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Prozess gegen „Bierbarone“ wegen Verdachts auf Insiderhandel

Am nächsten Donnerstag (12. April) um Punkt neun Uhr startet im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen 16 „Bierbarone“ bzw. Mitglieder ihrer Familien.

Ihnen wird im Zusammenhang mit dem im Jahr 2003 erfolgten Verkauf der Brau Union/Brau Beteiligungs AG (BBAG) an den niederländischen Bier-Konzern Heineken Insiderhandel vorgeworfen. Unter den Angeklagten befinden sich Vertreter der prominenten österreichischen Brauereifamilien Beurle, Büche, Kretz, Atzwanger und Mathes.

Staatsanwalt im Bier-Verfahren ist Georg Krakow, der auch im BAWAG-Verfahren als leitender Ermittler federführend für die Anklagebehörde ist. Der Prozess wird unter dem Vorsitz von Richter Thomas Kreuter geführt. Seit Mai 2006 lag der Strafantrag des Staatsanwaltes vor. Wegen Überlastung des Richters findet der Prozess nun erst jetzt, im April 2007, statt – vier Jahre nach dem Ende des behaupteten Tatbestands.

Laut Strafantrag sollen die 16 Beschuldigten – darunter vor allem Ex-Vorstandsboss Karl Büche, der den Bierkonzern operativ gesteuert hatte, sowie Ludwig Beurle und Fritz Kretz, die als Vertreter der größten Aktionärsgruppen entscheidend im Eigentümersyndikat mitzureden hatten und über alle Details der Verkaufsverhandlungen informiert waren – gegen Paragraf 48a Absatz 3 Börsegesetz verstoßen haben. Inkriminierter Tatzeitraum: November 2002 bis April 2003. Im Mai 2003 wurde die Übernahme der BBAG (Marken Zipfer, Gösser, Schwechater, Puntigamer …) durch den niederländischen Bier-Riesen Heineken fixiert. Der ganze Deal, also die Totalübernahme der BBAG/Brau Union-Gruppe einschließlich Streubesitzabfindungen, war 1,9 Mrd. Euro wert.

Die Anklagebehörde wirft den Betroffenen vor, sich bzw. Dritten nur Insidern zugängliche Informationen verschafft und auf Basis dieser im Vorfeld der Bekanntgabe des Verkaufs Wertpapiergeschäfte getätigt zu haben. Dadurch, so der Kern der Anklage, sollen sie auf unredliche Weise zu einem Vermögensvorteil gekommen sein, weshalb der Staatsanwalt konsequenterweise die Abschöpfung der im Strafantrag nicht bezifferten Bereicherung verlangt.

Konkret sollen die Angeklagten Insiderwissen über den bevorstehenden Kauf der Brau Union/BBAG durch Heineken in verbotener Weise für Aktienspekulationen genutzt haben. Knapp vor der Bekanntgabe des Heineken-Deals hätten die nun angezeigten Mitglieder der Industriellenfamilien Aktien gekauft und unmittelbar danach mit zum Teil erheblichen Gewinnen wieder verkauft.

Der Prozess dürfte sich zu einem „Mammutverfahren“ auswachsen: Im Grauen Haus ist vorerst eine mindestens sechswöchige Verhandlungsdauer vorgesehen, zehn Verhandlungstermine sind bereits fixiert worden. Sollte es zu Verurteilungen kommen, drohen den Beschuldigten, die bisher alle Vorwürfe zurück gewiesen haben und daher die Unschuldsvermutung für sich in Anspruch nehmen dürfen, bis zu zwei Jahre Haft. Die Bestimmungen gegen Insiderhandel wurde mit Wirkung von Jahresbeginn 2005 verschärft, der maximale Strafrahmen von zwei auf fünf Jahre erweitert. Für Taten, die vor der Novelle gesetzt wurden, gelten die schärferen Bestimmungen jedoch nicht.

Einer der prominenten Verdächtigen als Vertreter der einstigen Eigentümerfamilien, Ex-Brau-Union-Chef Karl Büche, hat die Vorwürfe immer entschieden zurückgewiesen. „Die Insiderregeln sind ganz jung. Es gibt keine Judikatur“, so Büche bereits vor eineinhalb Jahren im APA-Gespräch. Es komme ihm vor, als ob dieser Fall von juristischer Seite als „Versuchskaninchen“ herhalten müsse, um die Judikatur und das Insidergesetz auszutesten. Er warf Teilen der ermittelnden Behörden auch vor, Beteiligte in „Sippenhaft“ zu nehmen.

Büche wehrt alle Vorwürfe eines Insiderdelikts durch die Aktienkäufe und -verkäufe zurück. Er habe sich als damaliger Konzernchef und somit potenzieller „Primärinsider“ an das Handelsverbot gehalten, nicht spekuliert und auch sonst keine Insiderinformationen missbraucht. Und bei den übrigen ehemaligen Kernaktionären habe es keine Veränderung im Investitionsverhalten gegeben. Ein Kernaktionär müsse auch in seine Firma investieren können. Das Insiderrecht, so Büche, stehe für Gleichbehandlung aller Aktionäre. Und wenn Familienaktionäre von Investitionen ausgeschlossen werden sollten, dann sei es vorbei mit der Gleichbehandlung von Kernaktionären und Klein-Aktionären. Im übrigen sei in den fraglichen Zeiträumen „nichts geheim“ gewesen, seit 2002 hätten alle Analysten die Bier-Aktien auf „Kauf“ gesetzt, argumentiert Büche.

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