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Polizei-Datenbank ohne Parlamentskontrolle

Das Europaparlament hat sich beunruhigt über Pläne des EU-Ministerrats zum Ausbau der Datenbank des Schengener Informationssystems (SIS) geäußert.

Die geplante Aufnahme neuer Fahndungsdaten, darunter auch von Fingerabdrücken und Fotos, berge Gefahren für Menschenrechte und Datenschutz, warnte die Straßburger Versammlung am Donnerstag in einer Empfehlung an den Rat. Daher müsse die Verwaltung dieses Systems in die Hände einer EU-Agentur gelegt und vom Europaparlament kontrolliert werden.

Anlass für das Votum ist ein Beschluss der EU-Innenminister vom Juni dieses Jahres, den derzeitigen SIS-Zentralcomputer in Straßburg bis 2006 durch eine neue Anlage mit erheblich größerer Speicherkapazität zu ersetzen. Dadurch soll die Aufnahme „neuer Kategorien“ von Daten und eine Verknüpfung mit anderen Datenbanken ermöglicht werden. Die Initiative dazu hatte die spanische Regierung ergriffen, die das Schengener Informationssystem auch im Anti-Terror-Kampf einsetzen will.

Nach Informationen des Europaparlaments soll der neue SIS-Computer rund 157 Millionen Euro kosten und so konzipiert werden, dass er auch biometrische Daten wie Fingerabdrücke aufnehmen kann. Außerdem soll „neuen Behörden“ oder Einrichtungen der Zugriff zu den personenbezogenen Daten ermöglicht werden. Dabei könnte es sich um Ausländer- oder Asylbehörden, Sicherheits- und Nachrichtendienste oder auch um nicht-staatliche Stellen handeln, etwa um Kreditinstitute, heißt es in dem Text des Parlaments. Auch ein Datenaustausch mit Drittländern werde ins Auge gefasst. Angesichts dieser Pläne fordert das Europaparlament eine “öffentliche Debatte über die politischen Ziele“, die mit der neuen Schengen-Datenbank verfolgt werden sollen.

Das SIS war ursprünglich als Ausgleich für den Wegfall von Grenzkontrollen im Schengen-Raum geschaffen worden. Im Zentralcomputer sind Fahndungsdaten über Personen oder Gegenstände, etwa gestohlene Autos oder Waffen, gespeichert. Sie können derzeit von den Polizeidiensten der Schengen-Länder abgerufen werden. Kontrolliert wird das System bisher von einer gemeinsamen Kontrollinstanz, in der die Datenschutzbehörden der beteiligten Länder vertreten sind. Das Europaparlament hat bereits in der Vergangenheit vergeblich eine klare Datenschutzregelung für das SIS gefordert.

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