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Platini im Interview: "Europa hat die FIFA erschaffen"

Platini will mehr Europäer bei der WM
Platini will mehr Europäer bei der WM
Michel Platini gilt als Reformer. Seit seinem Amtsantritt vor acht Jahren hat der UEFA-Präsident dem europäischen Fußball-Verband ein neues Gesicht verpasst. Am Dienstag stellt sich der 59-jährige Franzose beim Kongress in Wien der Wiederwahl. Um Europas gefährdete WM-Startplätze will der ehemalige Weltklasse-Kicker kämpfen, betonte er im Interview mit der APA - Austria Presse Agentur.


APA: Sie treten in Wien an, um für vier weitere Jahre als UEFA-Präsident gewählt zu werden. Wie werden Sie versuchen, Europas Wort in den kommenden vier Jahren auch im Weltverband FIFA wieder mehr Gewicht zu verschaffen?

Platini: “Europa hat die FIFA erschaffen, es hat immer eine große Rolle in der Geschichte der FIFA gespielt. Und ich bin mir sicher, dass Europa in der FIFA auch weiterhin eine Schlüsselrolle spielen wird.”

APA: FIFA-Präsident Joseph Blatter hat sich aber immer wieder für eine Reduktion von Europas 13 WM-Startplätzen starkgemacht. Wie wollen Sie dem entgegentreten und halten Sie eine Aufstockung des Turnieres ähnlich der EM für sinnvoll?

Platini: “Ich bin total gegen eine Reduktion der Anzahl europäischer Teams bei der WM. Im Gegenteil, ich denke, Europa würde sogar einen zusätzlichen Startplatz verdienen, wenn man die Stärke unserer Teams und die exzellenten Resultate der vergangenen Weltmeisterschaften betrachtet. Ich werde kämpfen, um Europas Startplätze zu verteidigen.”

APA: Mit der 2018 startenden Nations League hat die UEFA bereits einen neuen Bewerb geschaffen. Was erwarten Sie sich davon besonders für ein mittelgroßes Fußball-Land wie Österreich?

Platini: “Für Länder mittlerer Größe repräsentiert das eine großartige Chance, gegen Gegner auf einem ähnlichen Niveau zu spielen. Und vor allem sind es Spiele, die Sinn machen, in einem echten Wettbewerb, anstelle von unbedeutenden Freundschaftsspielen, bei denen es nicht wirklich um etwas geht.”

APA: Der Letzte der englischen Premier League erhält mittlerweile mehr TV-Geld als Bayern München und ein Vielfaches der gesamten österreichischen Bundesliga. Wie kann ein Ausgleich zwischen Arm und Reich in Europa gelingen?

Platini: “Bei den Summen, die aus den TV-Rechten der verschiedenen Ligen generiert werden, wird es immer Unterschiede geben. Das ist eine einfache Logik des Marktes. Es ist natürlich wichtig für die Ligen, ihr Produkt zu entwickeln und es attraktiver zu machen, aber das ist ein langwieriger Prozess. Clubs, die weniger Geld verdienen, müssen sich daher auf die Ausbildung konzentrieren, zuerst um ihren finanziellen Fortbestand zu sichern, aber auch um dann langfristig Schritt für Schritt zu wachsen.”

APA: Ein Vorwurf an das Financial Fairplay ist, dass es die Position der Spitzenclubs durch das Verbot zu rascher Umsatzsteigerungen sogar noch einzementiert. Gibt es Gedanken, in diesem Bereich nachzujustieren und haben kleinere Vereine wie Ihr Ex-Club St. Etienne, Austria Wien, Rapid oder Salzburg heute überhaupt noch eine Chance, in ein Europacup-Finale einzuziehen?

Platini: “Wie ich vorher schon gesagt habe, man muss in die Infrastruktur und in die Ausbildung investieren. Langfristig ist das das einzige Erfolgsrezept. Es ist das primäre Ziel des Financial Fairplay, sicherzustellen, dass die Clubs im Rahmen ihrer Möglichkeiten leben und nicht auf einmal verschwinden, weil ein wesentlicher Investor das Boot verlässt.”

APA: Red Bull unterhält mehrere Clubs in verschiedenen Ländern. Was halten Sie davon und wie ist der Standpunkt der UEFA, was gleichzeitige Europacup-Teilnahmen von Salzburg und Leipzig betrifft? Befürchten Sie eine Wettbewerbsverzerrung?

Platini: “Die Regulative unserer Wettbewerbe erlauben es nicht, dass zwei Clubs, die denselben Eigentümer haben, an unseren Bewerben teilnehmen, gerade um die Integrität unserer Wettbewerbe zu wahren.”

APA: Das Fußball-Engagement von Red Bull hat zuletzt vor allem in Deutschland heftige Reaktionen und sogar tätliche Angriffe hervorgerufen. Wie stehen Sie dazu und was hat der Fußball aus Ihrer Sicht davon, wenn ein Konzern dieser Größe darin investiert?

Platini: “Es ist positiv für den Fußball, dass sich zahlreiche Investoren für ihn interessieren, besonders wenn diese Investoren langfristig da sind. Aber das Wichtigste ist, dass diese Investments auf nachhaltiger Basis getätigt werden und den Fokus auf die Entwicklung der Infrastruktur und die Ausbildung junger Spielern legen.”

APA: Österreichische Clubs sind häufig in der Europa League vertreten. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie den Bewerb auch finanziell aufwerten, um die Schere zur Champions League nicht zu groß werden zu lassen?

Platini: “Wir arbeiten ständig daran, höhere Einkommen aus der UEFA Europa League zu generieren, und wir haben es geschafft, die Summen, die den teilnehmen Clubs zur Verfügung stehen, von 180 Millionen Euro im Jahr 2009 auf 225 Millionen Euro im Jahr 2015 zu erhöhen. Das ist eine Steigerung von fast 30 Prozent. Aber wir werden hier nicht aufhören. Kommende Saison werden ein neues Verteilungssystem und höhere Einnahmen zur Verfügung stehen.”

APA: Die österreichische Nationalmannschaft hat Kurs auf die EM in Ihrem Heimatland Frankreich genommen. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den Aufschwung des ÖFB-Teams?

Platini: “Österreich ist sehr gut in die Qualifikation gestartet und hat gute Chancen, sich zu qualifizieren, auch wenn der Weg noch weit ist. Es gibt sehr gute junge Spieler, die es ins Team geschafft haben. Ich wünsche dem österreichischen Team alles Gute für das, was noch kommt.”

APA: Infrastrukturell sieht es in Österreich dafür bei weitem nicht so gut aus. Es fehlt ein adäquates Nationalstadion, das eine Bewerbung für die paneuropäische EM 2020 überhaupt möglich gemacht hätte. Was fällt Ihnen dazu ein, sieben Jahre nach der EURO 2008?

Platini: “Die Entwicklung der Stadien ist extrem wichtig für den Fußball. Das ist die Basis, auf der man langfristig etwas aufbauen kann, und mit der man ein Spektakel unter optimalen Bedingungen für die Zuschauer bieten kann. Moderne Stadien generieren wichtige Einnahmen, die man dann unter anderem in die Ausbildung junger Spieler reinvestieren kann.”

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