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Privatuni CEU: Teilübersiedlung nach Wien fix

Die Universität soll in das Areal des Otto-Wagner-Spitals ziehen.
Die Universität soll in das Areal des Otto-Wagner-Spitals ziehen. ©APA/Georg Hochmuth
Es ist offiziell: Die Budapester Privatuniversität Central European University hat ihre Teilübersiedlung nach Wien bekanntgegeben.

Angesichts des andauernden Konflikts mit dem ungarischen Staat hat die Budapester Privatuniversität Central European University (CEU) nun offiziell ihre Teilübersiedlung nach Wien bekanntgegeben. Die in den USA akkreditierten Programme werden ab September 2019 in der österreichischen Bundeshauptstadt weitergeführt, hieß es in einer Aussendung vom Montag.

CEU wurde zum gehen gezwungen

“Die CEU wurde gezwungen, wegzugehen”, zitierte der Text CEU-Rektor Michael Ignatieff. “Das ist beispiellos. Eine US-Institution wurde aus einem Land vertrieben, das ein Alliierter (der USA, Anm.) in der NATO ist. Eine europäische Institution wurde aus einem EU-Mitgliedsstaat verdrängt.” Für 14.00 Uhr ist eine Pressekonferenz der Universität angekündigt.

Die Universität behält demnach ihre Akkreditierung in Ungarn und wird dort weiterhin als rein ungarische Hochschule wirken, darf aber keine US-Diplome mehr ausstellen.

Budapest: Keine Studentenaufnahme ab 1. Jänner

Die international renommierte Privatuniversität mit derzeit 1.200 Studenten war 1991 durch den ungarischstämmigen liberalen US-Milliardär und Philanthropen George Soros gegründet worden, den die rechtsnationale ungarische Regierung von Viktor Orban inzwischen zum Staatsfeind Nr. 1 erkoren hat. Ein neues ungarisches Hochschulgesetz aus dem Jahr 2017 hatte laut Kritikern offenbar einen Angriff auf die CEU zum Hauptziel. Obwohl die in Ungarn und den USA akkreditierte Universität laut CEU-Spitze mittlerweile die Anforderungen des Gesetzes erfüllt, hat sich die ungarische Regierung bis zum Stichtag 1. Dezember geweigert, das Abkommen mit dem US-Staat New York zu unterzeichnen und damit den Standort der CEU in Budapest zu erhalten. Damit darf die Universität ab 1. Jänner keine neuen Studenten in Budapest mehr aufnehmen.

Ludwig äußert sich zur Übersiedlung

“Die CEU hat sich ihre Entscheidung, Budapest zu verlassen, nicht leicht gemacht. Umso wichtiger ist es jetzt, dieser renommierten und gleichzeitig so sozial ausgerichteten Universität ein herzliches Willkommen zu bereiten. Wien unterstützt die CEU seit über einem Jahr bei der Umsetzung ihrer Übersiedlungspläne. Die Verhandlungen der Stadt Wien mit der Budapester Central European University laufen auf Hochdruck. Mir ist wichtig, dass sowohl das Lehrpersonal als auch die Studierenden einen guten Start hier in unserer Stadt haben”, so Ludwig zu der geplanten Übersiedlung. Er will bereits heute Abend mit Vertretern der CEU im Wiener Rahaus über weitere Schritte sprechen.

Faßmann begrüßt Aufwertung des Wissenschaftsstandorts

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) begrüßt die Teilübersiedlung der Budapester Central European University (CEU) nach Wien. Diese werde zu einer Aufwertung des Wissenschaftsstandorts Wien führen, hieß es am Montag auf APA-Anfrage aus dem Ministerium. Er hoffe auf eine Kooperation der CEU mit den österreichischen Fachhochschulen und Universitäten. Davon würden alle profitieren.

Das Ministerium werde die CEU nach Möglichkeit unterstützen – etwa durch informellen Austausch oder durch Kooperationen. Einzig finanziell könne es keine Förderung geben, so Faßmann. Das Privatuniversitätengesetz erlegt dem Bund ein weitgehendes Finanzierungsverbot für Privatunis auf.

Faßmann hatte erst vor zwei Wochen Universitätsgründer George Soros in Wien getroffen und mit ihm über die geplante Übersiedlung gesprochen. Grund dafür ist das Vorgehen der rechtsnationalen ungarischen Regierung – die den liberalen US-Financier Soros als “Staatsfeind Nr. 1” ansieht – gegen die international renommierte, in den USA und Ungarn akkreditierte Hochschule. Ab Herbst 2019 sollen die US-akkreditierten Programme der CEU in Wien angeboten werden, gab die Uni am Montag bekannt.

Konflikte vor Übersiedlung

Die Universität ziehe jetzt in ein Land (Österreich Anm.), in dem “man nicht mit uns spielt”. In Wien sind wir “keine Flüchtlinge, wir haben größere Ambitionen”. Der Rektor werde hinsichtlich der Gründe der Entscheidung der ungarischen Regierung von Premier Viktor Orban keine Vermutungen anstellen, das solle man von Orban persönlich erfragen. Laut Ignatieff sei der heutige Tag ein “finsterer Tag für die akademische Freiheit”.

Die CEU hatte der Regierung von Premier Orban mit dem 1. Dezember eine Frist für die Unterzeichnung der Vereinbarung gestellt und bei Nichterfüllung die Übersiedlung ihrer in den USA akkreditierten Programme nach Wien angekündigt. “Wir konnten nicht länger warten”, betonte der Rektor. Die Bekanntgabe des Umzuges sei deswegen bereits jetzt erfolgt, damit rechtzeitig Studenten für das kommende Studienjahr angeworben werden können.

Der stellvertretende CEU-Rektor Liviu Matei unterstrich den herzlichen Empfang in Wien. Dies sei “ein großer Unterschied zu Budapest”. “Beide Pole” der österreichischen Politik hätten die CEU “mit offenen Armen” empfangen – sowohl die türkis-blaue Regierung als auch das rot-grüne Wiener Rathaus. Die ungarische Regierung habe hingegen “getrickst, gelogen, einen Propagandafeldzug geführt”, kritisierte Matei.

Auf der Pressekonferenz wurde weiter betont: Die CEU habe in den vergangenen 20 Jahren alles unternommen, um den ungarischen Gesetzen zu entsprechen. Als Ungarn aufgrund des neuen Hochschulgesetzes Lehrtätigkeiten der US-akkreditierten Universität in den USA selbst forderte, habe die CEU in den Vereinigten Staaten eine Hochschulausbildung gestartet, die seitens der amerikanischen Behörden registriert und gebilligt wurde. Dennoch hätten die ungarischen Behörden angekündigt, dies mit dem US-Staat New York ausverhandelte diesbezügliche Vereinbarung nicht zu unterzeichnen. Diese hätte die Budapester Tätigkeiten der CEU langfristig gesichert.

Die international renommierte Central European University hat derzeit 1.200 Studenten und war 1991 vom ungarischstämmigen US-Milliardär und Philanthropen George Soros gegründet worden. Der liberale Financier gilt seit Jahren als “Staatsfeind Nr. 1” für Orban.

EU-Kommission “zutiefst besorgt”

Die EU-Kommission hat sich “zutiefst besorgt” über die Teilübersiedlung der Central European University (CEU) von Budapest nach Wien gezeigt. Ein Sprecher der EU-Behörde sagte am Montag, das ungarische Universitätengesetz behindere Universitäten anderer Länder unverhältnismäßig und müsse in Einklang mit EU-Recht gebracht werden.

Die EU-Kommission hat Ungarn vor dem EU-Gerichtshof wegen des Universitätengesetzes verklagt. Das Gericht habe erklärt, den Fall prioritär zu behandeln. Bis das Gericht entscheide, liege es an der CEU jene Maßnahmen zu ergreifen, die ihren Weiterbetrieb garantiere, sagte der Sprecher.

Rund 700 Studierende im Studienjahr 2018/19 in Wien erwartet

Die CEU rechnet damit, dass bereits im kommenden Studienjahr 2019/20 rund 700 Studierende in der Bundeshauptstadt inskribiert sein werden. Wo die Uni bis zur Adaptierung des Otto-Wagner-Areals zwischenzeitlich untergebracht wird, soll in den nächsten Tagen geklärt sein.

Laut derzeitigem Stand müssen ab 2019 alle neuen Studierenden, die ein US-Diplom erreichen wollen, in Wien immatrikuliert werden, jene in laufenden Programmen dürfen ihr Studium noch abschließen. Die meisten Studiengänge dauern zwei Jahre, bei etwa 1.400 Studierenden aus rund 160 Ländern gibt es also jährlich grob gerechnet 700 Absolventen und 700 Anfänger, wie der stellvertretende Rektor Liviu Matei am Montagabend vor Journalisten in Wien erklärte. Matei und Leon Botstein, Vorsitzender des Board of Trustees der CEU, waren zuvor mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu einem ersten Treffen nach der heutigen Bekanntgabe der Übersiedlung der Universität von Budapest nach Wien zusammengekommen.

Ab 2023/24 wird die CEU auf einem Teil des Geländes untergebracht sein, auf dem sich jetzt noch das Otto-Wagner-Spital befindet. 17 Pavillons – östlich der Mittelachse, wo sich das Theater und die Kirche befinden – sollen an die Uni nach entsprechendem Umbau vermietet werden, erläuterte Ludwig. Angedacht ist ein Campusmodell, auf dem auch Wohneinheiten und Kulturangebot untergebracht werden sollen. Und den Wienern wird das Areal weiterhin öffentlich zugänglich sein, versprach der Stadtchef.

Keine Informationen über nötige Geldaufwendungen

Über die nötigen Geldaufwendungen ist noch nichts bekannt. Geplant ist jedenfalls, dass die Stadt die nötigen Umbauten finanziert und sich die Ausgaben über Mietzahlungen der Uni zurückholen will. Koordiniert wird das Projekt federführend von der Wiener Wirtschaftsagentur.

Wegen des noch laufenden Krankenhausbetriebs bzw. der größer dimensionierten Adaptionen braucht es eine schnelle Zwischenlösung ab Herbst 2019, wenn der Studienbetrieb in Wien beginnt. Diese sei so gut wie fixiert, berichteten die Herren. Mehr wurde aber noch nicht verraten, da der Vertrag noch nicht unterschrieben sei. In “sieben bis zehn Tagen” soll es laut Matei aber so weit sein.

Botstein sagte, die CEU strebe neben der bestehenden Akkreditierung in den USA eine solche auch in Österreich an. Sie wäre zwar grundsätzlich für den Betrieb nicht nötig, ermögliche aber beispielsweise, EU-Gelder zu lukrieren.

Gemäß den Angaben der CEU-Vertreter wird ein Großteil der Studierenden übrigens durch die Privatuniversität selbst unterstützt – mittels vollständiger oder teilweiser Vergütung der Studiengebühren. Nur ein geringer Teil zahle die volle Summe.

Strache spricht von “Wanderuniversität”

FPÖ-Chef Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat die Übersiedlung der Central European University (CEU) nach Wien am Dienstag kritisiert. In einer Pressekonferenz mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete Strache die vom US-Milliardär George Soros gegründete Einrichtung als “Wanderuniversität”. Kurz wertete die neue Universität dagegen als “positive Bereicherung” für Wien.

Soros und die CEU werden von der rechtskonservativen Regierung in Ungarn massiv angefeindet, FPÖ-Politiker haben Teile dieser Kritik zuletzt übernommen. Strache meinte, die FPÖ stehe der Übersiedlung der Universität sehr kritisch gegenüber. “Wie Sie wissen handelt es sich um eine sogenannte Wanderuniversität, die keinen Referenzcampus hat”, sagte Strache. Es könne nicht sein, dass die Grundlagen, die normalerweise für Universitäten in Betracht gezogen werden, nicht erfüllt werden.

Der FPÖ-Chef nahm damit offenbar Bezug auf das Hochschulgesetz, mit dem die ungarische Regierung die CEU aus dem Land gedrängt hatte. Das Gesetz sieht vor, dass in Ungarn akkreditierte ausländische Universitäten auch ihrem Herkunftsland Studien anbieten müssen. Obwohl die CEU diese Bedingung seit dem Frühjahr 2018 erfüllt, verweigerte die ungarische Regierung die Unterzeichnung eines entsprechenden Abkommens mit dem US-Bundesstaat New York. Damit muss die 1991 gegründete Universität nun einen Teil ihres Programms von Budapest nach Wien verlegen.

(APA/Red)

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