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Polizei bleibt auf den Straßen präsent

Günther Platter, APA
Günther Platter, APA
Gut zu Hören für Wiener: „Es wird keine Verringerung geben, was die Exekutive auf der Straße betrifft.“ Das sagte der neue Innenminister Günther Platter (V) in einem Interview.

Begeistert zeigte sich der ehemalige Gendarm über die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie. Die Erweiterung des Schengen-Gebiets bezeichnete er als „Herausforderung schlechthin“. Platter nahm auch zur Kriminalitätsentwicklung und zur Europameisterschaft Stellung.

APA: Sie kommen aus der Gendarmerie. Jetzt sind sie Innenminister, und die Gendarmerie gibt es nicht mehr. Tut ihnen das nicht ein bisschen Leid?

Platter: Es war ein entscheidender Schritt in der Sicherheitspolitik in Österreich, dass die Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie gemacht wurde, dass in der Verwaltung eingespart werden kann und dass wir im Bereich der Exekutive bei den Beamten ein Mehr zur Verfügung haben. Der zweite Punkt ist, dass eine einheitliche Führung gegeben ist und dass man klare Strukturen hat.

APA: Von Oppositionsseite, vor allem von der SPÖ, wurde in der Amtszeit ihrer Vorgänger immer wieder kritisiert, dass es zu einem Postenabbau im Bereich der Polizei gekommen ist. Wien fordert beispielsweise 1.000 Beamte zusätzlich. Welche Pläne verfolgen sie bei der Personalentwicklung der Polizei?

Platter: Wir haben im Regierungsprogramm einen guten Weg gefunden. Da steht einerseits, dass es nicht weniger Polizisten geben wird. Zum zweiten wird die Herausforderung schlechthin Schengen sein. Man muss das in Kombination sehen mit dem Wegfall der Grenze. Wir haben rund 3.000 Polizisten an der Grenze. Sicher ist, dass wir alles machen werden, damit das subjektive und objektive Sicherheitsgefühl der Menschen gewährleistet bleibt. Wir werden ein genaues Auge darauf legen müssen, inwieweit die Schengenstandards in den neuen Staaten erfüllt wird. Was Wien betrifft, so werden wir auch heuer wieder neue Polizisten bekommen, 226.

APA: Was geschieht mit den 3.000 Beamten?

Platter: Wir brauchen weiterhin jeden Polizisten, der derzeit an der Grenze ist. Das wird so sein, dass wir im grenznahen Raum Schwerpunkte machen werden. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir Schwerpunktdienststellen installieren. Darüber hinaus muss man sich das dann genau anschauen, wo man den Exekutivbereich verstärken kann. Hier wird ein Personalentwicklungskonzept gemacht.

APA: Zwischen Ihren 226 Polizisten und den Wiener Forderungen nach 1.000 Beamten ist doch eine gewisse Diskrepanz. Auf der anderen Seite sagt Vizekanzler Wilhelm Molterer (V), dass jeder zweite Planposten bei Beamten nicht nachbesetzt werden soll. Welche Position vertreten Sie hier?

Platter: Das betrifft nicht die Exekutive. Das ist im Regierungsprogramm zur Inneren Sicherheit genau formuliert.

APA: Die Formulierung lautet: Der Personalstand ist (…) dem Bedarf anzupassen und über die Legislaturperiode festzuschreiben. Dabei ist bei Bedarf von einer Erhöhung des Personalstandes auszugehen. Heißt das, Sie können ausschließen, dass es zu einer Verringerung des Personalstandes kommt?

Platter: Es wird keine Verringerung geben, was die Exekutive auf der Straße betrifft.

APA: Innenminister Ernst Strasser (V) wurde vorgeworfen, dass er Neubesetzungen von Posten dazu benutzt hat, um das Ministerium umzufärben. Wenn es zu Neubesetzungen kommt, wie werden Sie da vorgehen?

Platter: Ernst Strasser hat rot-weiß-rote Postenbesetzungen gemacht. Ich habe das auch im Verteidigungsministerium immer schon so gemacht. Parteipolitik hat mit Sicherheitspolitik nichts zu tun. Wenn man die beste Qualifikation hat, dann wird man auch einen Posten bekommen.

APA: Die Kriminalstatistik weist für heuer etwa 590.000 Fälle auf, die Aufklärungsquote liegt unter 40 Prozent. Das war anders, bevor die ÖVP das Innenministerium übernommen hat – weniger Fälle bei höherer Aufklärungsquote. Welche Maßnahmen muss man treffen, damit die Aufklärungsquote wieder steigt?

Platter: Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt und wir haben ausgezeichnete Polizistinnen und Polizisten, die sehr gute Arbeit leisten. Steigende Anzeigenzahlen haben oft auch damit zu tun, dass das Engagement der Beamten größer ist. Wesentlich ist auch die Prävention. Zum Beispiel in Wien: Es ist wichtig, dass diese Projekte gemacht werden, in den Schulen, mit den Senioren. Ich halte auch die technische Ausrüstung für sehr wichtig. In diesem Zusammenhang gibt es ein klares Bekenntnis zur Videoüberwachung.

Das Bedrohungsszenario hat sich sehr verändert in den letzten Jahren. Die Herausforderungen schlechthin sind die Organisierte Kriminalität, der Terrorismus, die illegale Migration. Das benötigt auch internationale Zusammenarbeit. Ich bin der Überzeugung, dass sich viele Staaten der EU an den Prümer Vertrag (Vertrag zum Austausch von DNA-, Kfz- und Fingerprint-Daten zwischen Belgien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Niederlande, Luxemburg und Österreich, Anm.) anlehnen werden oder dass dieser in den Rechtsbestand der EU kommen wird.

APA: Ein Rekordwert bei Banküberfällen in Wien, ein großes Problem beim Taschendiebstahl – Delikte, die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sehr stark tangieren. Gibt es hier nicht Defizite in der Kriminalitätsbekämpfung? Rund 29 Prozent Aufklärungsquote sind doch mäßig, oder?

Platter: Mir ist es wichtig zu sagen, sie machen eine sehr gute Arbeit. Wenn Defizite vorhanden sind, ist es nicht klug, vom Schreibtisch aus zu agieren und zu urteilen, sondern man muss schon mit den Leuten reden, die hier vor Ort sind.

APA: Es sind im vergangenen Jahr vier führende Kriminalbeamte in Wien in der einen oder anderen Form abhanden gekommen. Könnten Schwierigkeiten der Wiener Polizei nicht auch daher herrühren, dass es ein gewisses Personalproblem gibt?

Platter: Es hat bedauerliche Situationen gegeben, das stimmt. Vorverurteilungen lehne ich absolut ab, aber eines gilt: Wenn wir da oder dort ein schwarzes Schaf haben, ist es wichtig, dass dann auch Maßnahmen gesetzt werden. Mein Weg ist, dass ich zu 100 Prozent hinter den Polizisten stehe. Es ist völlig falsch, dass man auf Grund einzelner schwarzer Schafe die gesamte Polizei madig machen würde.

APA: Einer der wesentlichen Punkte ist die Europameisterschaft 2008. Wird Schengen für die Europameisterschaft 2008 außer Kraft gesetzt?

Platter: Wir wissen jetzt noch nicht einmal, ob die Nachbarstaaten die Schengen-Reife bekommen werden. Hier eine Antwort zu geben, wäre zu verfrüht. Zur Europameisterschaft habe ich eine sehr plakative Aussage: Willkommen Fußballfans, aber keine Chance für Hooligans.

Das Sicherheitskonzept steht. Ab 30. Mai beginnt der Probegalopp mit dem Spiel gegen Schottland. Ich glaube, es ist sehr vernünftig, dass bei Länderspielen Simulationen gemacht werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass wir mit den Herkunftsländern guten Kontakt haben. 28 Länder haben die Zusage gemacht, dass sie Beamte schicken werden. Außerdem habe ich mit dem deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble besprochen, dass uns Deutschland, wenn es notwendig ist, behilflich ist, denn die haben bei der WM einen Super-Job gemacht. Wir werden unsere Aufgabe selbst bewältigen. Völlig falsch wäre aber, dass man mit jenen, die so eine Veranstaltung gehabt haben, nicht engstens kooperieren würde.

Zur Person: Günther Platter wurde am 7. Juni 1954 in Zams im Tiroler Oberland geboren. Der gelernte Buchdrucker übte von 1976 bis 1994 seine Tätigkeit als Gendarmeriebeamter aus. In den achtziger Jahren begann Platter seine politische Karriere. 1994 wurde er Nationalratsabgeordneter, 2000 Sport- und Kulturlandesrat. 2003 gehörte er der Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition unter Wolfgang Schüssel (V) als Verteidigungsminister an. Auch Innenminister war Platter nach dem Rücktritt Ernst Strassers bereits einmal im Dezember 2004 für elf Tage. Platter ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

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