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Proteste und Terrorangst überschatten Olympia-Startschuss

Mit einer bombastischen Zeremonie im neuen Pekinger Nationalstadion ("Vogelnest") sind am heutigen Freitagabend (Ortszeit) die XXIX. Olympischen Sommerspiele in Peking eröffnet worden.
Terrorwarnung
Bombendrohung
Festnahmen
Selbstverbrennung
Kritikloser Staatsbesuch

Die glanzvolle Feier, an der etwa 80 Staats- und Regierungschefs teilnahmen, wurde vom Streit über die chinesische Menschenrechtspolitik, Protesten und Terrorangst überschattet. US-Präsident George W. Bush hatte wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier auf eine Verbesserung der Menschenrechte in China gepocht. Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao betonte, Peking habe diesbezüglich alle Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft erfüllt.

Die dreieinhalbstündige Eröffnungsfeier begann um acht Uhr acht chinesischer Zeit (14.08 Uhr MESZ) vor 91.000 Zuschauern im Pekinger Olympiastadion. 15.000 Akrobaten und Tänzer führten in einem farbenfrohen Spektakel durch die chinesische Geschichte. 29.000 Feuerwerkskörper und Böller sollten dazu beitragen, dass die Zeremonie alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Danach sollten die 11.000 Athleten aus über 200 Nationen und Regionen in dem Stadionoval einmarschieren. Die österreichische Regierung wird bei der Eröffnungszeremonie von Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) und Sport-Staatssekretär Reinhold Lopatka (V) vertreten.

Seit Donnerstag war die Politprominenz der Welt in Peking nach und nach eingetroffen, angeführt von Bush, dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin und dem französischen Staatschef und EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy. Der scheidende US-Präsident Bush fand als einziger deutliche Worte zu den chinesischen Menschenrechtsverletzungen. Die USA würden weiterhin offen ihre Überzeugung vertreten, dass alle Menschen die Freiheit haben sollten, sagte er bei der Eröffnung der neuen US-Botschaft am Freitagvormittag in Peking.

Beim anschließenden Mittagessen für die Staatsgäste in der Pekinger “Großen Halle des Volkes” betonte Hu, China habe sein Versprechen, “grüne, technologische und volksnahe Spiele” zu organisieren, erfüllt. Der Beginn der Spiele sei ein “historischer Augenblick”, mit dem sich ein langer Traum des chinesischen Volkes erfülle. Es handle sich aber auch um eine Gelegenheit für die Welt, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen. Die Welt brauche nämlich heute mehr denn je Zusammenarbeit. “Wir sollten über die Unterschiede zwischen uns hinauswachsen und uns für den Aufbau einer harmonischen Welt mit dauerhaftem Frieden und allgemeinem Wohlstand einsetzen”, sagte der kommunistische Politiker.

Rückendeckung bekam er vom russischen Premier Putin, der sich in Peking für eine “unvoreingenommene Bewertung” der Olympischen Spiele aussprach. Sarkozy warb dafür, China auf seinem Weg hin zu westlichen Werten wie Offenheit, Toleranz und Fortschritt “zu begleiten”. Diplomatenangaben zufolge ließ er den Behörden eine Liste mit Namen freizulassender chinesischer Dissidenten übergeben. Menschenrechtler hatten eine Zunahme der Repression gegen Regimekritiker vor den Olympischen Spielen beklagt. Auch Journalisten berichteten von Einschränkungen.

In Peking herrschten am Freitag strengste Sicherheitsvorkehrungen, um Anschläge zu verhindern. Einige hunderttausend Sicherheitskräfte und Verkehrspolizei säumten die Straßen, der Flughafen wurde während der Eröffnungsfeier gesperrt. Ein im japanischen Nagoya gestartetes Flugzeug der Fluggesellschaft Air China musste zurückkehren, nachdem die Luftlinie eine Bombendrohung per E-Mail erhalten hatte. Darin wurde mit Flugzeuganschlägen auf die Olympia-Stätten gedroht, sollte Air China nicht sofort den Flugbetrieb einstellen. In der nordwestchinesischen Unruheregion Xinjiang wurde der Basar der Stadt Urumqi aus Furcht vor Anschlägen geschlossen.

Die weltweiten anti-chinesischen Proteste hielten indes an. Bei einer Protestaktion von Uiguren vor der chinesischen Botschaft in Ankara setzte sich ein Demonstrant in Brand. Er wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht. Im nepalesischen Kathmandu wurden 1400 Exil-Tibeter festgenommen, die das dortige chinesische Konsulat stürmen wollten, um gegen die chinesische Unterdrückung in ihrer Heimat zu protestieren. In Neu-Delhi gingen 3.500 Tibeter auf die Straße. 150 buddhistische Mönche versuchten, die dortige chinesische Botschaft zu stürmen. In Hongkong löste ein Brite ein Verkehrschaos aus, als er an einer Brücke ein Transparent mit der Forderung nach mehr Freiheit in China enthüllte. In Taiwan demonstrierten bereits am Donnerstagabend 200 Menschen für mehr Freiheit auf dem chinesischen Festland. Vor der chinesischen Botschaft in Wien-Landstraße protestierten am Vormittag etwa 50 pro-tibetische Aktivisten friedlich gegen die chinesische Besatzung ihrer Heimat. Zeitgleich mit der Eröffnungsfeier organisierte die Medienfreiheitsorganisation “Reporter ohne Grenzen” Demonstrationen vor mehreren chinesischen Botschaften in Europa.

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