Prozess gegen Eltern: Vierjährige beherrschte nur drei Wörter
Als im vergangenen Sommer das Jugendamt einschritt, beherrschte die Vierjährige ganze drei Wörter: “Mama”, “Bauchi” und “Sitzi”. Zwei Sozialarbeiterinnen hatten routinemäßig in der Wohnung in einer tristen Gemeindebau-Anlage in Wien-Floridsdorf Nachschau gehalten. Sofort fiel ihnen auf, dass das Kinderzimmer mit einem Riegel von außen versperrt war. Die Fersen des kleinen Mädchens waren wund gewetzt, weil die Kleine offensichtlich in viel zu kleine Schuhe gezwängt wurde. Den Eltern – er 36 Jahre alt, als Arbeiter in einem Baumarkt beschäftigt, sie 33 und arbeitslos – wurde in weiterer Folge das Kind abgenommen.
Eine Psychologin stellte fest, dass sich das Mädchen auf dem Entwicklungsstand einer Zweijährigen befand und offenkundig vernachlässigt worden war. Vor Gericht war sich das Paar jedoch keiner Schuld bewusst. Die Mutter regte sich über die Sozialarbeiterinnen auf, die in ihrer Wohnung ungefragt Zigaretten geraucht hätten, der Vater schimpfte: “Ich komm’ mir vor wie auf aner Versteigerung!” Man habe die Tochter zu Pflegeeltern geben müssen, jetzt dürfe er dafür noch Unterhalt zahlen, beschwerte er sich.
Einem psychologischen Gutachten zufolge dürfte dem Mädchen das neue zu Hause gut tun. Von “beachtlichen Fortschritten” und einem “überraschenden Entwicklungsprozess” ist darin die Rede. Die Verhandlung gegen die leiblichen Eltern wurde vertagt.