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Prozess um Haban-Mord: Freispruch

Massimiliano F. &copy APA
Massimiliano F. &copy APA
Angeklagter zur Gänze freigesprochen - Für die Geschworenen war Massimiliano F. in den Überfall auf den Wiener Nobeljuwelier Haban nicht involviert - Freispruch nicht rechtskräftig.

Nach elf Verhandlungstagen kamen die Geschworenen im Prozess um den so genannten Haban-Mord zu einem nicht unbedingt erwarteten Urteil: Massimiliano F. (31) wurde Freitagnacht im Wiener Straflandesgericht von der Anklage zur Gänze freigesprochen. Diese hatte ihm zur Last gelegt, am 9. Mai 1998 gemeinsam mit zwei Landsleuten den am Wiener Graben etablierten Nobeljuwelier „Haban“ überfallen zu haben, wobei der Geschäftsführer Siegfried Goluch (44) von einem der Täter erschossen wurde.

Für Staatsanwalt Walter Geyer stand fest, dass Massimiliano F. bei diesem Coup mitgemacht, wenn auch nicht den Schuss abgefeuert hatte. Die Geschworenen sahen das anders: Vom Vorwurf der Beteiligung am Mord wurde der Angeklagte einstimmig, vom versuchten schweren Raub mit 5:3 Stimmen freigesprochen. Der Staatsanwalt gab dazu keine Erklärung ab, der Freispruch ist daher nicht rechtskräftig.

Frei nach eineinhalb Jahren U-Haft

Massimiliano F. reagierte mit verhaltener Freude, bedankte sich bei den Geschworenen mit einem kurzen Kopfnicken und dabei gefalteten Händen. Seine Mutter und sein Onkel, die bei der Urteilsverkündung zugegen waren, zeigten mehr Emotionen, hielten ihre Freude aber auch im Zaum. Massimiliano F., der in Wien rund eineinhalb Jahre in U-Haft gesessen war, wurde noch am Freitag auf freien Fuß gesetzt. „In einer halben Stunde ist er am Tor“, meinte ein Justizwachebeamter unmittelbar nach der Urteilsverkündung zur Mutter.

Verteidiger Richard Soyer zeigte sich vom Ausgang des Verfahrens keineswegs überrascht: „Es hat keinen einzigen Beweis gegeben. Wir haben das eindeutig nachweisen können“, meinte er gegenüber der APA. Die Frage, ob er für seinen Mandanten nun Haftentschädigung fordern wird, wollte er vorerst nicht beantworten: „Dafür ist es jetzt zu früh.“

Bestehenden Haftbefehl “übersehen”

Massimiliano F. war Anfang 2003 in München festgenommen und an Österreich ausgeliefert worden. Zuvor war er in Bologna zusammen mit seinen angeblichen zwei Mittätern nach zwei langwierigen Rechtsgängen in Sachen Haban-Mord rechtskräftig freigesprochen worden. Er “übersah“ allerdings, dass Österreich den bestehenden Haftbefehl dessen ungeachtet aufrecht hielt, da man sich auf den Standpunkt stellte, die italienische Entscheidung berühre das Wiener Verfahren nicht. Dieses sei niemals eingestellt, der Fall zu keinem Zeitpunkt an Italien abgetreten worden.

„Die eigene Justiz kann nicht ausgehebelt werden. Ein ausländisches Verfahren tangiert das österreichische Verfahren dann nicht, wenn die Tat in Österreich vorbereitet und durchgeführt wurde“, so die vom Obersten Gerichtshof abgesegnete Ansicht der Anklagebehörde.

Der Verteidiger hatte in seinem Schlussplädoyer eingeräumt, dass die von der Anklage genannten Komplizen seines Mandanten tatsächlich den Raub verübt hatten. Einer von ihnen verbüßt mittlerweile in seiner Heimat wegen anderer Raubüberfälle eine langjährige Haftstrafe. Michele D’A., der auf Grund eines belastenden DNA-Gutachtens der Schütze gewesen sein dürfte – in der „Haban“-Filiale hatte man einen Handschuh gefunden, die darauf befindlichen Spuren stimmen mit seinem genetischen Fingerabdruck überein -, sitzt in Italien wegen Mordes an einem Polizisten in U-Haft.

Angeklagter war gar nicht in Wien

Massimiliano F. hätte sich aber am Tag des „Haban“-Überfalls nicht in Wien befunden, betonte die Verteidigung bis zuletzt. Keiner der Augenzeugen habe ihn wiedererkannt. Er werde zu Unrecht von einem Kronzeugen belastet, der möglicherweise selbst in die Bluttat verwickelt gewesen sei, so Soyer.

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