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Polizist erpresste Geheimprostituierte

Symbolfoto
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Aus Angst vor finanziellen Einbußen in Folge der von Innenminister Ernst Strasser betriebenen Strukturreformen wurde ein Wiener Polizist zum Erpresser.

Der 29-jährige Sicherheitsbeamte ging zu mehreren Geheimprostituierten und machte zunächst auf „Freier“. Als die Frauen auf seine zum Schein geäußerten Wünsche einstiegen, gab sich der Mann als Gesetzeshüter zu erkennen und drohte ihnen mit dem Gefängnis und hohen Geldstrafen, sollen sie ihn nicht bezahlen. Er wurde dafür am Montag im Wiener Straflandesgericht zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt.

Eingehend hatte der Beamte die einschlägigen Inserate in verschiedenen Tageszeitungen studiert. Auf die Annonce „Vieles ist möglich“ hin setzte er sich mit einer Slowakin in Verbindung, die mit einer Kollegin in einer Wohnung in Wien-Neubau dem so genannten horizontalen Gewerbe nachging. Am 3. Jänner 2004 stattete der Beamte den beiden einen Besuch ab.

325 Euro statt 10.000 Euro

Statt „französisch“, wie er vorerst vorgegeben hatte, verlangte er jedoch 10.000 Euro. Er sei von der Sittenpolizei. Eigentlich müsste er sie ja einsperren. Er sei aber zu einem „Deal“ bereit. Die verschreckten, illegal in Österreich aufhältigen Damen jammerten über den schlechten Kundengang. Sie feilschten um den Preis und handelten den Polizisten schließlich auf jeweils 325 Euro hinunter.

Er werde wieder kommen und fortan jedes Mal zu Monatsbeginn kassieren, sagte der 29-Jährige zum Abschied. Zumindest zwei weitere Wohnungen nahm er ins Visier, wo sich ganz Ähnliches abspielte. Er landete auch in einem Massagesalon und in einem Geheimbordell in Wien-Simmering, wo er an einer dort tätigen Prostituierten auch persönlichen Gefallen gefunden haben dürfte: Nachdem er ihr 700 Euro abgeknöpft hatte, forderte er sie noch auf, mit ihm eine halbe Stunde auf ihr Zimmer zu gehen.

“Ich schäme mich”

Vor dem Schöffensenat (Vorsitz: Johannes Jilke) präsentierte sich der Gesetzeshüter als Häuflein Elend. „Ich habe mich in einem konkreten Ausnahmezustand befunden. Das Finanzielle! Ich habe nicht mehr gewusst, wie das weiter gehen soll“, klagte er. Er habe befürchtet, sämtliche Überstunden gestrichen zu bekommen. Angesichts eines überzogenen Gehaltskontos, laufender Kreditrückzahlungen für einen Wohnungsumbau sowie die Psychotherapie seiner Freundin, mit der er zwei kleine Kinder hat, sei er auf „die dumme Idee“ gekommen: „Ich schäme mich!“

„Wenn jeder Polizist, der sich vor den Umstrukturierungen fürchtet, das machen würde, hätten wir Hunderte hier stehen“, mutmaßte der Richter. Das umfassende, reumütige Geständnis bewahrte den von Verteidiger Rudolf Mayer vertretenen Polizisten vor dem Gefängnis. Nach einem neuen Job muss er sich aber auf jeden Fall umsehen: Mit dem verhängten Strafausmaß ist der automatische Amtsverlust verbunden.

„Ich war schon beim AMS. Derzeit schaut es nicht so gut aus“, meinte er zu seiner unmittelbaren Zukunft. Das Urteil wegen Erpressung und geschlechtlicher Nötigung ist nicht rechtskräftig: Der Beamte nahm die Strafe zwar sofort an, doch Staatsanwältin Michaela Schnell behielt sich eine Erklärung vor.

Die Sache war übrigens aufgeflogen, weil es einer Prostituierten zu viel wurde, als sie ein zweites Mal finanziell ausgenommen werden sollte: Als der Erpresser wieder in ihrer Wohnung auftauchte, wurde er schon von Kollegen erwartet.

Redaktion: Michael Grim

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