Dabei verseucht es nicht nur die Arbeiter selbst. “Der Einsatz von Quecksilber beim Goldschürfen bedroht Millionen Menschen auf der ganzen Welt, weil der Stoff weltweit die Luft verschmutzt”, sagt Michael Bender von der Null Quecksilber Arbeitsgemeinschaft, einem Zusammenschluss von weltweit 40 Gruppen. Das Nervengift gelangt über die Atmosphäre in weit entfernte Regionen, lagert sich in Ozeanen und Flüssen auch in Nordamerika und Europa ab und gelangt über die Nahrungskette in Fische, die wiederum von Menschen verzehrt werden.
Die Vereinten Nationen haben rund sieben Millionen US-Dollar in insgesamt sechs Ländern, darunter auch Indonesien, für die Aufklärung über die Gefahren des Quecksilbers beim Goldschürfen ausgegeben. Die Europäische Union hat beschlossen, ab 2011 kein Quecksilber mehr zu exportieren. Und George W. Bush, damals noch US-Präsident, unterschrieb im Oktober ein von seinem jetzigen Nachfolger Barack Obama eingebrachtes Export-Verbot ab 2013.
In Indonesien, das im Verbrauch von Quecksilber zum Goldschürfen nach China weltweit an zweiter Stelle rangiert, ist dieser Einsatz des Nervengifts eigentlich seit drei Jahren verboten. Seitdem hat sich der Preis für das flüssige Metall zwar verdoppelt. Aber in den Goldgräberregionen, die zum Teil aussehen wie Mondlandschaften ohne Bäume und mit vereinzelten quecksilbrig glänzenden Seen, ist es immer noch leicht zu bekommen.
Der internationale Quecksilber-Handel ist in den vergangenen fünf bis zehn Jahren immer undurchsichtiger geworden, wie der Brüsseler Experte Peter Maxson erklärt: “Die Gesellschaften, die mit dem Stoff handeln, äußern sich nicht gegenüber ihren Kunden und schon gar nicht gegenüber den Endverbrauchern.” Und den meisten der 55 Länder, in denen geschätzte zehn bis 15 Millionen Arbeiter in kleinen Minen nach Gold schürfen, fehlen der politische Wille oder die Mittel, den Handel einzudämmen.
Während die Händler Quecksilber früher aus Spanien, Algerien, China und Kirgistan bezogen, sind laut UN heute die meisten dieser Minen geschlossen, und China beliefert nur noch den eigenen Markt. Das flüssige Metall, das heute auf dem Markt ist, kommt also entweder aus Restbeständen dieser aufgegebenen Minen oder aus der Wiederaufarbeitung von Glühbirnen, Batterien oder Industrieabfällen in Europa oder Nordamerika. Ein Großteil davon gelangt auf verschlungenen Wegen auf den Schwarzmarkt und von dort zu den Goldschürfern.
Dass die Arbeiter das Quecksilber trotz Verboten oder Aufklärung immer noch verwenden, liegt daran, dass es langsam und leise tötet. “Manchmal bekomme ich das Gold und Quecksilber in meinen Mund”, sagt Sumardianto, ein 36-jähriger Mann, der schon seit rund zwölf Jahren nach Gold schürft. “Mir geht es gut. Ich mache mir keine Gedanken über das Quecksilber.” Manche Arbeiter haben sich das flüssige Metall nach einem UN-Bericht sogar auf die Haut geschmiert, in der irrigen Annahme, dass es sie stärken würde.
Wie viele Menschen tatsächlich an dem hochgiftigen Stoff gestorben oder durch ihn schwer behindert wurden, kann niemand genau sagen. Aber Untersuchungen an Goldschürfern in Indonesien, den Philippinen, Kolumbien, Guyana, Simbabwe, Tansania und Brasilien haben laut UN Quecksilberkonzentrationen gezeigt, die die Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation um das bis zu 50-Fache überschritten. Symptome wie verminderte motorische Fähigkeiten, Mattheit und Gewichtsverlust sind nach dem 2006 erstellten Bericht an Goldminen alltäglich.