Putin hat ein Chip-Problem - Armee von West-Technik abhängig

Laut einem Bericht der Bild wurden rund 1,1 Millionen geheime Dokumente der russischen IT-Firma NPO VS ausgewertet.
Westliche Mikrochips in russischen Waffensystemen
Diese Unterlagen, darunter E-Mails, Verträge und Präsentationen, zeigen, dass westliche Mikrochips, insbesondere von US-Herstellern wie Intel, AMD und Nvidia, in russischen Raketen, Drohnen und anderen Waffensystemen verbaut sind. Die Abhängigkeit von diesen Komponenten wird in den Dokumenten als kritisch eingestuft.
Nach dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 haben westliche Länder umfassende Sanktionen gegen Russland verhängt, die auch den Export von Hochtechnologieprodukten betreffen. Dennoch gelingt es Russland offenbar, über Umwege weiterhin an diese Chips zu gelangen. Laut einem Bericht von TechSpot vom 25. Mai 2025 zeigen offizielle russische Zolldaten einen drastischen Rückgang der Importe von Intel-CPUs um 95 Prozent und von AMD-CPUs um 81 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Trotzdem berichten russische Unternehmen wie Lotos Group und Rikor von steigenden Prozessorlieferungen, was auf Umgehungsstrategien hindeutet.
China als "potentielles Feindesland"
In einem vierseitigen Dossier aus dem März 2022 schrieb ein russischer Rüstungs-Manager, Russland hinke mindestens zehn Jahre hinterher: "Sie (die russischen Chips) sind der Konkurrenz in puncto Leistung und Energieeffizienz unterlegen und zudem deutlich teurer." Spezifisch geht es in dem Dossier um russische Raketen-Systeme - auch Nuklearwaffen und ballistische Systeme - die auf leistungsstarke Chips angewiesen sind.
Russland ist sich seiner Abhängigkeit von Chips aus amerikanischer Produktion durchaus bewusst. Man sucht händeringend nach Alternativen. Interessantes Detail im Dossier aus dem März 2022: Chips aus chinesischer Herstellung scheinen eine naheliegende Idee, werden allerdings gleich wieder verworfen. Man wolle keinen "Lieferant aus einem potenziellen Feindland (USA) durch einen Lieferanten aus einem anderen potenziellen Feindland (VR China) ersetzt". Bisher bezeichneten Russland China immer als großen Unterstützer Moskaus, was so auch in der Weltöffentlichkeit wahrgenommen wird.
Umgehung der Sanktionen durch Drittstaaten
Russland nutzt offenbar komplexe Netzwerke in Drittstaaten, um an die benötigten Chips zu gelangen. Ein Bericht von Tom's Hardware vom Oktober 2024 beschreibt, wie indische Firmen wie Shreya Life Sciences und Hayers Infotech AMDs Instinct MI300X und Nvidias H100-Prozessoren im Wert von 434 Millionen US-Dollar nach Russland exportierten. Diese Exporte erfolgen trotz internationaler Sanktionen und zeigen die Herausforderungen bei der Durchsetzung solcher Maßnahmen.
Auch andere Länder wie die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kasachstan spielen eine Rolle bei der Umgehung der Sanktionen. Ein Bericht von t-online vom März 2023 weist darauf hin, dass diese Länder als Transitpunkte für den Export von Halbleitern nach Russland dienen. Die exportierten Chips stammen häufig aus der EU und werden über diese Drittstaaten weitergeleitet.
Russland auf dem Stand von 2001
Russland hat versucht, eine eigene Chipproduktion aufzubauen, um die Abhängigkeit von westlicher Technologie zu verringern. Das russische Ministerium für Industrie und Handel kündigte Pläne an, bis 2027 eine 28-nm-Massenfertigung und bis 2030 eine 14-nm-Produktion zu erreichen. Derzeit ist Russland jedoch nur in der Lage, Chips mit einer Strukturbreite von 130 nm in größerer Stückzahl herzustellen, was dem Stand der Technik von 2001 entspricht.
Ein weiteres Hindernis ist der Mangel an spezialisierten Maschinen für die Chipproduktion. Moderne Lithografie-Systeme, die für die Herstellung fortschrittlicher Halbleiter erforderlich sind, stammen hauptsächlich vom niederländischen Hersteller ASML. Aufgrund der Sanktionen ist es Russland nicht möglich, diese Maschinen zu importieren, was den Aufbau einer eigenen Produktion erheblich erschwert.
Selbst Chips, die in Russland entwickelt wurden, wie etwa jene von "Baikal Electonics, wurden etwa in Taiwan produziert - Zumindest bis zum Beginn des Ukraine-Krieges.
Eigene Chips für Russland kaum machbar
Die russische Rüstungsindustrie ist in hohem Maße von westlicher Halbleitertechnologie abhängig. Trotz umfassender Sanktionen gelingt es Russland, über komplexe Netzwerke und Drittstaaten weiterhin an benötigte Chips zu gelangen. Der Aufbau einer eigenen, konkurrenzfähigen Chipproduktion steht vor erheblichen Herausforderungen, sowohl technologisch als auch finanziell.
(VOL.AT)