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Prozess gegen Haiders Ex-Protokollchef Koloini - Tag 1

Franz Koloini, der Ex-Protokollchef Jörg Haiders, am ersten Tag des Prozesses
Franz Koloini, der Ex-Protokollchef Jörg Haiders, am ersten Tag des Prozesses ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Mittwoch beginnt im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen Franz Koloini, den Ex-Protokollchef des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider. Gegen ihn wird Anklage wegen Geldwäsche in Zusammenhang mit "verkauften" Staatsbürgerschaften erhoben.
Video: Koloini-Prozess - Tag 1
Prozess gegen Koloini

Am 12. Oktober ist der erste Tag des auf drei Tage anberaumten Prozesses gegen den ehemaligen Protokollchef des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, Franz Koloini. Der Prozess wurde unter regem medialem Interesse eröffnet. Laut Anklagebehörde soll der 33-jährige Villacher Koloini Anfang 2007 ein Bankkonto aufgelöst haben, das zwei russische Geschäftsmänner gespeist hatten,  und die Vermögenswerte verschoben haben. Haider hatte gegen Entgelt den beiden Männern die österreichische Staatsbürgerschaft beschafft, indem er wiederholt bei der damaligen Regierung zu deren Gunsten intervenierte, die aus Vertretern der ÖVP und des BZÖ zusammengesetzt war. Die Russen sind ebenfalls angeklagt ­–  wegen Bestechung.

Im Strafantrag heißt es wörtlich: “Franz Koloini beabsichtigte mit der Überweisung, Behebung und Anlegung auf anonymen Sparbüchern, die Spuren der Geldflüsse zu verwischen und die spätere Auffindbarkeit der Vermögenswerte, von denen er zudem wusste, dass sie dem Dr. Haider für die parteiliche Vornahme von Amtsgeschäften zugewendet worden waren, für die Strafverfolgungsbehörden zu unterbinden.”

“Verschleiern wollte ich überhaupt gar nichts”, beteuerte Koloini am Mittwoch in seiner Beschuldigteneinvernahme. Was mit dem Geld letztlich passiert sei, wisse er “leider nicht”, so Koloini. Er habe “wirklich nicht daran gedacht”, dass die Summe aus unrechtmäßigen Handlungen resultieren könnte: “Dass es legal ist, davon bin ich schon ausgegangen und gehe ich auch heute noch aus. Ich bin mir keiner Straftat bewusst.”

Die Hintergründe des Deals

Nicht als Zeugen geladen sind beim Prozess übrigens Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V), die Haider kontaktiert haben soll. Auch die verstorbene Innenministerin Liese Prokop (V) wird in diesem Zusammenhang im Strafantrag erwähnt. Hintergrund des Deals war laut Anklage Haiders Bestreben, den Rennfahrer Patrick Friesacher als Werbeträger für den Kärntner Tourismus in der Formel 1 unterzubringen. Um dessen Engagement im Minardi-Team zu finanzieren, überwiesen Alexey B. (42) und Artem B. (48) im Juli 2005 laut Strafantrag  “auf Einladung des Dr. Jörg Haider” 1 Mio. US-Dollar auf ein Konto der Hypo Alpe Adria.

Am 31. Jänner 2007 schossen die beiden Russen weitere 900.000 Euro nach – eine versprochene zweite Überweisung, die sie bewusst so lange zurückgehalten hatten, “um Dr. Jörg Haider zu motivieren, sich nicht nur für eine positive, sondern auch für eine raschere Behandlung ihrer Anträge einzusetzen. Durch die Bezahlung des angeführten Betrags wollten sie sich bei Dr. Haider für seine parteiliche und für sie erfolgreiche Vornahme der Amtsgeschäfte bedanken und ihr ihm dafür gegebenes Versprechen einlösen”, schreibt Walter Geyer, der Leiter der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA), in seinem Strafantrag. Insgesamt wäre eine Überweisung von 5 Millionen Euro für Friesachers Formel 1-Karriere erforderlich gewesen.

Die Russen hatten allerdings wenige Tage zuvor nach Interventionen Haiders beim damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) sowie dem damaligen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) und einem damit erwirkten positiven Ministerratsbeschluss die österreichische Staatsbürgerschaft wegen besonderer Verdienste um die Republik erhalten. Für die Staatsanwaltschaft ist klar, dass es in der allerletzten Ministerratssitzung der schwarz-orangen Regierung ohne den Geldfluss aus Russland nicht zum positiven Beschluss gekommen wäre. Die Anklagebehörde unterstellt Haider eine nicht pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften und hätte diesen wohl wegen Geschenkannahme durch Beamte angeklagt, wäre er nicht bei einem selbst verschuldeten Verkehrsunfall ums Leben gekommen.

Die Details der Anklage gegen Koloini und Co.

Da der verstorbene Haider nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann, mussten sich nun sein ehemaliger Protokollchef Franz Koloini, ein Wiener Rechtsanwalt und die beiden Russen vor einem Schöffensenat verantworten. Den Geschäftsmännern wird Bestechung angekreidet – wegen der “pflichtwidrigen Vornahme eines Amtsgeschäftes, nämlich für die parteiliche Behandlung ihrer Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.” Die Anklage beinhaltet, dass die beiden Russen Haider oder einem Dritten “einen Vorteil gewährten, indem sie die Überweisung eines Betrags von 900.000 Euro auf ein auf Patrick Friesacher lautendes Konto veranlassten, über das Dr. Jörg Haider verfügen konnte und für dessen Rückstandssaldo in Höhe von 898.000 US-Dollar (entsprechend ca. 637.000 Euro) er gehaftet hatte”.

Gegen diese Vorwürfe verwehrten sich die beiden Männer beim Prozessauftakt vehement. “Sie wollten Gutes in Kärnten tun”, hielt dem ihr mitangeklagter Rechtsvertreter entgegen. Einer der beiden Geschäftsmänner erläuterte in seiner Einvernahme, das Land Kärnten habe “gesagt, wir sollen uns an sozialen Projekten beteiligen”. Von Sponsoring sei die Rede gewesen. Er und sein Partner hätten darauf je eine Million Euro zur Verfügung gestellt. “Damals gab es keine Verträge und Vereinbarungen. Wohin das Geld geflossen ist, hat das Land Kärnten beschlossen”, meinte Alexey B., der in diesem Kontext keine Namen nannte. Ihn habe das auch nicht weiter interessiert.

Dem Anwalt, der in die inkriminierten Vorgänge involviert war, wird Beteiligung an der Bestechung angelastet. Gegen Koloini erhebt der Staatsanwalt den Vorwurf, am 1. und 2. Februar 2007 das von den Russen gespeiste Bankkonto aufgelöst und das verbliebene Guthaben von 197.032,8 Euro auf mehrere Sparbücher verteilt bzw. in einem Kuvert Jörg Haider übergeben zu haben: “Franz Koloini beabsichtigte mit der Überweisung, Behebung und Anlegung auf anonymen Sparbüchern, die Spuren der Geldflüsse zu verwischen und die spätere Auffindbarkeit der Vermögenswerte, von denen er zudem wusste, dass sie dem Dr. Haider für die parteiliche Vornahme von Amtsgeschäften zugewendet worden waren, für die Strafverfolgungsbehörden zu unterbinden.”

Abenteuerliche Geldschiebereien

Die Russen gaben in Bezug auf ihr Staatsbürgerschafts-Ansuchen an, dass sie deshalb Österreicher werden wollten, weil sie den Hauptsitz ihres im Energie-Sektor tätigen Konzerns angeblich nach Österreich verlegen wollten. Dafür baten sie um ein Empfehlungsschreiben des Landes Kärnten. Eingefordert wäre ein solches aber nicht worden.

Das Minardi-Engagement Friesachers war übrigens mit einer abenteuerlichen Konstruktion von der Hypo Alpe Adria vorfinanziert worden: Zunächst wurde auf den Namen Friesacher ein Konto eröffnet, wobei dieser von dessen Existenz gar nichts wusste. Der Motorsportler hatte auch keine Unterschrift geleistet, weil – wie Haiders Ex-Protokollchef Koloini dazu heute erklärte – man Friesacher damit nicht behelligen wollte. Man habe sich laut Koloini Folgendes gedacht: “Er ist Formel 1-Fahrer, er fährt mit 300 km/h in die Kurve, wir dürfen ihn damit jetzt nicht belasten.”

Trotz fehlender Unterschrift und einer Einlage von Null bei keinerlei Sicherheiten überwies die Hypo Alpe Adria Minardi im März 2005 zwei Mio. US-Dollar. Die Russen, die das Konto abdecken sollten, ließen sich damit erheblich Zeit – womöglich deshalb, weil ihr im Oktober 2005 eingebrachter Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft monatelang unbearbeitet blieb – , so dass die Bank in weiterer Folge Haider bzw. dessen Umfeld immer wieder bedrängte, den Kontostand doch endlich auszugleichen.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Die Urteile sind für den späten Freitagnachmittag geplant. Koloini drohen bis zu fünf Jahre Haft, den drei übrigen Angeklagten ein bis zehn Jahre.

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