Politischer Kampf um künstliche Befruchtung für lesbische Paare

Vor allem zwei Punkte, die der bisherigen Praxis des Verbotes der künstlichen Befruchtung bei homosexuellen Paaren diametral widersprechen, stechen aus der Stellungnahme der Kommission (PDF) hervor:
- Wird jemandem verboten, die für die Fortpflanzung erforderliche medizinische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, so beschneidet das seine Freiheit in einem zentralen Bereich gravierend.
und
- […] wehrt das FMedG (Fortpflanzungsmedizingesetz) ohnedies durch das absolute Verbot der Leihmutterschaft ab, das für heterosexuelle und homosexuelle Paare gleichermaßen gilt und homosexuelle männliche Paare im Effekt von der einzigen für sie in Betracht kommenden reproduktionsmedizinischen Maßnahme ausschließt.
Bioethikkommission empfieht Gleichstellung
Die Stellungnahme der Kommission erfolgte nicht aus der leeren Luft, sondern auf Anfrage des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Februar 2012. Der widerum wurde tätig, weil eine Klage zweier Frauen am Landesgericht Wels, die eine künstliche Befruchtung keinesfalls im Ausland durchführen lassen wollten, bis zum Obersten Gerichtshof gegangen war. Und wenn diesem, so VfGh-Sprecher Christian Neuwirth, eine Passage ‘merkwürdig’ im Sinne der Verfassungskonformität vorkommt, dann muss das Verfahren pausieren und das entsprechende Gesetz von den Verfassungsrichtern geprüft werden. Konkret handelt es sich um den Paragraf 2, Absatz 1 des FMedG, in dem geschrieben steht: “Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig.”
Diese Passage dürfte jedoch der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen, die einen Gleichheitsgrundsatz beinhaltet. Der VfGh darf nun Stellungnahmen von allen ihm relevant erscheinenden Stellen einholen und aufgrund dieser seine Entscheidung – verfassungskonform oder nicht – treffen.
Lesbischen Paaren soll künstliche Befruchtung erlaubt werden
Die politischen Reaktionen auf die – übrigens zu nichts verpflichtende – Empfehlung der normaler Weise eher wenig beachteten Bioethikkommission waren heftig. So zeigte sich Familienministerin Gabriele Heinisch-Honsek (SPÖ) über das klare Signal: “Ich freue mich über die klare Position der Bioethikkommission, die sich für die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung für alleinstehende und lesbische Frauen ausgesprochen hat”. Und setzt nach: “Familie ist heute mehr als Mutter, Vater, Kind.”
Ebenfalls Zustimmung kommt von den Grünen, für die LGBT-Sprecher Marco Schreuder sagte: “Ich bin sehr erfreut darüber, dass sich die Bioethikkommission für die Zulassung künstlicher Befruchtung für lesbische Paare und alleinstehende Frauen ausspricht. Diese Entscheidung wurde auf Basis von wissenschaftlicher Erkenntnis getroffen und die ist um einiges wichtiger als irgendwelche moralische Vorstellungen und Fantasien. Die Vernunft siegt also über Moralvorstellungen”, so Schreuder.
Ablehnung von Kirche und Konservativen
Die ÖVPbezieht sich auf bestehende Gesetze, die ausreichend seien. ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl und ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm:: “Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig.” Anlass für eine Änderung sehen die ÖVP-Mandatarinnen nicht: “Es geht uns vor allem um das Wohl der Kinder. Dieses ist im gegenständlichen Gesetz umfassend berücksichtigt.”
Auch die FPÖ nimmt sich kein Blatt vor den Mund: Der freiheitliche Ärztesprecher Andreas Karlsböck etwa spricht von “Experimenten auf dem Rücken der Kinder; hier wird versucht, gesellschaftspolitische Wunschvorstellungen durchzusetzen, die darauf abzielen, den traditionellen Familienbegriff völlig aufzulösen.” Und Karlsböck weiter: “Jeder soll sein Privatleben gestalten, wie er will, sobald er mündig ist, darüber selbständig zu entscheiden. Es geht aber nicht an, Kinder dazu zu zwingen, mit zwei Müttern oder nur mit einer Mutter unter bewusster Ausschaltung des Vaters aufwachsen zu lassen.”
Und auch die katholische Kirche äußert sich kritisch zur künstlichen Befruchtung bei lesbischen Paaren und fordert, den eigenen Fortpflanzungswunsch einer höheren Macht unterzuordnen: “Wir teilen die Bedenken jener sechs Mitglieder der 25-köpfigen Bioethikkommission, die künstliche Befruchtung für alleinstehende Personen und gleichgeschlechtliche Paare ablehnen”, sagt Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreichs (KFÖ). “So verständlich und nachvollziehbar der Kinderwunsch von alleinstehenden Personen und gleichgeschlechtlichen Paaren auch ist, Kinder dürfen nicht verzweckt und deren Perspektive in der Fortpflanzungsmedizin ausgeklammert werden. Der eigene Fortpflanzungswunsch darf nicht im Vordergrund stehen.” (Red.)
(PFR)