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Polizeischutz für Briefträger

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„Weit samma kommen. A traurige Gschicht!“, ruft eine Frau. Michael Wächter verzieht keine Miene. Video

Der Polizist neben ihm auch nicht. „Die Leute schauen schon, wenn wir gemeinsam daherkommen, aber es wird ja wirklich schon gefährlich“, sagt Wächter. Seit acht Jahren stapft der Briefträger durch ein und denselben Rayon in der Wiener Leopoldstadt. Seit heute, Freitag, hat er einen bewaffneten Begleiter an seiner Seite.

Entlang der Engerthstraße, gleich hinter dem Elderschplatz, reiht sich ein Wohnblock an den nächsten. Nirgends wirkt Wien so lieblos zubetoniert wie hier. Kilometerlang nur städtebauliche Eintönigkeit, bis hinunter zum Stadion herrscht Plattenbaustimmung. Dennoch: Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, es scheint nahezu unvorstellbar, dass es da zu Überfällen kommen kann. Wächter verschwindet in einem der unzähligen Eingänge, der Herr Inspektor folgt ihm auf Schritt und Tritt.

„Es waren alle dafür, dass die Polizei uns schützt. Mir ist noch nichts passiert. Aber vor kurzem ist ein Kollege auf der Taborstraße von zwei Leuten von hinten niedergeschlagen und mit Füßen getreten worden“, erzählt der Postler. Und das am hellichten Tag. „Sie haben ihm die Tasche gestohlen, obwohl es mitten im Monat war.“ Am Monatsanfang, da haben die Zusteller meist mehr Bargeld bei sich als sonst, denn da werden die Pensionen ausgezahlt. „Aber am 12. März?“

Wächter läuft im Zickzack durch die Häuserschluchten. Wer ihm begegnet, wird gegrüßt. Mit Namen. Der Briefträger kennt hier jeden. Und umgekehrt. „Nein, heut nix, Frau Breininger, auf wiederschaun.“ Unter den Postlern sei die Nachricht, dass es ab sofort uniformierten Escort-Service gibt, überaus positiv aufgenommen worden: „Niemand hat das gestört, alle waren dafür. Es war wirklich schon notwendig für unsere Sicherheit. Meiner Meinung nach sind es sogar zu wenig Polizisten“, sagt Wächter.

„I hob gwusst, aus dir wird no wos“, ruft ein älterer Herr, die Ellenbogen tief im Fensterbrett vergraben, dem Briefträger zu. Ist ja schließlich kein alltägliches Bild für die Anrainer: Zusteller samt Wagerl und grimmig dreinschauendem Polizisten, dazu Fotografen und Kameraleute.

Wenn Michael Wächter mit seiner Runde fertig ist, werden er und der Herr Inspektor wieder getrennte Wege gehen. Viel Zeit zum Plaudern hatten die beiden nicht, aber das war auch nicht Sinn und Zweck des Paarlaufes. „Ich geh jetzt dann rüber in die Schüttelstraße“, verkündet der Polizist. Dort wartet schon eine Kollegin von Wächter. „Die braucht den Schutz noch mehr als er.“

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