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Prozess um „göttliches Geschenk“

Symbolfoto
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„Göttliches Geschenk“ in Bauernkommode endete in Betrugsprozess - Mann behielt in Möbelstück gefundene Sparbücher im Wert von rund 94.000 Euro - Ein Jahr bedingt - Urteil nicht rechtskräftig.

Der Kauf einer alten Bauernkommode endete für einen Niederösterreicher mit einem Betrugsprozess vor dem Wiener Straflandesgericht: Im Jahr 2002 hatte Otto R. die Möbelstücke bei einem Altwarenhändler um 20 Euro erworben. Als er darin sechs Sparbücher samt Losungsworten fand, konnte er nicht widerstehen und ließ die Konten auf seinen Namen umschreiben und nahm so insgesamt rund 94.000 Euro in Besitz. Am Donnerstag wurde der Mann nicht rechtskräftig zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt.

„Ich bin ein bisschen abergläubisch“

„Ein Geschenk Gottes“ habe er in dem Fund, der sich in einem braunen Kuvert in dem Bauernmöbel befand, gesehen, rechtfertigte sich R. vor dem Schöffensenat (Vorsitz: Sonja Weis). Kleinlauter Nachsatz: „Ich bin ein bisschen abergläubisch.“ Allerdings sollte der unerwartete Segen anderen zu Gute kommen, betonte er: Mit dem Geld hätte eine Gedenkstätte für zehn Kriegsgefangene errichtet werden sollen, die dazugehörigen Pläne legte sein Anwalt Herbert Eichenseder dem Gericht vor. Über einem alten Bunker hätte so eine Kapelle zu Ehren der Gefallenen entstehen sollen.

Letztlich kam alles anders: Über die Sparbücher, die einer alten Frau gehörten, existierte eine Liste, mit Hilfe derer der Weg des Geldes bei der Bank nachvollzogen werden konnte. Schnell kamen die Ermittler auf die Spur des Niederösterreichers. An seinem Geburtstag folgte schließlich der erste Kontakt mit der Polizei, schilderte Anwalt Eichenseder: Ein Beamter rief an, und fragte R. nach zwei Namen. Ein weiterer Termin bei der Exekutive folgte, woraufhin er in Panik die drei übrig gebliebenen Bücher verbrannte. „Ich hab mit dem nix mehr zu tun haben wollen“, fügte R. hinzu. Ein Schriftgutachten überführte ihn schließlich.

Milde wegen “äußerst verlockenden Gelegenheit“

Richterin Weis ließ – unter anderem wegen der “äußerst verlockenden Gelegenheit“ – große Milde walten. R. wurde wegen schweren Betrugs und Urkundenunterdrückung zu einem Jahr bedingter Haft, die auf drei Jahre Probezeit ausgesetzt ist, verurteilt. Den Geldbetrag hatte der Angeklagte zu einem Großteil bereits an den Erben zurückgezahlt. Staatsanwältin Julia Koffler-Pock legte Berufung ein, der Spruch ist somit nicht rechtskräftig.

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