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Prozess um Baby-Tod wird wiederholt

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Der Prozess gegen den Vater von Iris-Maria muss wiederholt werden. Nachdem die Geschworenen nach rund eineinhalbstündiger Beratung auf fahrlässige Tötung erkannt hatten, setzten die drei Berufsrichter das Urteil umgehend aus.

Ungläubiges Staunen bei den meisten Zuhörern löste am Mittwochnachmittag im Wiener Straflandesgericht das Urteil der Geschworenen im Prozess gegen den Vater der kleinen Iris-Maria aus. Selbst der Angeklagte schien überrascht, als der Obmann der Geschworenen den Wahrspruch verkündete: Mord, Totschlag, absichtliche Körperverletzung mit Todesfolge wurden einstimmig verneint. Die Laienrichter erkannten mit 7:1 Stimme auf fahrlässige Tötung.

Die drei Berufsrichter setzten das Urteil umgehend aus. „Der Spruch der Geschworenen beruht auf einer irrtümlichen Beweiswürdigung“, begründete die Vorsitzende Michaela Sanda die einhellige Entscheidung des Senats. Der Schwurprozess muss damit wiederholt werden.

Zunächst bekommt der Oberste Gerichtshof (OGH) die Akten zur Überprüfung des bisherigen Verfahrensablaufs, danach wird die Strafsache im Landesgericht neuerlich ausgeschrieben und von einem komplett neu zusammen gesetzten Gerichtshof ein zweites Mal verhandelt. Ein Termin vor dem kommenden Herbst erscheint aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Der 21-jährige Mann bleibt vorerst weiter in U-Haft.

Seine Tochter war Ende April 2005 scheinbar leblos ins Wiener AKH eingeliefert wurde, wo man zunächst von einem plötzlichen Kindstod ausging. Dann stellte sich jedoch heraus, dass das zu diesem Zeitpunkt drei Monate alte Baby massive Hirnblutungen und darüber hinaus Serienrippenbrüche und zahlreiche Hämatome aufwies.

Es war rasch klar, dass Iris-Maria in jedem Fall bleibende Schäden davon tragen würde: Das Baby wurde ins Koma versetzt, um eine Notoperation durchführen zu können. Ende Mai 2005 überstellte man die Kleine in eine Spezialklinik, weil man sich davon bessere Heilungschancen erhoffte. Diese erfüllten sich leider nicht. Iris-Maria starb Anfang Jänner 2006.

Die eigentliche Todesursache war laut der damit befassten Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich das vom Vater zugegebene, heftige Schütteln. Das müsse „mehrfach“ vorgekommen sein, so die Sachverständige in ihrem Gutachten, habe zu einem „massiven Hirnschwund“ und irreversiblen Schäden geführt. Der Zustand des Mädchens habe sich immer mehr verschlechtert, als auch noch spastische Krämpfe auftraten, sei die Kleine nicht mehr zu retten gewesen.

Die Geschworenen dürfte in ihrer nichtöffentlichen, der Geheimhaltung unterliegenden Beratung vor allem der Umstand irritiert haben, dass Iris-Maria erst neun Monate nach den festgestellten Verletzungen gestorben war. Offenbar war für die Laienrichter damit keine Kausalitätskette gegeben, d.h. der Tod nicht unmittelbar auf das Verhalten des Vaters zurückzuführen. Außerdem waren die Geschworenen mehrheitlich überzeugt, dass der 21-Jährige nicht ein Mal den Vorsatz hatte, Iris-Maria zu verletzen.

Dabei hatte der Mann, der zuletzt als Zivildiener tätig gewesen war („Damit ich den Menschen helfen kann!“) und sich auf Anraten der Ärzte selbst angezeigt hatte, gleich nach seiner Festnahme zugegeben, die Kleine geschlagen und geschüttelt zu haben, wenn sie schrie und er sie nicht beruhigen konnte. „Mein Gehirn war ausgeschaltet“, gab er am ersten Verhandlungstag in der vergangenen Woche im Landesgericht zu Protokoll, stellte allerdings den Tötungsvorsatz in Abrede: „Ich gebe zu, dass ich Iris-Maria absichtlich oder unabsichtlich verletzt habe.“

Er habe „nicht mehr weiter gewusst“, daher „ein Mal fester zugepackt“, ihr ein paar Mal „einen Klaps auf die Windelhose“ und eine Ohrfeige gegeben, machte der Angeklagte geltend: „Richtig ausgeholt hab ich nicht, aber es war schon recht ordentlich.“ Er räumte auch ein, seine Tochter ein Mal „vier bis fünf Minuten“ kräftig geschüttelt zu haben. Möglich, dass er auch zu heftig „Hoppe, hoppe Reiter“ gespielt habe, um sie ruhig zu stellen. Beim Wickeln habe er „leider manchmal zu fest zugedrückt“. Und ja, er erinnere sich an einen Vorfall, „wo ich in dem Moment keinen Ausweg mehr gesehen und deswegen leider zugeschlagen habe“.

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