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Prozess: Wohnung der "Ex" in Luft gejagt

Weil er einen Gasschlauch durchgeschnitten und damit für eine Explosion in der Wohnung seiner Ex-Freundin gesorgt haben soll, musste sich ein Serbe am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wegen versuchten Mordes verantworten.

Der Mann wollte sich laut Anklage auf diese Weise am Opfer und dessen Ehemann rächen. Der Plan ging schief, niemand wurde verletzt. Der 49-Jährige leugnete, mit der Tat in Verbindung zu stehen.

Der Angeklagte und die 35-Jährige führten seit 2006 eine etwa zweijährige Beziehung. Noch währenddessen lernte die Frau ihren jetzigen Ehemann kennen und heiratete ihn im August des Vorjahres in Serbien. Die 35-Jährige unterhielt aber weiterhin eine sexuelle Beziehung zum Angeklagten, wie geheime Tonaufzeichnungen des 49-Jährigen zeigen. Der “studierte Bauingenieur” hatte in seinem Heimatland eine Kriminalistikschule besucht und später neun Jahre als Privatdetektiv in der Schweiz gearbeitet.

Von der Heirat selbst erfuhr der Angeklagte erst am 10. Dezember, nachdem der Ehemann nach Österreich nachgekommen war. “Ab dem Zeitpunkt, ab dem er vom anderen Mann weiß, kommt er nicht mehr zurande und beginnt das Opfer zu bedrohen, persönlich, per SMS und telefonisch”, sagte Staatsanwältin Nicole Baczak. Am 31.Dezember 2008 sei es “zum ersten Racheakt” gekommen: Während das Paar Silvester feierte, lockerte jemand den Schlauch zwischen Wasserhahn und Waschmaschine in der Wohnung der Frau und setzte die Räume unter Wasser. Bereits da hatte die 35-Jährige ihren Ex-Freund im Verdacht.

Am 8. Jänner kam es dann zur eigentlichen Tat: Der 49-Jährige soll sich wieder mit einem Zweitschlüssel Zugang zur Wohnung seiner Ex-Freundin verschafft haben. Dort soll er den Verbindungsschlauch zwischen einer Gasflasche und dem Propangasheizgerät eingeschnitten und das Absperrventil der Flasche geöffnet haben. Laut Anklage sollte das ausströmende Flüssiggasgemisch beim Betätigen des Lichtschalters explodieren: Anwesende wären durch die Druckwelle aus den Fenstern im dritten Stock geworfen und getötet worden oder wären an einer Luftembolie gestorben.

Durch einen elektrischen Funken des Kühlschrankthermostats explodierte die Wohnung tatsächlich kurz vor zwei Uhr nachts so heftig, dass die Fenster samt Rahmen und Mauerteile auf die Straße fielen und Nachbarwohnungen beschädigt wurden – es hielt sich zu dem Zeitpunkt allerdings niemand in den Räumlichkeiten auf.

Zwei Tage zuvor hatte der Angeklagte noch eine SMS an den Ehemann seiner Geliebten geschrieben: “Wenn ich euch jetzt sehe, werde ich euch mit Blut gratulieren. Ihr oder ich.” Er habe sich vielleicht vertippt, erklärte er dazu Richterin Lucie Heindl-Koenig: “Ich habe meine Lesebrille nicht aufgehabt.” Mit dem Vorfall habe er nichts zu schaffen: “Ich war im Bett und habe Kekse gegessen.”

An der Einschnittstelle des Verbindungsschlauches wurden allerdings DNA-Spuren des Angeklagten gefunden, ebenso ein Schlüssel zur Wohnung des Opfers und laut Telefonüberwachung hatte sich das Handy des Mannes zur besagten Zeit in der Nähe des Tatortes eingeloggt.

Ein Sachverständiger attestierte dem 49-jährigen Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung, “die durch Egozentrik, leichte Kränkbarkeit, Reizbarkeit, Misstrauen und Argwohn gekennzeichnet ist”. Es sei eine Kombination aus narzisstischer und paranoider Persönlichkeitsstörung; allerdings sei keine geistig-seelische Abnormität höheren Grades vorhanden. Laut einem weiteren Gutachten hätte die Gasexplosion in der Wohnung Anwesende mit “an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit” getötet.

Die Ex-Freundin des 49-Jährigen erklärte vor Gericht, der Angeklagte sei im Laufe der Beziehung besitzergreifend geworden: “Er hat dauernd etwas von mir gefordert, er wollte mein Herr sein.” Die Frau legte Wert auf der Feststellung, beziehungsmäßig nicht “zweigleisig” gefahren zu sein. Als ihr Ex-Ehemann aussagte, stellte sich aber heraus, dass die 35-Jährige bereits bei Beginn der Beziehung mit dem Angeklagten verheiratet gewesen war und sich erst einige Monate vor ihrer Heirat mit dem jetzigen Ehemann hatte scheiden lassen.

“Ich glaube dem Angeklagten, dass er von seiner Ex-Freundin ausgenutzt worden ist”, meinte Staatsanwältin Nicole Baczak in ihrem Schlussplädoyer. “Aber ich glaube auch, dass sie sich irgendwann zurückgezogen hat und er besitzergreifend worden ist.” Die Geschworenen zogen sich gegen 16.00 Uhr zur Beratung zurück, ein Urteil wurde für den Abend erwartet. Die für morgen eingeplante Verhandlungsfortsetzung dürfte somit hinfällig sein.

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