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Prozess gegen Wiener Islamisten: Neun Männer und eine Frau angeklagt

Den Verdächtigen wird vorgeworfen sich für den Islamischen Staat eingesetzt zu haben.
Den Verdächtigen wird vorgeworfen sich für den Islamischen Staat eingesetzt zu haben. ©APA (Sujet)
29 Seiten fasst die Anklageschrift der neun Verdächtigen im Wiener Islamisten-Verfahren. Nach mehrmonatigen Ermittlungen wird davon ausgegangen, die aus Tschetschenien stammenden Personen hätten sich dem "Islamischen Staat" (IS) anschließen und "am bewaffneten Kampf bzw. sonstigen Unterstützungshandlungen teilnehmen wollen". Auch der Mann, der die mutmaßlich Jihadisten nach Syrien bringen hätte sollen, wurde angeklagt.
Ankklage gegen Jihadisten
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Für Staatsanwältin Stefanie Schön steht außer Frage, dass sich die Angeklagten – neun Männer und eine Frau – der Mitgliedschaft an einer terroristischen Vereinigung im Sinne des § 278b Absatz 2 StGB schuldig gemacht haben.

Dafür sieht der Gesetzgeber einen Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren Haft vor. Die Anklage ist nicht rechtskräftig, die Verteidiger haben ab Zustellung 14 Tage Zeit, diese zu beeinspruchen. Der Terror-Prozess ist allerdings “auf Schiene”, allfällige Beschwerden ans Wiener Oberlandesgericht (OLG) würden die Verhandlung allenfalls verzögern, aber nicht mehr verhindern.

Motive der mutmaßlichen Islamisten

Die ursprünglich aus Tschetschenien stammenden Verdächtigen im Alter zwischen 17 und 27 Jahren sollen laut Anklage bestrebt gewesen sein, “die Ziele des Islamischen Staates, dessen strafbare Handlungen sowie dessen Infrastruktur” zu stärken. Ihnen sei es auf “direkte Beteiligung an den Aktivitäten der terroristischen Vereinigung” angekommen.

Worin diese genau bestanden haben soll, ist der Anklage jedoch nicht zu entnehmen. Die Staatsanwältin bleibt diesbezüglich recht vage und verweist darauf, die Angeklagten hätten vorgehabt, “sich zum IS zu begeben und dort weitere Unterstützungshandlungen zu tätigen (etwa kämpferisch, logistisch, psychische Unterstützung der Kämpfer ).” Zugleich betont die Anklägerin, ein “besonderer Konkretisierungsgrad” der in Aussicht genommenen terroristischen Straftaten sei beim inkriminierten Tatbestand gar nicht erforderlich.

Umfangreiche Ermittlungen in Wien

Die Ermittlungen waren ins Rollen gekommen, nachdem sich ein Hinweisgeber im vergangenen Juli an das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) gewandt und offenbart hatte, ein aus der Türkei stammender Mann bringe regelmäßig Mitglieder der islamistischen Szene nach Syrien, wo sich diese dem Jihad anschließen würden. Daraufhin wurden umfangreiche Ermittlungsschritte mit Observationen und Telefonüberwachungen eingeleitet. Am 18. August klickten die Handschellen, als der 34 Jahre alte mutmaßliche “Schleuser” mit acht Männern und einer zu diesem Zeitpunkt schwangere Frau über die Grenzübergänge Nickelsdorf bzw. Thörl-Maglern das Bundesgebiet verlassen wollte.

Der Hinweisgeber ist den Verteidigern bis zum heutigen Tag unbekannt. Das Protokoll mit dessen Zeugenaussage befindet sich zwar im Akt, wurde aber – teilweise über mehrere Seiten hinweg – geschwärzt.

Unterschiedliche Aussagen

Während der 34-jährige Türke sich nach seiner Festnahme geständig zeigte und dem Abschlussbericht des LVT zufolge erklärte, die Gruppe hätte “definitiv die Absicht” gehabt, “sich nach Syrien in den bewaffneten Jihad zu begeben”, behaupteten die mutmaßlichen Jihadisten zunächst, sie hätten mit dem Bürgerkrieg in Syrien nichts am Hut gehabt und lediglich am Mittelmeer Urlaub machen wollen. Vier von ihnen haben ihre Verantwortung mittlerweile allerdings geändert und geben nunmehr das Reiseziel Syrien zu. Die Auswertung von Chats, die sie mit ihren Mobiltelefonen mit teilweise bereits in Syrien aufhältigen Bekannten geführt hatten, dürfte dazu beigetragen haben.

Anschluss an IS

Die vier bestreiten allerdings, kämpferische oder gar terroristische Ziele im Sinn gehabt zu haben. Einer von ihnen behauptet, ihm sei in einer Wiener Moschee der IS “in einer sehr positiven Art und Weise” näher gebracht worden. Er habe in Syrien bei einer “Hilfsorganisation” arbeiten wollen. Auch der 17-Jährige, der sich als einziger der Verdächtigen nicht in U-Haft befindet, konzediert nunmehr, er habe Syrien erreichen wollen. Die Frau (19) räumt ein, sie habe gemeinsam mit ihrem mitangeklagten Ehemann in einem Gebiet leben wollen, in dem der IS herrscht und die Scharia praktiziert wird.

Ein 25 Jahre alter Angeklagter übermittelte am 13. Februar einen in seiner Zelle verfassten Brief der Staatsanwaltschaft, in dem er sich zu den inkriminierten Reisebewegungen geständig zeigte. Als er daraufhin vor wenigen Tagen neuerlich förmlich vernommen wurde, erklärte er, er habe sich auf das Gebiet des IS begeben wollen. Ob und inwieweit er sich auf diese Organisation einzulassen bereit sei, habe er erst an Ort und Stelle entscheiden wollen.

(apa/red)

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