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Prozess gegen mutmaßlichen Rotlicht-Boss Richard St. steht bevor

Rotlicht-Boss steht in Wien bald vor Gericht
Rotlicht-Boss steht in Wien bald vor Gericht ©dpa
Das Verfahren gegen einen mutmaßlichen Rotlicht-Capo, der die Polizei seit 2007 beschäftigt, beginnt am 22. Mai. Zahlreich sind die Delikte, die Richard St. zur Last gelegt werden - so geht es dabei etwa um Schutzgeld-Erpressungen, Körperverletzung, Nötigung und Bildung einer kriminellen Organisation. Ein "Monster-Verfahren" im Wiener Straflandesgericht steht bevor.
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Es war das Jahr 2007, und die Polizei-Affäre in Wien, bei der es auch um angeblich zu gute Kontakte ins Rotlicht-Milieu ging, auf ihrem Höhepunkt. In deren Zuge erfuhr die Öffentlichkeit zum ersten Mal von der angeblichen Existenz des “Nokia-Clubs” in der Bundeshauptstadt. Diese Organisation soll von Rotlichtgrößen gegründet worden sein, um über Jahre hinweg Schutzgelder von Lokalbesitzern zu erpressen. So ungefähr könnte man die Vorwürfe umreißen, die ab kommenden Montag (13. Mai) im Wiener Straflandesgericht gegen den mutmaßlichen Rotlicht-Boss Richard St. und fünf Mitangeklagte erhoben werden.

Anklage gegen Richard St.

Die Anklage lautet auf Bildung einer kriminellen Organisation, schwere Erpressung, schwere Nötigung, Freiheitsentziehung, teils versuchte, teils vollendete absichtliche schwere Körperverletzung – je nach Angeklagtem -, schwere Sachbeschädigung bis hin zu betrügerischer Krida.

Das Verfahren wird sich in die Länge ziehen, nicht zuletzt wegen der Verantwortung der Angeklagten. “Mein Mandant wird sich größtenteils nicht schuldig bekennen”, sagte der Verteidiger von Richard St., Christian Werner. Ähnlich ist es bei den anderen Angeklagten.

Lauschangriff spielt bei Prozess große Rolle

Daher wird die Verhandlung wohl ein Indizienverfahren, das sich nicht zuletzt auf die Resultate eines großen Lauschangriffs stützen wird, der vor der Verhaftung des Hauptangeklagten und seiner mutmaßlichen Komplizen im April 2010 durchgeführt worden war. Dementsprechend hat der vorsitzende Richter Stefan Erdei bereits jetzt 43 Verhandlungstage angesetzt. Allein die Einvernahme der Angeklagten dürfte mehr als eine Woche beanspruchen. Die Aufnahme des Beweisverfahrens ist erst für 22. Mai angesetzt.

Gewalt durch Rotlicht-Boss allgegenwärtig

Laut Anklage soll der kroatische Staatsbürger Richard St. ab 1998 die Kontrolle der Rotlichtlokale vor allem am Gürtel in Wien erlangt haben. Sein Ruf über als Söldner der Fremdenlegion angeblich verübte Gewalttaten und als gewaltbereiter Betreiber von Rotlichtlokalen soll ihm dabei ebenso geholfen haben wie die Bereitschaft, Gewalt in Wien auszuüben. Richard St. soll sich eine weitverzweigte Machtstruktur aufgebaut haben, wobei ihm unter anderem die Mitangeklagten Peter A., ein hünenhafter Wiener, und Dusko R. als Handlanger und Mittäter behilflich gewesen sein sollen.

Wenn diese mutmaßlichen Mitarbeiter von Richard St. erschienen, sollen tätliche Auseinandersetzungen provoziert, Lokale beschädigt und Opfer teils schwer verletzt worden sein. Neben dem materiellen Schaden sollen in den betroffenen Betrieben auch die Gäste aus Angst vor solchen Auseinandersetzungen ausgeblieben sein. In den betroffenen Lokalen dürfte die unter dem Namen “Nokia-Club” in informierten Kreisen bekannte Organisation Schutzgeld kassiert haben. Im Preis inbegriffen soll auch der Schutz gewesen sein, wenn Gäste einmal tatsächlich in einem Lokal randalierten. Die Angeklagten sollen daraus ein regelmäßiges Einkommen bezogen haben.

Brutal zur Konkurrenz

Ein paar Details der Anklage: So soll Richard St. dafür gesorgt haben, dass ein Mann, der Gelder veruntreut hatte, in seinem Auftrag in einem Pkw entführt und während einer 25 Kilometer langen Fahrt grün und blau geschlagen wurde. Weiters werden zwei Buttersäure-Anschläge auf Lokale missliebiger Konkurrenten erwähnt.

Eine im Rotlicht tätige Geschäftsfrau aus dem Bezirk Ried im Innkreis, die Richard St. offenbar ins Gehege gekommen war, wurde laut Anklage im Juli 2004 nachts von einem mit einem schwarzen Vollvisierhelm getarnten Mann überfallen, der so lange mit einem Baseball-Schläger auf sie einschlug, bis sie sich tot stellte. Die bei diesem Angriff schwer verletzte Frau leidet seither an einer posttraumatischen Belastungsstörung, weshalb dieses Delikt als absichtliche schwere Körperverletzung mit Dauerfolgen angeklagt ist.

Mehrere Mitangeklagte

Zudem war den Ausführungen der Anklagebehörde gemäß eine “Vergeltungsaktion” gegen eine ehemalige Lebensgefährtin eines Mitangeklagten geplant, die man angeblich Anfang 2010 mit Chloroform betäuben, auf die Donauinsel bringen, entkleiden und ins Wasser werfen wollte. Obwohl die Frau wochenlang ausgekundschaftet wurde, gelangte die Tat nicht zur Ausführung.

Die Causa dürfte jedenfalls mit Abschluss dieses Prozesses nicht gerichtlich abgearbeitet sein: Es stehen noch zahlreiche Verfahren gegen zahlreiche gesondert verfolgte mutmaßliche Mittäter an.

(apa/red)

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