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Psychische Hilfe für Flüchtlinge in Wien: "Das Klima ist rauer geworden"

In einer therapeutischen Sitzung müssen oft Dolmetscher vermitteln.
In einer therapeutischen Sitzung müssen oft Dolmetscher vermitteln. ©Katharina Gossow
Seit 25 Jahren bietet der Wiener Verein HEMAYAT medizinische und psychologische Hilfe für traumatisierte und gefolterte Flüchtlinge an. Die Warteliste wird immer länger, seit langem werden nur noch Extremfälle angenommen.

Ein Viertel Jahrhundert gibt es den Wiener Hilfsverein Hemayat nun schon, ihre Aufgabe hat sich seitdem nicht geändert. Die Ärzte und Psycholherapeuten des Vereins behandeln Flüchtlinge, die in ihren Herkunftsländern Folter erlebt und Traumata aufgebaut haben. 43 Psychotherapeuten arbeiten daran, Ängste abzubauen und Integration zu ermöglichen.

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Während körperliche Wunden oft schnell heilen, brauchen psychische Wunden Zeit: Kriegsflüchtlinge aus Tschetschenien stellten früher den Großteil der Klienten und werden auch heute noch behandelt - dazu kommen die jüngsten Asylwerber aus Afghanistan oder Syrien. Und auch die Ereignisse an der EU-Außengrenze gehen nicht an Hemayat vorbei, "weil wir Angehörige hier haben, die Verwandte in Idlib (Syrien, Anm.) oder an der griechisch-türkischen Grenze haben", sagt Hemayat-Mitgründerin und Psychotherapeutin Barabara Preitler.

Hemayat-Warteliste platzt aus allen Nähten

"Genau so werden Klientinnen und Klienten von morgen gemacht", sagt die Geschäftsführerin des Vereins, Cecilia Heiss. An Klienten fehlt es dem Verein jedoch nicht: 600 Menschen stehen auf der Warteliste, der Andrang ist enorm. Eigentlich werden nur mehr dringende Fälle genommen, die sich selbst oder anderen schaden könnten. Andere "normale" Fälle warten gut und gerne zwei bis drei Jahre auf einen Therapieplatz.

Kinderzeichnung
Kinderzeichnung ©Katharina_Gossow

Dabei wäre psychische Betreuung auch für die Integration wichtig. Die Betroffenen leiden etwa an sozialen Ängsten, wie etwa der Angst, sich in Gruppen aufzuhalten. Ein entsprechend hilfreiches Umfeld kann die Hilfsmaßnahmen zwar beschleunigen, die Fremdenfeindlichkeit ist in den letzten Jahren aber gewachsen. Auch Arzt Siroos Mirzaei, der auch seit der "Hemayat"-Gründung im Jahr 1995 mit dabei ist, bestätigt das: "Das Klima ist rauer geworden. Speziell in Wien, in den Bundesländern schaut das wieder anders aus. Das merken wir aber auch in der Therapie." "Die Menschen kommen mit Hoffnung auf ein besseres Leben nach Österreich und werden in der U-Bahn beleidigt oder gar geschlagen", so Preitler. Oft löse das dann ein altes Trauma aus, für viele breche eine Welt zusammen.

Über 1.300 betreute Folteropfer

Im Schnitt kostet die Betreuung einer Person 1.000 Euro im Jahr. Eine Therapiestunde kommt auf 55, der Dolmetscher auf 29 Euro. Ein Teil der Kosten wird von der Krankenkasse refundiert. Den Rest finanziert der Verein aus Spenden- und Fördergeldern. Über 60 Prozent davon machen private Spenden aus. Dazu kommen zum Beispiel Förderungen vom Innenministerium und der Stadt Wien. Im Jahr 2019 wurden insgesamt 1.309 traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer aus 47 Ländern betreut.

(APA/red)

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