Laut Staatsanwaltschaft hatte die bisher unbescholtene Beschuldigte (Bedienstete der Wiener Linien), Mutter zweier Kinder, über ihren finanziellen Verhältnissen gelebt. Ihrem Lebensgefährten habe sie jedoch vorgespiegelt, dass alles in Ordnung sei. Der Mann bestellte einen neuen Pkw, der am 27. Februar abzuholen und damit auch zu bezahlen war – am Tag zuvor verübte die 34-Jährige den Überfall.
Mit dem Gedanken, sich derart Geld zu beschaffen, habe sie bereits im Oktober 2008 gespielt, räumte die Angeklagte ein. Über ihre finanziellen Probleme habe sie mit ihrem Partner nicht sprechen können bzw. wollen – aus Angst, verlassen zu werden. In Vorbereitung des Überfalls schrieb sie einen Zettel mit der Aufschrift “Überfall, Geld von Tresor, bin bewaffnet” und rief am 26. Februar um 15.00 Uhr am Postamt an, um die vorgetäuschte Abgabe von schweren Paketen anzukündigen.
Die schwer verletzte Postangestellte verwies gegenüber der Polizei auf dieses Telefonat, die Verdächtige wurde über ihre Telefonnummer ausgeforscht. “Wenn die Postangestellte tot gewesen wäre, hätte sie das nicht aussagen können.” Mit diesem Argument zog der vorsitzende Richter des Geschworenensenats die Darstellung der Angeklagten, sie hätte ihr Opfer nur am Arm treffen und damit an der Verfolgung hindern wollen, gewissermaßen in Zweifel.
Weiters wollte Richter Gernot Braitenberg ergründen, wie viel Überwindung die Angeklagte ihr Vorgehen gekostet hatte: “Jemand mit einem Messer zu stechen, da gehört was dazu!” Ein im Gerichtssaal vorgeführtes Video aus der Überwachungskamera zeigte, dass die Täterin mit der Hand nach hinten quasi ausholte, dann einen Schritt vorwärts tat und “mit Körperenergie”, so der Richter, zustach. Dass der Stich mit großer Gewalt erfolgte, bestätigte auch der Gutachter. Das Messer drang durch zwei Rippen bis in die Lunge ein. Das Opfer habe Glück gehabt, dass sich die Wunde wieder leicht schloss, so dass es nicht verblutete.
Die Verletzte selbst hatte den Stich nicht kommen sehen: “Es ist so schnell gegangen”, sagte die 34-Jährige. Sie spürte einen starken “Schlag” bzw. Schmerz und ging sie zu Boden. Die Täterin war dann “einfach weg”, schilderte sie den weiteren Verlauf: Sie presste die Hand auf ihre Brust, setzte noch einen Alarm ab und rief die Polizei an. “Es tut so weh”, sagte sie dem Beamten am Telefon. Sie hatte die Täterin zwar als Kundin vom Sehen gekannt, in deren Vermummung mit schwarzem Schal und schwarzer Haube aber nicht erkannt.
Wie der Staatsanwalt dazu in seinem Schlussvortrag ausführte, stach die Frau wohl in der Angst zu, erkannt worden zu sein. Die – durch die Bedrohung geschockte – Postangestellte habe sie so “angestarrt”, hatte die Verdächtige bei ihrer polizeilichen Einvernahme gesagt. Der Verteidiger ersuchte die Geschworenen, seiner Mandantin zu glauben, dass sie keine Tötungsabsicht gehabt hatte. Es tue ihr alles sehr leid, sagte die Angeklagte in ihren letzten Worten, ehe sich der Senat knapp nach 11.00 Uhr zur Urteilsberatung zurückzog.