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Praxis-Handelsschule startet sensationell

Janine Decarli übernimmt ein Fahrzeug zum Service, Chef Walter Natter erläutert, was dabei alles zu beachten ist.
Janine Decarli übernimmt ein Fahrzeug zum Service, Chef Walter Natter erläutert, was dabei alles zu beachten ist.
Erster Lokalaugen­schein beim Bregenzerwälder Pilotprojekt zum praxisnahen Unterricht.

Bezau. (stp) „Wenn das so weitergeht, dann wird der praxisbezogene Schulversuch ein voller Erfolg, der Start hat unsere Erwartungen jedenfalls weit übertroffen“, zieht Direktor Andreas Kappaurer nach dem überaus vielversprechenden Start eine erste Zwischenbilanz. „Intensiver Praxiskontakt“ ist das Ziel dieses Schulversuchs, bei dem österreichweit etwa 20 Handelsschulen neue Wege im Unterricht gehen. In Vorarlberg sind neben den Wirtschaftsschulen Bezau noch Feldkirch, Bludenz und Lustenau am Projekt beteiligt. Bregenz hat dieses Modell in ähnlicher Form bereits als Pilotprojekt umgesetzt.

Ein Tag am Arbeitsplatz

Mindestens 160 Stunden sollen Schülerinnen und Schüler bei diesem Schulversuch in einem Schuljahr in der Praxis Erfahrungen sammeln. „Nicht als ,Zuschauer‘, denen die Tätigkeiten am Arbeitsplatz erklärt werden, sondern als ,Mitarbeiter‘, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten – unter entsprechender Anleitung – eigenständig mitarbeiten und Praxis­erfahrung pur sammeln können. Deshalb war ich auch dagegen, dass dieses Projekt in Halbtagsmodulen abgewickelt wird. Der Mittwoch ist deshalb ganztägig Arbeitstag, die restlichen vier Tage findet ganz normaler Unterricht statt, wobei dort die Praxiserfahrungen natürlich einfließen und aufgearbeitet werden“, so Kappaurer.

Lokalaugenschein

Wie das funktioniert, davon wollte sich die VN-Heimat bei einem Lokalaugenschein selbst ein Bild machen. Zwischen Alberschwende und Au konnten dabei überaus positive Eindrücke gewonnen werden. Früh aufstehen heißt es für Magdalena Meusburger, die in der Praxis von Dr. Jodok Fink lernt. Eine ideale Möglichkeit, denn ihr Berufsziel ist Krankenschwester. „Vieles von dieser Ausbildung kann sie schon hier lernen“, so der Mediziner, der seine neue Assistentin möglichst viele Tätigkeiten erledigen lässt. „Mitarbeiten lassen“ ist der Grundsatz für die Praxis-Handelsschule – und Magdalena war beim überraschenden Besuch durch die VN-Heimat intensiv beim „Mitarbeiten“, u. a. beim Röntgen.

Vom Arzt ins Autohaus

Totales Kontrastprogramm: von der Arztpraxis ins Autohaus. Bei Walter Natter in Au hat Janine Decarli ihren zweiten Arbeitstag begonnen. Neugier auf etwas Neues, eher Ungewöhnliches, war der Hauptgrund, weshalb sie sich für diesen Arbeitgeber entschieden hat. Auch sie fühlt sich im Kreis von zehn Mitarbeitern sichtlich wohl, auch deshalb, weil „man mich viel eigenständig arbeiten lässt“. Toyota Natter feiert heuer 20-Jahr-Jubiläum am Standort, der dem Unternehmen im Herbst 2005 fast zum Verhängnis geworden wäre. Die Hochwasserkatas­trophe setzte den Betrieb unter Schlamm und Kies, schwemmte fast drei Dutzend Fahrzeuge einfach weg. Spuren davon finden sich heute noch, immer wieder rieselt Sand aus irgendwelchen Ritzen. Gemeinsam hat man einen Neuanfang geschafft. Das schweißt zusammen, das schafft ein ausgezeichnetes Klima – und das kommt auch der neuen Mitarbeiterin zugute.

Versicherung statt Bank

Bei der Wälder-Versicherung in Andelsbuch ist Nico Kleber gelandet. Eigentlich war sein Wunschjob in einer Bank, aber das war leider nicht machbar, Stichwort Bankgeheimnis. Die Bank habe leider aus solchen Überlegungen heraus die ursprüngliche Zusage wieder zurücknehmen müssen. Für Nico Kleber ist auch der Versicherungs-Job okay, zumal seine Vorgesetzte eine gute Bekannte ist: Rebecca Sohm hat 2010 die Handelsschule abgeschlossen und ist seit gut einem Jahr bei der Wälder Versicherung tätig.

Absolut kein Holzweg

Zum Abschluss der Bregenzerwald-Tour eine Visite an einem Arbeitsplatz, der für einen Handelsschulabsolventen absolut atypisch ist: Clemens Troy arbeitet handwerklich bei Holzbau Sohm in Alberschwende. Ihn zu finden, war gar nicht so einfach – optisch unterschied er sich nämlich gar nicht von seinen Kollegen. Sein „Chef“ Hans Feuerstein führte uns schließlich in eine der Hallen, wo Teams von drei bis vier Mann an einer Produktionsstraße Module für ein Fertigteilhaus, das bald in Hittisau aufgerichtet wird, fertigen. Für Clemens Troy ist der ungewöhnliche Arbeitsplatz absolut kein Holzweg, sondern völlig okay, ist er doch einschlägig vorbelastet – als Sohn des Egger Sägeunternehmers Troy.

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