Prozess gegen Ex-Kanzler Kurz ist "ausreserviert"

Am kommenden Mittwoch (18. Oktober) beginnt am Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen falscher Beweisaussage. Auch wenn im Zuge der Berichterstattung über diverse Anzeigen und Verfahren oft der gegenteilige Eindruck vermittelt wird - die Zahl der Prozesse wegen dieses Delikts ist tendenziell rückläufig, zeigt eine Statistik des Justizministeriums. Rund 75 bis 80 Prozent enden mit einem Schuldspruch.
Prozess gegen Kurz wegen falscher Beweisaussage am 18. Oktober
Im Jahr 2013 gab es noch 1.480 Prozesse wegen falscher Beweisaussage. Diese Zahl ging über die Jahre langsam, aber fast beständig auf zuletzt 1.102 (2022) zurück. Konstant blieb über die Jahre die Verurteilungsquote - zwischen drei Viertel und vier Fünftel der Prozesse führten zu einer Verurteilung, der Rest endete mit einem Freispruch.
Im Fall einer Verurteilung (2022: 867) wird mit Abstand am häufigsten eine bedingte Freiheitsstrafe (2022: 453) verhängt. Zweithäufigste Sanktion ist eine unbedingte Geldstrafe (2022: 130), anschließend folgen in etwa gleichauf eine unbedingte Freiheitsstrafe (2022: 88) sowie eine Kombination aus unbedingter Geld- und bedingter Freiheitsstrafe (2022: 85). Ebenfalls mögliche Sanktionen sind eine teilbedingte Geldstrafe (2022: 55) oder eine teilbedingte Freiheitsstrafe (2022: 36). Andere Sanktionen kommen nur vereinzelt vor.
Kontingent für Medienschaffende bei Prozess eingeschränkt
Wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn auf APA-Anfrage mitteilte, musste das Kontingent für Medienschaffende aus Platzgründen eingeschränkt werden. Was Vertreterinnen und Vertreter der schreibenden Zunft betrifft, stehen für die Hauptverhandlung gegen Kurz und die beiden Mitangeklagten, die ehemalige ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner sowie den Kurz-Vertrauten und Ex-Kabinettschef im Bundeskanzleramt, Bernhard Bonelli, im Regelfall pro Medium maximal zwei Sitzplätze zur Verfügung. Davon ausgenommen sind Fotografinnen und Fotografen und Kameraleute, die ohne Beschränkungen in den Großen Schwurgerichtssaal dürfen, diesen aber nach dem Aufruf zur Sache und somit zu Beginn der Verhandlung wieder verlassen müssen. Foto- und Filmaufnahmen sowie Audio-Aufzeichnungen sind während der laufenden Verhandlung nicht gestattet.
Prozess gegen Ex-Kanzler Kurz ist "ausgebucht"
83 Medienschaffende aus dem In- und Ausland haben sich in den vergangenen Wochen zum Prozess gegen Kurz & Co angemeldet. Weitere 38 Sitzplätze stehen für die interessierte Öffentlichkeit zur Verfügung - diese Personen werden auf der Galerie Platz nehmen müssen. Wer nicht jetzt schon im Besitz einer Sitzplatz-Bestätigung ist, wird die Verhandlung nur über Liveticker verfolgen können. "Es macht keinen Sinn, ohne Reservierung zur Verhandlung zu kommen. Wir haben nicht die Kapazitäten, um Leute, die kurzfristig kommen wollen, im Saal unterzubringen", betonte die Sprecherin des Landesgerichts am Mittwoch. Salzborn versicherte im Gespräch mit der APA, die Türen zum Großen Schwurgerichtssaal würden diesmal frühzeitig geöffnet, damit sich tumultartige Szenen und nicht ungefährliches Geschubse, das zuletzt im Teichtmeister-Prozess das Blut so manches Medienschaffenden in Wallung versetzt hatte, nicht wiederholen.
Verhandlung gegen drei Angeklagte bis zum 23. Oktober anberaumt
Für die Verhandlung gegen die drei Angeklagten sind bisher drei Verhandlungstermine bis zum 23. Oktober anberaumt. Sebastian Kurz, der sich eben so wie die Mitangeklagten "nicht schuldig" bekennen wird, wird möglicherweise erst am zweiten Verhandlungstag ausführlich zu Wort kommen, sollten die Eröffnungsvorträge der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSA) und der drei Verteidiger länger dauern. Zeuginnen und Zeugen sind vorerst noch keine geladen - zu deren Befragung werden wohl weitere Verhandlungstermine ab November vonnöten sein.
WKStA mit über 100 Seiten umfassenden Strafantrag
Die WKStA hat in ihrem schriftlichen, über 100 Seiten umfassenden Strafantrag die Befragung von nicht weniger als 18 Zeuginnen und Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung beantragt. Auf der Liste stehen unter anderem die ehemaligen ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und Gernot Blümel sowie Ex-Vizekanzler und -FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Befragt werden sollen auch Thomas Schmid, dessen Bestellung zum ÖBAG-Chef zentrales Thema der Causa ist, Peter Sidlo, dessen Ernennung zum Casinos-Austria-Vorstand heftig umstritten war, sowie der Industrielle Siegfried Wolf und Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner. Letzterer war auch Casinos-Aufsichtsratschef. Zudem könnte die Verteidigung die Ladung weiterer Personen beantragen, die - sollte der Richter ihre Einvernahme für erforderlich halten - ebenfalls unter Wahrheitspflicht zu vernehmen wären.
Kurz und Bonelli vorgeworfen in Causa ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes falsch ausgesagt zu haben
Kurz und Bonelli wird von der WKStA vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt. Glatz-Kremsner soll sowohl vor dem U-Ausschuss als auch bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Ermittlungsverfahren der WKStA zur Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der Casinos Austria AG wissentlich die Unwahrheit gesagt haben. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. "Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen", hatte Kurz nach Bekanntwerden der Anklage-Erhebung auf Twitter (X) gepostet.
(APA/Red)